VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
allein!«
Ich mache einen Schritt rückwärts und blicke gehetzt in die Gesichter der anderen Ältesten. Sicher wird doch einer von denen eingreifen und ihn aufhalten!
Die zwölf Männer marschieren aus dem Keller. Die Blicke, die mich treffen, verraten kein Mitgefühl für mich, im Gegenteil: Sie sind feindselig.
Benjamin steht in der Käfigtür. Mit ausgebreiteten Armen steht er da, die Hände ruhen links und rechts auf den Gitterstäben gleich neben der Tür. Seine nackte Haut schimmert im Fackellicht. Seine Robe liegt immer noch als kleiner weißer Haufen hinter ihm, dem Mittelpunkt des Kreises ganz nah. Ein Name ist in geschwungener Schrift auf den gewölbten Bizeps tätowiert. Das Einzige, was ich sehen kann, ist der erste Buchstabe, ein S.
Wir sind allein. Außer uns ist nur noch der überlebende Vampir im Keller.
»Sie haben Glück, dass Sie verletzt sind«, sagt Benjamin leise. »Ich schlage niemanden, der sich nicht wehren kann.«
Ich lecke mir über die trockenen Lippen. Ich versuche, all meinen Mut zusammenzunehmen. Aber alles, was ich finde, ist ein Stück Tollkühnheit. »Wie diesen Vampir? Sie haben ihn hungern lassen, bis er schwächer war als ein Kätzchen.«
»Der Kampf war in der Tat enttäuschend, ja.« Er blickt in den anderen Käfig hinüber, in dem Wallace sitzt. Schon eine ganze Weile hat sich der Riese nicht mehr gerührt. Schon vor dem Blutbad hat er bewegungslos im Käfig gesessen. »Der da hält wahrscheinlich nicht einmal bis zum nächsten Ritual durch, gewiss aber steht er keine anständige Konfrontation mehr durch.« Benjamin lächelt. »Für ihn sind Sie daher wie Manna, das vom Himmel fällt.«
Schlagartig verwandelt sich das Blut in meinen Adern in Eis. Ich weiche in die hinterste Ecke des Käfigs zurück, so weit weg von Wallace wie möglich. »Ich bin nicht gerade versessen darauf, gebissen zu werden. Ich weiß, ja, ich bin in dieser Gruppe, aber …«
»Wir lassen gar nicht zu, dass er Sie beißt. Er ist jetzt so durstig, dass er Ihnen glatt den Hals durchbeißen würde. Aber das Letzte, was wir wollen, ist, dass ein Vampir einen Menschen tötet. Wir halten uns an unsere Regeln und Prinzipien.« Mit dem Kinn weist er in Richtung Decke. Dabei bringt das Fackellicht sein blondes Haar zum Leuchten; es schimmert wie reines Gold. »Luann ist ausgebildete Anästhesie-Assistentin. Sie wird Ihnen Blut abnehmen.«
»Und was dann? Was haben Sie dann mit mir vor?«
Er packt die Gitterstäbe fester; sein Bizeps rechts und links spannt sich an – ein Muskelspiel wie bei Conan der Barbar. »Das habe ich noch nicht entschieden.«
»Wo ist mein Vater? Lebt er noch?« Die Antwort auf die zweite Frage kenne ich schon. Kakerlaken überleben immer.
Benjamin kniet sich auf den Käfigboden und hebt die Sachen auf, die aus meiner Handtasche gefallen sind. Alles, was er in die Hand nimmt, prüft er genau, ehe er es zurück in die Tasche wirft. »Was haben wir denn da?« Er dreht das dunkle Glasfläschchen in der Hand, in dem das Paracetamol ist. »Schmerzmittel?«
Ich schlucke den Laut der Bestürzung, der mir schon entschlüpfen wollte, rasch hinunter. »Nur für den Fall. Ich brauche sie eigentlich nicht.« Ich befehle meinen Fingern, jetzt ja nicht vorzuzucken, um nach dem Pillenfläschchen zu greifen.
»Dann wird es Ihnen nichts ausmachen, wenn ich die Pillen behalte.« Er schmeißt das Glas in meine Tasche, die er sich unter den Arm klemmt. »Die Verhinderung von Selbstmorden ist Teil unserer Mission.«
Ich kann es nicht ausstehen, wenn jemand mich zwingt, Farbe zu bekennen. Jetzt bleibt mir keine andere Möglichkeit, als zu betteln.
»Eigentlich brauche ich die Tabletten schon. Es war wirklich eine größere OP, das an meinem Arm.«
Benjamin verlässt den Käfig und schlägt die Tür zu. Ich höre, wie das Schloss automatisch einrastet.
»Luann wird Ihnen morgen früh etwas zu essen und zu trinken herunterbringen, ehe Sie uns Ihre Blutspende zukommen lassen.« Er löscht die Fackel in einem Wasserbassin am Fuß der Treppe und beginnt, die Stufen hinaufzusteigen. Jetzt ist das einzige Licht, das in den Keller fällt, ein schmaler Streifen gedämpften Lichtscheins aus der Küche.
»Warten Sie!«
»Gute Nacht, Ciara!« Er schlägt die Tür so kräftig hinter sich zu, dass ich die Vibration bis tief in meinen Magen hinein spüre.
In den vierundzwanzigeinhalb Jahren meines Lebens habe ich nie vollkommene Dunkelheit kennengelernt. Mit der Hand fuchtele ich ein paar Fingerbreit vor
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