VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
erkläre ich stolz, »genau wie auf unserem Logo. Ich hoffe, sie gefällt dir.«
»Sie ist der Hammer!« Dann entdeckt er das eingestöpselte Kabel, das zum Verstärker führt. »Du hast mir auch noch einen Amp gekauft?«
»Es ist ein gebrauchter. Aber die Gitarre ist neu. Aber, weißt du, wenn du doch lieber eine Les Paul willst, eine Strat oder was ganz anderes, können wir sie umtauschen. Ich habe die Quittung extra aufgehoben.«
»Bist du noch ganz knusper?! Das ist das geilste Geschenk, das ich je bekommen habe!« Schnell huscht sein Blick zu seiner Mutter hinüber. »Abgesehen von all denen, die du mir gemacht hast. Die waren genauso geil.«
Mit einer Handbewegung wiegelt sie ab. »Unsinn! Aber jetzt mach schon und spiel uns was vor! Das ist ja schließlich kein Ausstellungsstück, das nur angestaunt werden will!«
Dieses Mal zögert er nur ganz kurz, ehe er die Gitarre nimmt. Mit dem Finger fährt er den geschwungenen Gitarrenkörper entlang bis zu den charakteristischen Cutaways am Korpus, die an Fledermausflügel erinnern.
Dann schlüpft er in den Gurt und knipst den Verstärker an. Erwartungsvoll brummt die Box; Shane braucht nur die erste Saite anzuschlagen.
Ich reiche ihm das Plektrum. »Das da hast du vergessen!«
Als er es mir aus der Hand nimmt, zieht er mich zu sich heran und gibt mir einen Kuss voller Versprechen und Leidenschaft. »Danke«, haucht er, als er mich wieder loslässt, dann streichelt er mein Gesicht.
»Du weißt genau, wie du mir danken kannst.« Ich deute auf die Gitarre.
Er leckt sich die Lippen, schlägt mit dem Plektrum einige Saiten an und bringt sie zum Schwingen. »Wow!«, wispert er.
»Machst du dann mal voran?«, sagt seine Mutter, als er immer noch nicht anfängt zu spielen.
Ich lächele. Offensichtlich hat sie vergessen, dass man ihren Sohn nicht zur Eile treiben kann. Als Antwort auf ihr Drängeln spielt er noch ein bisschen am Verstärker herum und zupft den Gurt über seiner Schulter zurecht.
Er spielt einen ersten Akkord und legt gleich wieder eine Pause ein. Dann, ganz unerwartet, weil wir es jetzt kaum glauben wollen, drischt er die ersten Riffs von Aerosmiths Walk This Wa y . Einwandfrei kommen die Tonfolgen aus der Verstärkerbox. Wenn Regina hier wäre, würde sie sich einen Finger in den Hals stecken und so tun, als müsse sie der Musikauswahl wegen würgen. Aber in meinen Ohren klingt es wie Engelsgesang.
Jesse stößt eine Faust hoch in die Luft, eine Geste, die mich an Shanes Verzückung über einen Football-Sieg erinnert. Als Shane zu spielen aufhört, ruft der Junge gleich: »Das war genial! Darf ich auch mal?«
»Jesse, halt dich mal schön zurück, okay?«, ruft Eileen ihn zur Ordnung, obwohl sie übers ganze Gesicht strahlt, als sie ihren Sohn so neben ihrem Bruder sieht.
Mehr als eine Stunde wechseln sich Shane und Jesse damit ab, von der Gitarre zu schwärmen. Ich unterhalte mich derweil mit Ryan über Hunde. Ryan will später Tierarzt werden. Er zeigt mir ein Foto von sich und seinen beiden Mischlingen, das auf dem Beistelltisch neben dem Sofa seiner Großmutter steht.
Schließlich registriere ich mit Erstaunen, dass ich mich von den beiden Jungs habe dazu überreden lassen, Video-Spiele mit ihnen zu spielen. Die beiden zocken mich nach Strich und Faden ab. Aber auf diese Weise hat Shane etwas Zeit allein mit seiner Mutter und seiner Schwester. Im Wohnzimmer nebenan ist es still, von gelegentlichem Schluchzen einer Frau einmal abgesehen. Der Schluchzer geht in den Geräuschen unter, die anzeigen, dass meinem Avatar wieder einmal die Gehirnmasse in alle Richtungen gespritzt wird.
Es ist das lauteste Weihnachten, das ich je gefeiert habe. Und das schönste.
28
Do You Hear What I Hear?
An Heiligabend stehe ich auf Davids rückwärtiger Veranda. Ich verrenke mir den Hals, um den von Sternen übersäten Himmel nach dem verglühenden Kometen abzusuchen. Aber meine Nachtsichtfähigkeiten werden ziemlich behindert durch die Lichtverschmutzung von der strahlend hellen Lichterkette um das Geländer und den Kerzen auf den Geländerpfosten. Dexter wandert im Garten hinter dem Haus von einem seiner Lieblingskaninchenbaulöcher zum nächsten, als ob er sich ihnen wieder in Erinnerung bringen wollte. Mit seinem blinkenden LED-Halsband hat er etwas von einem wandelnden Weihnachtsbaum oder einem Streifenwagen.
Hinter mir wird die Schiebetür aufgeschoben. »Man kann den Kometen nicht mehr sehen«, sagt David in meinem Rücken.
Ich drehe mich zu ihm
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