VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
kleinen Schubs mit dem Knie. »Frauchen hat genug vom Streicheln. Außerdem ist Onkel David schon ganz heiß darauf, zu übernehmen.«
Der Hund trollt sich hinüber zu David und setzt sich erwartungsvoll auf dessen Füße.
»Dieses Weihnachten habe ich echt keinen Grund, traurig zu sein«, beteuere ich. »Es ist richtig nett, es einfach nur mit Freunden zu verbringen.« Mit einer Handbewegung deute ich auf die Vampire am Esszimmertisch. »So ganz ohne Drama, alles entspannt.«
Die Moderatoren und Travis erheben ihr Glas zu einem Toast, den ich nicht hören kann. Sie lachen und heben die Gläser zum Mund.
Mitten in der Bewegung erstarren sie, die Gläser haben ihre Lippen nicht berührt. Auf einmal drehen sich alle zum Radio um.
»Oh-oh! Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache!« Mit großen Schritten ist David an der Schiebetür, Dexter und ich sind ihm unmittelbar auf den Fersen.
Im Esszimmer ist es seltsam still, ein leises sseet … sseett … sseett ist alles, was zu hören ist.
»Was ist das für ein Geräusch?«, frage ich die Jungs.
Spencers Blick trifft mich. »Das ist das Geräusch, das die Nadel am Tonkopf macht, wenn der Tonarm am Plattenende angekommen ist.«
»Das habe ich noch nie zuvor gehört.«
»Süße«, sagt er, »das ist so, weil du so etwas eigentlich auch gar nicht zu hören bekommen solltest!«
David hat schon das Telefon in der Hand. »Ich rufe im Sender an. Shane, versuch Regina unten in der Wohnung zu erreichen! Wenn mit Noah etwas nicht stimmt, soll sie übernehmen.«
Uns anderen bleibt nur, zuzusehen, wie die beiden ihre Telefone ans Ohr pressen. Niemand scheint abzunehmen.
Das sseet … sseett … sseett wird lauter. Dann hört es plötzlich auf, um gleich darauf von dem schrillen Kratzen einer Nadel über Vinyl abgelöst zu werden. Das schmerzhaft hohe Geräusch lässt uns alle aufkreischen. Dexter bellt das Radio an.
Danach aber gibt das Radio kein Geräusch mehr von sich. Als wäre es tot.
Der Parkplatz vor dem Sendegebäude ist leer, als wir dort ankommen. Weil sie die ältesten und damit stärksten Vampire sind, nähern sich Spencer und Monroe als Erste der Tür. Ich bleibe mit Dexter etwas zurück. Der Hund nimmt Witterung auf, seine Nackenhaare sind gesträubt. Erste Schneeflocken tupfen weiß sein schwarzes Fell.
Mit äußerster Vorsicht öffnen Spencer und Monroe die Tür und betreten das Gebäude. Gleich darauf winken sie uns herein. Shane, Jim, Travis, David, Dexter und ich folgen ihnen.
Die Büroräume wirken auf den ersten Blick unverändert. Monroe und Spencer machen sich gleich daran, in das untere Stockwerk vorzudringen, während wir uns kurz oben umsehen. Dann hören wir Ausrufe und Laute, die Schmerz und Trauer verraten. Sie kommen aus der Lounge eine Treppe tiefer. David und ich folgen den Vampiren die Stufen hinunter.
Die Halogenlampe, die neben dem Sofa gestanden hat, liegt auf dem Boden und wirft ein unheimliches, gedämpftes Licht auf die Szenerie. In diesem Licht wirkt die Lounge, als habe sie ein Tornado getroffen und oder das Texas Chainsaw Massacre . Die Regale und die Anrichte hat es umgeworfen; was sie beherbergten, liegt auf dem Boden verstreut, zertrampelt, zerschmettert, in Stücke gegangen. Glasscherben knirschen unter den Sohlen meiner Stiefel. Blutflecken, Blutspritzer, Blut überall auf den Wänden und blutige Fußabdrücke auf dem abgetretenen Teppich, der in Richtung Gang liegt, dem Gang, der zur Hintertür führt.
Spencer, Monroe und Jim stehen mitten in der Lounge, haben sich um etwas, das unten auf dem Teppich liegt, versammelt. Sofort ist Travis bei ihnen, fasst sich an die Stirn, hält sich den Kopf. Immer und immer wieder murmelt er »Oh Gott!« vor sich hin.
David stellt die Lampe auf. Und da, wie im Scheinwerferlicht, sehe ich, was die anderen im Auge des Sturms aus Verwüstung umstehen.
Noah. Er liegt auf dem Rücken mitten in den Überresten des zertrümmerten Tisches; Beine und Arme umklammern die Trümmer wie ein Ertrinkender ein Floß auf stürmischer See.
Dexter zieht mich vorwärts, und jetzt erkenne ich das lange schmale Holz, das Noahs Brust durchbohrt. Ein Splitter des zertrümmerten Tisches? Nein, dafür ist das Ding in seiner Brust zu dünn, zu glatt, zu perfekt.
Ein Pfeil, ein Bolzen aus einer Armbrust.
»Nein …« Ich lasse Dexter los und knie mich zu Noahs Füßen auf den Boden. »Er hat doch niemandem je etwas getan!« Jedenfalls, soweit du weißt. Es ist eine leise, herumkrittelnde Stimme
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