Vampire und andere Katastrophen: Argeneau Vampir 11
Schlitzerin, sondern eine Edentate, und die hassen wir Unsterblichen keineswegs.“
„Eine Edentate?“, fragte sie verwirrt.
„Das ist ein geistig gesunder Unsterblicher ohne Fangzähne“, erläuterte er. „Du bist eine Edentate, Dani. Nur die verrückten Abtrünnigen ohne Fangzähne bezeichnet man als Schlitzer.“
„Eine Edentate“, wiederholte sie interessiert, doch dann schüttelte sie den Kopf. „Aber Leonius hat gesagt, du würdest mich hassen, und letzte Nacht hast du mich an mein Bett gefesselt. Du....“
„Wir haben dich letzte Nacht fesseln müssen, damit du dich nicht selbst verletzt“, machte er ihr klar. „Du hast dich selbst gebissen und um dich geschlagen, Dani. Es ging nicht anders.“
Als sie den Kopf hob und er den hoffnungsvollen Ausdruck in ihren Augen bemerkte, ergänzte er nachdrücklich: „Wir hassen keine Art, sondern jagen und töten Abtrünnige, und Edentaten tun das genauso wie Unsterbliche.“
Sie blickte weiter zweifelnd drein, woraufhin er widerstrebend einräumte: „Bedauerlicherweise endet die Hälfte aller Edentaten, die die Wandlung überleben, als Schlitzer wie Leonius und wird zu Abtrünnigen. Deshalb haben die Jäger im Verhältnis deutlich mehr Schlitzer als Unsterbliche töten müssen. Aber heutzutage kommt das nicht mehr so häufig vor. In meinen bisherigen sechzig Dienstjahren als Jäger habe ich, von Leo und seinen Söhnen abgesehen, nur von einem einzigen anderen Schlitzer gehört. Ich kenne allerdings einen Edentaten, der als Jäger arbeitet.“
„Tatsächlich?“, fragte sie interessiert.
Decker nickte, und als Dani sich gegen ihn lehnte und tief seufzte, fragte er: „Bist du jetzt bereit, diesen Schrank zu verlassen? Ich habe aus dem Kühlschrank zwei Blutbeutel mitgebracht, die jetzt vor der Tür liegen. Wir könnten in die Küche gehen und....“
„Ich will es nicht“, unterbrach sie ihn. „Ich bin nicht.... ich will nicht....“ Sie schüttelte den Kopf, dann drückte sie das Gesicht gegen seine Brust. „Ich will es nicht.“
Er betrachtete sie nachdenklich. Allmählich dämmerte ihm, dass Dani noch nicht akzeptieren konnte, was sie jetzt war. Scham und sogar Verzweiflung hatten in ihrer Stimme gelegen, als sie seinen Vorschlag ablehnte. Er konnte sie verstehen, doch es zu leugnen würde nichts ungeschehen machen, und wenn sie sich weigerte, Blut zu trinken, schadete sie sich nur selbst. Danach zu urteilen, wie blass ihr Gesicht in der Dunkelheit leuchtete, benötigte sie mehr Blut, ob sie es zugeben wollte oder nicht. Je länger sie es hinauszögerte, desto größer war die Gefahr, dass sie auf der Suche nach Nahrung über einen nichts ahnenden Sterblichen herfiel.
Er dachte kurz über das Problem nach, dann drückte er sie sanft von sich weg. „Komm, setzen wir uns hin.“ Dani zögerte, setzte sich aber schließlich mit ihm auf den Fußboden und lehnte sich gegen die Wand. Kaum dass sie saß, machte Decker kurz die Tür auf und griff nach den Blutkonserven, die draußen auf dem Boden lagen.
„Hier, halt den mal bitte“, sagte er und gab ihr einen der Beutel, den sie nur widerwillig an sich nahm. Unvermittelt drückte er den anderen gegen seine Fangzähne und begann zu trinken. Ohne sie anzusehen, spürte er, dass sie genau beobachtete, wie er trank. Decker hatte gehofft, sie auf diese Weise zum Trinken animieren zu können, doch sie schaute ihm nur schweigend zu. Als die Konserve fast leer war, hielt er sie so, dass das Blut etwas schneller austrat, als er es heraussaugen konnte, sodass ihm ein paar Tropfen über das Kinn liefen. Den leeren Beutel warf er zur Seite, dann drehte er sich zu ihr um.
„Küss mich“, forderte er sie auf.
Dani beugte sich ein Stück weit vor, ihre Nasenflügel bebten, sie hatte die Augen auf den Tropfen gerichtet, der an seinem Kinn hing. Dann jedoch zuckte sie zurück, sprang auf und ließ ihren Blutbeutel fallen, als wäre der kochend heiß. Sie wollte nach dem Türknauf greifen, aber Decker griff nach dem Beutel, erhob sich ebenfalls und hinderte Dani daran, aus dem Garderobenschrank zu entkommen.
„Küss mich“, wiederholte er.
„Ich will nicht“, sagte sie, doch er konnte heraushören, dass das eine Lüge war.
„Ich möchte es aber“, beharrte er leise und zog sie näher an sich, sodass sich sein blutiges Kinn für sie in Augenhöhe befand. „Nur ein Kuss.“
Er sah, wie sie schlucken musste, wie ihr Blick zu der blutigen Spur an seinem Kinn wanderte, also senkte er den Kopf noch ein
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