Vampire und andere Kleinigkeiten
gesprochen?«
»Nein, ich habe sie bloß angeguckt.« Er klang traurig. »Ich sah Rita, sie war mit der Geldtasche auf dem Weg zur Kasse, und Jeff saß hinten in der Nische auf dem Stuhl, auf dem er immer sitzt.«
»Und dann sind Sie wieder gegangen, um diese Rasur zu machen?« Er nickte.
»Wie lange dauert so was?«
»Im Allgemeinen etwa dreißig, vierzig Minuten.
Zwei Termine einzuplanen war also etwas riskant, aber es hat geklappt. Ich mache es in der Garderobe, und die anderen sind so nett, so lange draußen zu bleiben.«
Er entspannte sich immer mehr, die Gedanken in seinem Kopf flossen schon viel ruhiger und leichter dahin. Sein erster Termin an diesem Abend war eine Frau gewesen, die so spindeldürr war, dass er gefürchtet hatte, sie könnte ihm bei der Rasur unter den Händen wegsterben. Sie hatte sich für wunderschön gehalten, und es hatte ihr offensichtlich Spaß gemacht, ihm ihren Körper zu zeigen. Ihrem Freund hatte das Ganze einen richtigen Kick gegeben.
Ich konnte hören, dass Claudine im Hintergrund etwas vor sich hin murmelte, aber ich hielt die Augen geschlossen und meine Hände auf Barrys Armen.
Mittlerweile kam sein zweiter Kunde, ein Mann, und dann sah ich sein Gesicht. Au weia. Es war jemand, den ich kannte. Ein Vampir namens Maxwell Lee.
»Es war ein Vampir im Nachtclub«, sagte ich laut, ohne die Augen zu öffnen. »Barry, was hat er getan, als Sie mit der Rasur fertig waren?«
»Er ist gegangen«, erwiderte Barry. »Ich sah ihn durch die Hintertür hinausgehen. Ich passe immer auf, dass meine Kunden den Backstagebereich schnell wieder verlassen. Nur so erlaubt Rita mir, die Rasuren im Club zu machen.«
Natürlich, Barry wusste ja gar nicht, welche Probleme Elfen mit Vampiren hatten. Manche Vampire hatten sich weniger unter Kontrolle als andere, wenn es um Elfen ging. Elfen waren stark, stärker als Menschen, aber Vampire waren noch stärker als alle anderen auf der Welt.
»Und Sie sind danach nicht wieder raus zur Kasse gegangen, um mit Claudette zu sprechen?«
»Ich habe sie nicht wiedergesehen.«
»Er sagt die Wahrheit«, wandte ich mich an Claudine und Claude. »Soweit er sie kennt, jedenfalls.«
Es gab noch weitere Fragen, die ich ihm hätte stellen können, doch der ersten »Anhörung« nach zu urteilen wusste Barry nichts über Claudettes Verschwinden.
Claude führte mich in die Speisekammer, wo Rita Child wartete. Die Kammer war groß genug, dass man hineingehen konnte, und sehr aufgeräumt, aber nicht wirklich für zwei Personen auf einmal gedacht; schon gar nicht, wenn eine von beiden mit Isolierband an einen Schreibtischdrehstuhl gefesselt war. Rita Child war zudem eine recht füllige Frau. Sie sah genau so aus, wie ich mir die Besitzerin eines Stripclubs vorstellte - stark geschminkt, das Haar braun gefärbt und in ein gewagtes Kleid gezwängt, mit Hightech-Unterwäsche darunter, die zwickte und zwackte, ihre Körperfülle aber in eine aufreizende Form presste.
Und sie kochte vor Wut. Sie trat so wild mit einem ihrer High Heels nach mir, dass sie mir ein Auge ausgestochen hätte, wenn ich nicht zurückgewichen wäre, gerade als ich mich vor sie hinknien wollte.
Höchst ungrazil landete ich auf meinem Allerwertesten.
»Spar dir das, Rita«, sagte Claude ruhig. »Hier bist nicht du der Boss. Dies ist unser Haus.« Er half mir auf die Beine und klopfte mir ziemlich ungerührt den Staub vom Hintern.
»Wir wollen nur wissen, was mit unserer Schwester passiert ist«, sagte Claudine.
Rita, die ebenfalls geknebelt war, stieß nicht allzu versöhnlich klingende Laute aus. Ich hatte den Eindruck, dass die Gründe, warum die Zwillinge sie gekidnappt und hier in der Speisekammer gefangen hielten, ihr verdammt egal waren. Sie hatten ihr den Mund mit Isolierband zugeklebt, statt einen echten Stoffknebel zu benutzen, und nach dem Tritt, den sie mir um ein Haar verpasst hätte, machte es mir richtig Spaß, es herunterzureißen.
Rita beschimpfte mich mit allerlei Unflätigkeiten, die sich auf meine Herkunft und meinen Charakter bezogen.
»Na, da schimpft ja wohl der Esel selbst einen anderen Langohr«, warf ich ein, als sie innehielt, um Atem zu holen. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu! Ich lasse mir diese Sprüche von Ihnen nicht länger bieten, und ich will, dass Sie ab sofort den Mund halten und nur noch auf meine Fragen antworten. Sie scheinen ja ein ziemlich falsches Bild von der Situation zu haben, in der Sie sich hier befinden.«
Danach beruhigte sich die
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