Vampire's Kiss
Einzelunterricht.«
»Ich dachte, Sie würden mich einweisen.«
In den kohlschwarzen Augen erwachte eine fast erkaltete Glut zu neuem Leben. »Ich fühle mich zutiefst geschmeichelt, querida .« Er strich mir mit einem Finger über die Wange. Ich hielt den Atem an und schwor mir, in Zukunft wirklich besser auf meine Wortwahl zu achten. »Wir werden viele Stunden miteinander verbringen, du und ich. Doch zunächst muss ich dich in die Obhut von Master Dagursson geben.«
Ich räusperte mich und verdrängte das Gefühl der samtigen Kühle auf meiner heißen Haut. Jetzt galt es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Aber er unterrichtet mich in Anstandslehre.«
»Und gerade deshalb ist er genau der Richtige, um dich in die tieferen Geheimnisse von gutem Benehmen, Tischkultur und Gesellschaftstanz einzuweihen.«
»Ich trage noch meine Sportkleidung«, versuchte ich mich herauszuwinden. Meine Shorts waren inzwischen fast trocken, aber an meinem kalten Hintern klebten noch jede Menge Sandkörner.
»Die beste Gelegenheit für eine Acari, sich den Gegebenheiten anzupassen.«
Mir war der warnende Unterton in seiner Stimme nicht entgangen. Noch wusste ich zu wenig über die Vampire und ihr Ziel. Ich hatte herausgefunden, dass sie einen ungenannten Feind bekämpften und uns in erster Linie deshalb zu Wächtern ausbildeten. Aber Gesellschaftstanz ? »Ich brauche … tadellose Umgangsformen für unsere Mission?«
Er schob mir eine Haarsträhne aus den Augen. »Ja. Unter anderem.«
Das Herz schlug mir bis zum Hals. Schwang in seinen Worten ein Doppelsinn mit, oder ließ ich mich zu sehr von meinen Hormonen steuern und bildete mir das nur ein?
»Wenn du rot wirst, siehst du aus wie ein ertapptes Kätzchen, das an der Sahne genascht hat.« Er fuhr mit der Rückseite seiner Finger leicht über meine Wange, als faszinierte ihn der Anblick. »Wie unschuldig du trotz deiner besonderen Lebensumstände geblieben bist! Die Gewalt, die dir angetan wurde, konnte dir nichts anhaben. Man hat dich gehärtet wie Stahl – dir die Weisheit eingehämmert.«
Die Weisheit eingehämmert als Metapher für die Prügel, die ich von meinem allerbesten Daddy bezogen hatte, schien mir ein wenig weit hergeholt, aber ich ließ das mal auf sich beruhen. Außerdem lenkte das ein wenig von dieser albernen Unschuldgeschichte ab. »So kann man es natürlich auch sehen – der liebe Dad als Schmied meiner Talente.«
Er lachte leise und nahm mein Kinn in beide Hände. »Ein so schönes Geschöpf wie du hat ein Recht auf die Schönfärbung einer hässlichen Kindheit.« Eine Hand wanderte in mein Haar, und er nahm eine Strähne zwischen die Finger. »Es ist wirklich eine Schande, wie Acari Lilou dein Haar zugerichtet hat. Tan rubia . Hell und fein wie gesponnenes Gold. Das wächst doch nach, nicht wahr?«
Ich rang mir ein Nicken ab. Immer dieses verdammte Blond, das die Aufmerksamkeit der Männer weckte. »Es heißt immer, die Blondinen hätten mehr Spaß im Leben, aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe.«
Aber das schien er nicht sehr witzig zu finden, denn er blickte starr geradeaus. Als er wieder das Wort ergriff, klang seine Stimme gedämpft. »Wusstest du, dass bei Vampiren die Haare nicht mehr wachsen? Diese Vorstellung, dass unsere Haare und Nägel nach dem Tod weiterwachsen, ist leider ein Märchen.« Doch dann hatte er sich wieder in der Gewalt, und sein Tonfall klang strenger als je zuvor. »Mir ist bekannt, dass du Fächer wie Anstandslehre verabscheust. Ich weiß auch, dass ich dich bisher in einer Weise begünstigt habe, die so mancher als untragbar erachtet. Und deshalb hör mir jetzt genau zu, Acari Drew: Du wirst einen Kurs in Gesellschaftstanz belegen, weil ich es befehle .« Ich spürte ein leises Zerren an der Haarsträhne, die er immer noch zwischen Daumen und Zeigefinger festhielt. »Du wirst dich auf die Anstandslehre konzentrieren, weil unsere Mission das erfordert. Und dazu gehört nun mal Tanzen in einem festlichen Rahmen.«
Ich bemühte mich, meine Gefühle hinter einer stoischen Maske zu verbergen, aber er ließ sich nicht täuschen, denn er fügte hinzu: »Du kannst tanzen, wie mir Alrik versichert hat.« Er ließ meine Strähne los, und die schneidende Schärfe wich aus seiner Stimme. »Der Schlüssel zu Eleganz auf dem Tanzparkett ist der Glaube an dich selbst, die Überzeugung, dass du schön bist.«
»Schön«, wiederholte ich tonlos und überlegte, welches Mantra ich wohl benötigen würde, um einen Sommer
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