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Vampire's Kiss

Vampire's Kiss

Titel: Vampire's Kiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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von hier! Schnell!«
    Ich folgte ihm willenlos, als er mich zur Tür zerrte. »Ist er tot?«
    Er warf einen prüfenden Blick in den Gang. »Da braucht es einiges mehr. Er ist viermal so alt wie ich.«
    »Warum hast du ihn nicht umgebracht?«
    Er schaute mit einem schiefen Lächeln auf mich herunter und wiederholte die Worte, die ich ihm kurz zuvor an den Kopf geworfen hatte. »Nichts zu danken. Gern geschehen.«
    Er verschränkte seine Finger fest mit meinen, und so rannten wir durch das Labyrinth dunkler Gänge. Wir kamen an Serviermädchen und Dienern vorbei, begegneten jedoch keinem einzigen Vampir. Ich hoffte von ganzem Herzen, dass Jakobs pompöses Gipfeltreffen sie davon abhielt, durch die unteren Gewölbe zu wandern.
    Wir erreichten einen entfernten Seitenflügel des Klosters. Stimmen drangen an unsere Ohren, und wir blieben abrupt stehen. Carden bedeutete mir, mich still zu verhalten, während er sich vorsichtig einer rissigen Holztür näherte. Ich lauschte. Jenseits der alten Bohlen hörte ich gedämpfte Stimmen. Und dann zerriss ein helles Kichern die Stille.
    Ich riss die Augen auf. »Ist das ein Mädchen ?«
    Carden legte mir einen Finger auf die Lippen. »Psst.«
    Er hatte mich ganz selbstverständlich berührt, als sei das sein gutes Recht. Und brachte mich damit auch sehr wirksam zum Schweigen.
    »Warte hier«, wisperte er und schlich sich in den Raum. Ich hielt den Atem an und horchte ängstlich auf die unterdrückten Geräusche eines Handgemenges, das sich drinnen abspielte. Kurz darauf tauchte McCloud mit einem Bündel Klamotten auf.
    Ich atmete langsam aus und erschrak von neuem, als er mich in den Raum zerrte. Zwei Fußpaare schauten hinter einem Sofa hervor. Die Toten lagen halb versteckt zwischen Möbeln und Kamin. Ich trat näher und schnitt eine Grimasse. Er hatte sie umgebracht und ausgezogen, ohne ihre Kleidungsstücke zu ruinieren.
    »Ich habe sie hinter das Sofa geschoben, um dir den Anblick zu ersparen.«
    Ich wandte mich bedrückt ab. Die Frau in ihrer weißen Baumwollunterwäsche bot ein gruseliges Bild. Zorn stieg in mir auf, Zorn auf die Situation und auch auf ihn. »Sie war vermutlich völlig unschuldig.«
    Er legte mir einen Finger unter das Kinn und zwang mich, ihn anzuschauen. Sein Gesichtsausdruck war erstaunlich sanft. »Merk dir eines: Niemand, der auf dieser Insel lebt, ist völlig unschuldig.«
    Ich holte Luft, um zu widersprechen, aber in meinem Herzen wusste ich, dass er die Wahrheit sagte.
    »Wir haben zu viel Zeit vergeudet.« Er drückte mir ein raschelndes Gebilde aus purpurrotem Satin in die Arme. »Neuer Plan, neue Verkleidung.«
    Er ging auf die andere Seite des Raumes und wandte sich ab, damit ich mich ungestört umziehen konnte. »Falls wir es nach draußen schaffen, versuchen wir den Bach am Ostrand des Klostergeländes zu erreichen. Von dort aus können wir am ehesten entkommen.«
    »Du willst, dass ich in einem Kleid den Bach durchquere?«
    »Nein. Ich will, dass du in einem Kleid tanzt . Obwohl – wenn wir Glück haben, wird es dazu gar nicht kommen.«
    Carden streifte sein verdrecktes Hemd ab und enthüllte einen schweißglänzenden – und sehr nackten – Rücken.
    Ich merkte, dass ich rot wurde, und drehte mich abrupt um. »Entschuldigung.«
    »So schüchtern?« Er lachte leise. »Mich stört es nicht, wenn du mir zuschaust. Aber beeil dich mit dem Umziehen, bevor sie uns finden.«
    Das Kleid war ein altmodisches Teil, aber da es im Empire-Stil mit hoch angesetzter Taille geschnitten war, konnte ich es vermutlich ohne Hilfe überstreifen. Dennoch blieb ich skeptisch. »Wäre es nicht besser, zwei dieser braunen Mönchskutten zu tragen?«
    »Jakob liebt Feste. Zum Abschluss eines jeden Gipfeltreffens veranstaltet er einen Ball mit einem grandiosen Kotillon.«
    »Ihr Vampire scheint geradezu versessen auf das Tanzen zu sein.« Ich kämpfte mich so rasch wie möglich in das Kleid, weil ich mich genierte, in meiner Unterwäsche herumzustehen. Aber als ich mich umdrehte, wartete er immer noch geduldig mit dem Rücken zu mir.
    »Wie meinst du das?«
    Er gab den Gentleman, wie es sich vermutlich für die Edelleute des achtzehnten Jahrhunderts geziemte. Ich musterte ihn aufmerksam und fand, dass er in seiner gestohlenen Festgarderobe nicht schlecht aussah. Der Frack ließ seine Schultern sehr breit erscheinen, und auch die Hose würde im Kerzenschein durchgehen, obwohl sie ihm ein wenig zu kurz war. »Vergiss es«, sagte ich. »Du kannst dich jetzt

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