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Vampirgeflüster

Vampirgeflüster

Titel: Vampirgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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Schlampe gewesen. Ich hatte sie nie verstanden, und dabei würde es jetzt auch für immer bleiben.
    Mir war klar, dass ich zu meinem Bruder gehen und mit ihm reden musste. Ich hatte ihm zwar gesagt, dass er sich von mir fernhalten solle, doch er hielt sich mal wieder nicht daran. Aber wann hatte er das je getan? Vielleicht hatte er den momentanen Waffenstillstand wegen Crystals Tod als das Zeichen einer neuen Ära zwischen uns angesehen.
    Ich seufzte und ging zur Hintertür hinaus. Wenn ich so lange schlief, duschte ich immer, ehe ich Kaffee kochte. Meine alte hellrosa Wattejacke hing auf der Veranda am Haken neben der Tür, und so zog ich sie über meine Jeans und den Pullover.
    Ich stellte einen Becher Kaffee neben Jason auf den Boden und setzte mich auf den Klappstuhl, der neben der Liege stand. Jason drehte den Kopf nicht, obwohl er wusste, dass ich gekommen war. Die Augen hatte er hinter dunklen Gläsern verborgen.
    »Hast du mir verziehen?«, fragte er, nachdem er einen Schluck Kaffee getrunken hatte. Seine Stimme klang heiser und belegt. Es kam mir vor, als hätte er geweint.
    »Das werde ich früher oder später wohl tun«, erwiderte ich. »Aber es wird zwischen uns nie mehr so sein wie vorher.«
    »Gott, bist du hart geworden. Außer dir hab ich doch gar keine Familie mehr.« Die dunklen Gläser wandten sich mir zu. Du musst mir verzeihen, außer dir hab ich niemanden mehr, der mir verzeihen kann.
    Ich sah ihn an, ein wenig genervt, ein wenig traurig. Falls ich wirklich härter wurde, dann nur in Reaktion auf die Welt um mich herum. »Wenn du mich so sehr brauchst, dann hättest du eben zweimal nachdenken müssen, bevor du mich so hereinlegst.« Ich rieb mir das Gesicht mit meiner freien Hand. Er hatte noch Familie, von der er gar nichts wusste, aber das würde ich ihm nicht erzählen. Er würde nur versuchen, auch Niall auszunutzen.
    »Wann geben sie Crystals Leiche frei?«, fragte ich.
    »In einer Woche vielleicht«, sagte er. »Dann können wir die Beerdigung organisieren. Kommst du?«
    »Ja. Wo soll sie stattfinden?«
    »Gleich bei Hotshot gibt's so 'ne Kapelle«, sagte er. »Fällt meist nicht weiter auf.«
    »Das Tabernakel der Heiligen Kirche?« Es war ein marodes Gebäude draußen auf dem Land, von dem schon die weiße Farbe abblätterte.
    Er nickte. »Calvin sagt, da machen sie die Beerdigungen von Hotshot immer. Einer der Typen aus Hotshot ist der Pastor da.«
    »Wer?«
    »Marvin Norris.«
    Marvin war Calvins Onkel, obwohl er vier Jahre jünger war.
    »Ja, ich erinnere mich, bei der Kapelle mal einen Friedhof gesehen zu haben.«
    »Genau. Die Gemeinde schaufelt das Loch, einer hämmert den Sarg zusammen und einer hält den Trauergottesdienst. Ist alles richtig heimelig.«
    »Warst du dort schon mal auf einer Beerdigung?«
    »Ja, im Oktober. Als eins der Babys gestorben ist.«
    In der Zeitung von Bon Temps war seit Monaten kein Tod eines Kindes aufgelistet gewesen. Ich fragte mich, ob das Baby im Krankenhaus oder in einem der Häuser in Hotshot zur Welt gekommen war; wenn überhaupt irgendeine Spur seiner Existenz verzeichnet worden war.
    »Jason, hat die Polizei noch mal mit dir geredet?«
    »Einmal? Hunderte Male. Aber ich hab's nicht getan, und nichts, was sie sagen oder fragen, kann daran was ändern. Außerdem hab ich ein Alibi.«
    Das konnte ich nicht bestreiten.
    »Und wie bist du mit deinem Boss verblieben?« Ich fragte mich, ob sie Jason feuern würden. Er steckte nicht zum ersten Mal in Schwierigkeiten. Jason hatte die schlimmen Verbrechen, derer er verdächtigt wurde, zwar nie begangen, aber früher oder später würde sein guter Ruf als netter Kerl ein für alle Mal ruiniert sein.
    »Catfish hat gesagt, ich soll mal frei machen bis zur Beerdigung. Sie wollen 'nen Kranz ans Beerdigungsinstitut schicken, wenn wir ihre Leiche wiederhaben.«
    »Was ist mit Hoyt?«
    »Der hat sich nicht blicken lassen.« Jason klang selbst verwundert, aber auch verletzt.
    Hoyts Verlobte Holly wollte nicht, dass er mit Jason herumhing. Und das konnte ich gut verstehen.
    »Und Mel?«, fragte ich.
    »Klar.« Jasons Miene hellte sich wieder auf. »Mel kommt vorbei. Gestern haben wir an seinem Pick-up geschraubt, und dies Wochenende wollen wir meine Küche streichen.« Jason lächelte mich an, doch nicht lange. »Ich mag Mel«, sagte er, »aber ich vermisse Hoyt.«
    Das war eine der ehrlichsten Aussagen, die ich je von Jason gehört hatte.
    »Hast du nicht irgendwas über all das gehört, Sookie?«, fragte Jason

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