Vampirgeflüster
und hatte vor etwa vier Jahren im Merlotte's gearbeitet. Helen war zwar gut gewesen in ihrem Job und so schön, dass sie die Männer wie Fliegen angezogen hatte, doch Sam hatte sie wegen wiederholten Zuspätkommens feuern müssen. Worüber Helen todunglücklich gewesen war. Lisa und Coby folgten ihr auf die Terrasse. Arlene stand in der Tür, in einem Top mit Leopardenmuster und braunen Stretchhosen.
Wie die Kinder sich verändert hatten seit unserer letzten Begegnung, sie waren so viel älter geworden! Sie sträubten sich gegen irgendetwas und wirkten ein wenig unglücklich, vor allem Coby. Helen lächelte ihnen aufmunternd zu, drehte sich dann zu Arlene um und sagte: »Meld dich einfach, wenn's vorbei ist!« Es folgte eine kurze Pause, weil Helen nicht wusste, wie sie sich ausdrücken sollte, damit die Kinder sie nicht verstanden. »Sie kriegt bloß, was sie verdient.« Ich konnte Helen nur im Profil sehen, doch ihr fröhliches Lächeln verursachte mir Übelkeit. Ich schluckte schwer.
»Okay, Helen. Ich ruf dich an, wenn du sie zurückbringen kannst«, sagte Arlene. Hinter ihr stand ein Mann. Er stand zu weit im Wohnwagen drin, als dass ich ihn genau hätte erkennen können. Aber ich hielt ihn für den Mann, dem ich vor einiger Zeit ein Tablett auf den Kopf gedonnert hatte, der Mann, der sich Pam und Amelia gegenüber so miserabel verhalten hatte. Er war einer von Arlenes neuen Freunden.
Helen und die Kinder fuhren in dem Buick Skylark weg.
Es war ein kühler Tag, und so machte Arlene die hintere Tür wieder zu. Ich schloss die Augen und lokalisierte sie im Inneren des Wohnwagens. Es waren sogar zwei
Männer bei ihr, stellte ich fest. Woran dachten sie? Ich war relativ weit weg, doch mein besonderes Talent funktionierte auch auf diese Entfernung noch.
Sie dachten daran, mir etwas Schreckliches anzutun.
Ich verkroch mich unter einen kahlen Mimosenstrauch, so niedergeschlagen und unglücklich wie selten. Zugegeben, ich wusste schon seit einiger Zeit, dass Arlene kein richtig guter oder gar zuverlässiger Mensch war. Zugegeben, ich hatte sie im Eifer darüber schwadronieren hören, dass alle Supras auf der Welt ausgerottet werden müssten. Zugegeben, mir war aufgefallen, dass sie dazu übergegangen war, auch in mir eine Übernatürliche zu sehen. Aber ich hätte nie im Leben geglaubt, dass Arlene ihre wie auch immer verkorkste Freundschaft mit mir so vollständig vergessen könnte unter dem Einfluss der Hassparolen der Bruderschaft der Sonne.
Ich zog das Handy aus der Tasche und rief Andy Bellefleur an.
»Bellefleur«, sagte er forsch.
Man konnte uns zwar kaum Freunde nennen, aber ich war froh, seine Stimme zu hören.
»Andy, Sookie hier«, sagte ich und bemühte mich, leise zu sprechen. »Hör zu, da sind zwei Typen bei Arlene in ihrem Wohnwagen, und auf der Ladefläche ihres Pick-up liegt ein besonders langer Holzbalken. Sie ahnen nicht, dass ich von ihrem Besuch bei Arlene weiß. Sie haben vor, mir das Gleiche anzutun wie Crystal.«
»Hast du irgendetwas in der Hand, das vor Gericht standhält?«, fragte er vorsichtig. Andy hat insgeheim immer an meine telepathischen Fähigkeiten geglaubt, auch wenn das nicht unbedingt hieß, dass er ein Fan von mir war.
»Nein«, erwiderte ich, »sie warten darauf, dass ich Arlene besuchen komme.« Ich kroch noch weiter unter den Strauch und konnte nur hoffen, dass sie nicht aus dem hinteren Fenster sahen. Auf der Ladefläche des Pick-up lag auch eine Kiste mit extralangen Nägeln. Ich musste einen Augenblick lang die Augen schließen, so sehr packte mich das Entsetzen.
»Weiss und Lattesta sind bei mir«, sagte Andy. »Würdest du zu denen reingehen, wenn du wüsstest, dass wir dir Rückendeckung geben?«
»Sicher«, erwiderte ich, obwohl ich es keineswegs war. Ich wusste einfach, dass ich es tun musste. Es könnte allen schwelenden Gerüchten um Jason ein Ende bereiten. Es könnte zur Vergeltung oder zumindest zur Bestrafung des Mordes an Crystal und ihrem Baby führen. Und es könnte dafür sorgen, dass wenigstens ein paar dieser fanatischen Sonnenbrüder hinter Gittern landeten und dem Rest eine Lektion erteilt wurde. »Wo bist du?«, fragte ich vor Angst zitternd.
»Im Auto, wir sind auf dem Weg zum Motel. In sieben Minuten können wir bei dir sein«, sagte Andy.
»Ich habe hinter dem Haus der Freer geparkt«, sagte ich. »Ich muss jetzt auflegen. Da kommt jemand aus der Hintertür des Wohnwagens.«
Whit Spradlin und sein Kumpan, an dessen Namen ich mich
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