Vampirjaegerin inkognito
musste ich an vorhin denken, als ich im Zug von der Toilette gekommen und Lucian auf dem Gang vorgefunden hatte – in einer ähnlichen Pose wie jetzt. Was hatte der Kerl nur mit Fenstern, dass er ständig grüb elnd durch sie hindurch starrte ?
I ch wandte den Blick von Lucian ab und riss erschrocken die Augen auf , als ich sah, dass sich Serena zur Rückbank umgedreht hatte. Sie sah mich an, mit ein em ungewöhnlich ernsten Ausdruck in den grünen Augen. Sie öffnete den Mund, schien etwas sagen zu wollen. Ihr Blick schweifte zu Lucian, dann zurück zu mir. Sie lächelte gequält und drehte sich wieder um. Die restliche Fahrt verbrachten wir in Schweigen.
Kapitel 4
Lucian hatte vier Zimmer in einem 5-Sterne-Hotel gebucht. Ich fand das völlig übertrieben, doch als ich den Vampir auf die Geldverschwendung hinwies, wurde ich nur mit einem abfälligen Blick bedacht. Als wir am Empfang auf die Zuteilung unserer Zimmer warteten, musterte ich die Eingangshalle. Ich war noch nie in ei nem derart noblen Hotel gewesen. D ie wenigen Gäste, die um diese Uhrzeit die Halle durchquerten , waren gekleidet, als wären sie zur Golden Globe Verleihung oder zumindest zu der des deutschen Filmpreises unterwegs . S ie musterten mich so überheblich, als würden sie tagtäglich George Clooney und Brad Pitt die Hand schütteln.
Mein Zimmer war geschmackvoll eingerichtet, doch viel zu groß, als dass ich mich darin hätte wohl fühlen können. Aber es würde ja nur für eine Nacht sein. Körperlich und psychisch völlig ausgelaugt ließ ich mich auf das Queensize-Bett fallen. Zumindest an diesem Teil des Zimmers gab es nichts auszusetzen . Das Bett war weich und gemütlich. Mit geschlossenen Augen kuschelte ich mich in die Decke. Aber ich durfte noch nicht schlafen. Ich musste Bettina anrufen und ihr von Serena erzählen. Seufzend setzte ich mich auf und griff zum Hoteltelefon, das auf dem Nachtisch stand.
„Bettina Frei.“
„ Amelie Berger.“ Ich stockte kurz.
Da fragte Bettina bereits ungeduldig : „Sind Sie schon auf Lucians Anwesen?“
„Nein, aber-“
„Warum rufen Sie dann an? Ich dachte, ich hätte Ihnen klar gesagt-“
„Weil es ein Problem gibt!“
„Was für ein Problem?“, fragte Bettina scharf.
„Es gibt noch eine Zauberin. Lucian hat sich eine zweite gesucht, damit er mehr Dämonen zusammenbekommt.“
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. Ich wartete.
„Was ist das für eine Zauberin? Wieso macht sie bei der Sache mit? Was sind ihre Beweggründe?“
Dieselbe Frage war mir auch als erstes durch den Kopf gegangen, als ich Serena getroffen hatte. „Sie war mal mit einem Vampir zusammen, den ihr anscheinend auf dem Gewissen habt.“
Wieder Schweigen. Ich ahnte nichts Gutes.
„Dann müssen Sie sie auch töten.“
Irgendwie… ja, irgendwie hatte ich mit diese r Reaktion gerechnet . Doch als sie tatsächlich kam, konnte ich es kaum glauben . „ Sie verlangen von mir , dass ich einen Menschen töte?“
„Zunächst einmal sind Zauberer keine normalen Menschen“, wies mich Bettina mit eiskalter Stimme zurecht.
Ob ihr in diesem Moment bewusst war , dass sie gerade einen dieser nicht normalen Menschen am Telefon hatte ? Wahrscheinlich. Nein, ganz sicher sogar.
„A ußerdem“, fuhr sie fort, „ müssen Sie es ja nicht unbedingt selbst tun. Sie haben schließlich noch Marcelle . Obwohl… “ Bettina hielt einen Moment inne. „ Ist die andere Zauberin schon länger in den Plan involviert oder hat Lucian sie sich kurzfristig gesucht?“
Anscheinend war auch ihr endlich aufgefallen, dass Marcelle ihr von Serena hätte erzählen müssen.
„ Lucian hatte die andere Zauberin schon lange, bevor ich mich ihm anbot “ , bestätigte ich ihre Vermutung.
„Das ist… interessant. “
„Wenn Marcelle Ihnen nicht die ganze Wahrheit gesagt hat, ist sie viell eicht gar nicht auf Ihrer Seite. Am Ende will sie gar nicht, dass Lucian stirbt, sondern nur die Belohnung abkassieren . So, w ie die Dinge momentan stehen , werde ich aber auf Marcelles Unterstützung angewiesen sein. Oder was soll ich alleine gegen einen Vampir und eine Zauberin ausrichten?“
Bettinas Antwort kam prompt. „ Erwischen Sie Lucian allein. Das dürfte nun wirklich nicht so schwer sein. Außerdem wissen Sie gar nicht, ob Marcelle tatsächlich das Le ben Ihres Meisters retten will. Reden Sie doch einfach mit ihr .“
„ Unterstützung hin oder her. Auf
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