Vampirjagd: Roman (German Edition)
ihre Sinne einem leicht rot leuchtenden Schemen glich und sie ein paarmal mit den Augen zwinkern musste, bevor sie die Frau wieder als normalen Menschen wahrnahm.
»Das werden wir dir später erklären. Vorher solltest du dich anziehen und mit uns frühstücken. Ich bekomme nämlich Hunger!«
Daniela führte Vanessa in die Kammer zurück, in der diese geschlafen hatte. Inzwischen war das Bett gemacht worden, und auf einem kleinen Tisch lagen eine Auswahl an feiner Seidenunterwäsche, eine weiße Bluse mit aufgedruckten hellblauen Blumen und ein leuchtend roter Rock.
»Dilia meinte, diese Sachen würden dir gut stehen. Nur mit den Schuhen hapert es. Da du diese anprobieren müsstest, haben wir dir ein paar Riemchensandalen gekauft!« Daniela wies auf ein Paar rote Sandalen.
»Danke«, sagte Vanessa unwillkürlich, zögerte aber, den Morgenmantel abzulegen.
Da Daniela von den zumeist viel älteren weiblichen Vampiren gewohnt war, dass diese altmodisch prüde waren, verließ sie den Raum mit einem sanften Lächeln und schloss die Tür hinter sich.
Vanessa beeilte sich, denn sie wollte endlich erfahren, wohin sie geraten war. Daher zog sie sich rasch an und gönnte ihrem Spiegelbild im antik wirkenden Spiegelschrank nur einen flüchtigen Blick. Eines fiel ihr trotzdem auf. In dieser Kleidung hatte sie keine Ähnlichkeit mehr mit der verhuschten Vanessa Mattuschek, sondern wirkte ebenso attraktiv wie agil.
Doch diese Verwandlung war teuer erkauft, wenn sie dafür andere Menschen töten und deren Blut trinken musste. Lieber wäre sie hässlich gewesen und ein ganz gewöhnlicher Mensch. Ein Teil ihrer Gedanken spiegelte sich auf ihrem Gesicht wider, denn als sie aus dem Zimmer trat, strich Daniela ihr zärtlich über die Wange.
»Es ist nicht leicht zu begreifen, was? Doch tröste dich, man gewöhnt sich daran.«
Zuerst begriff Vanessa nicht, was die Fremde damit sagen wollte, dann aber blieb sie erschrocken stehen. »Sagt bloß, ihr seid auch …«
Sie brach ab, weil sie das Wort Vampire nicht aussprechen wollte.
Daniela verstand sie trotzdem und nickte. »Ja, das sind wir. Es ist kein leichtes Leben, aber wir versuchen, uns so gut einzurichten, wie wir können. Wir werden auch dir helfen, damit zurechtzukommen.«
Vanessa wollte ihr zuerst nicht glauben. Diese freundliche Frau sollte eines dieser ekelhaften Wesen sein, wie sie eines geworden war, und sich von menschlichem Blut ernähren? In welcher Zeit leben wir?, dachte sie verzweifelt und sagte sich, dass Selbstmord einer solchen Existenz bei Weitem vorzuziehen war.
Sieben
Vergeltung
1
Ferdinand Rubanter junior war nach dem Überfall gut nach Hause gekommen und hatte sich ins Bett gelegt. Die schlaflose Nacht, die Aufregung des Überfalls, aber auch der Alkohol und die wild durcheinander eingeworfenen Drogen forderten nun ihren Tribut. Daher schlief er einmal rund um die Uhr und wachte mit einem Kopf auf, in dem ein Bienenschwarm zu hausen schien. Noch halb im Tran tastete er nach seinem Nachtkästchen, um eine Pille herauszuholen, hielt aber in der Bewegung inne. Wenn er das Zeug laufend schluckte, wurde er süchtig danach, und das wollte er wirklich nicht.
Mit dem Vorsatz, Alkohol und Drogen nicht mehr gleichzeitig zu nehmen, schleppte er sich ins Badezimmer. Dort brauchte er um einiges länger als normal, da seine Gedanken ständig um den beinahe missglückten Bankraub kreisten und sich nebenbei auch mit Erwins Drohungen beschäftigten. Der Kerl hielt ihn anscheinend für eine Zitrone, die er nach Belieben auspressen konnte. Aber er würde diesem Knastbruder schon zeigen, dass man mit einem Rubanter so nicht umspringen konnte.
Zu seinem Leidwesen fiel ihm außer dem Einsatz von Rasso nichts ein, mit dem er Erwin und dessen Kumpane beeindrucken konnte. Wozu die drei fähig waren, hatten sie bei den Morden in der Hütte gezeigt. Höchst verärgert, weil er keine Möglichkeit sah, sich den Begehrlichkeiten dieser Knastbrüder zu entziehen, beendete Ferdinand seine Morgentoilette, zog sich an und schluckte erst einmal eine Kopfwehtablette, bevor er sein Zimmer verließ und ins Frühstückszimmer ging.
Seine Mutter saß bereits am Tisch, hielt eine brennende Zigarette in der Hand und hatte den Blick ins Leere gerichtet. Ihre Miene wirkte so trübe, dass Ferdinand bereits befürchtete, die Kriminalpolizei wäre ihm wegen des Banküberfalls auf die Schliche gekommen.
»Guten Morgen, Mama.«
Erst in diesem Moment schien seine Mutter ihn wahrzunehmen.
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