Vampirjagd: Roman (German Edition)
tödlichen Anfall geben. Sie schüttelte sich bei dem Gedanken und versuchte, ihr Gewissen zu beruhigen. Immerhin war Florian einer jener sechs Kerle gewesen, die ihre Schwester vergewaltigt und umgebracht hatten.
Einen von sechs hatte sie ihrer Strafe zugeführt. Nun blieben noch fünf Banditen übrig, die in ihren Augen nicht das Recht hatten, länger auf dieser Erde zu verweilen. Sie richtete sich auf und begriff nun erst, dass sie sich nicht in Martins Appartement befand. Das Bett war groß und wirkte altmodisch, hatte aber eine bequeme Matratze. Ihre Bettwäsche war rot, ebenso die Vorhänge. Sogar die Wände waren in einem hellen Rotton gestrichen.
Es war eine Umgebung, in der sie sich unter anderen Umständen hätte wohlfühlen können. Die verschnörkelten Eisengitter vor den Fenstern jedoch fand sie befremdlich. Die Dinger mochten hübsch aussehen, gaben ihr aber das Gefühl, eingesperrt zu sein. Dieser Eindruck verstärkte sich, als sie aus dem Bett stieg, barfuß zur Tür eilte und diese von außen verschlossen fand.
Kopfschüttend kehrte Vanessa zum Bett zurück und setzte sich darauf. Was war geschehen?, fragte sie sich und versuchte ihrem schmerzenden Gehirn Gedankenfetzen abzuringen, die ihr eine Erklärung liefern konnten.
War da nicht eine andere Frau gewesen? Zwei!, berichtigte sie sich. Die beiden hatten sie einfach mitgenommen und hierhergebracht. Vanessa hatte nicht die leiseste Ahnung, wo sie sich befand. Als sie zum Fenster ging, blickte sie auf einen Garten hinaus, der von einer nicht sehr hohen Mauer begrenzt wurde. Allerdings fehlten bei dieser Anlage die Strom führenden Drähte und die Eisenzacken, mit denen Ferdinand Rubanter senior sein Heim gesichert hatte. Auf Kameras und Bewegungsmelder hatte der Besitzer dieses Grundstücks jedoch nicht verzichtet.
Derjenige, dem das Haus gehörte, konnte kein armer Mann sein. Doch weshalb hielt er sie gefangen?
Vanessa fand keine Antwort auf diese Frage. Zudem hatte sie mit einem ganz profanen Problem zu kämpfen, denn ihre Blase meldete sich, und sie musste dringend auf die Toilette. Verärgert ging sie zur Tür und klopfte dagegen.
»He, was bildet ihr euch ein! Ich will hier raus«, rief sie nicht gerade leise.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann hörte sie Schritte, die vor ihrem Zimmer endeten. Der Schlüssel wurde umgedreht, und die Tür schwang auf. Eine Frau – es war diejenige, die sich als Daniela vorgestellt hatte – sah herein. »Guten Morgen. Bist du schon wach?«
Sie tut, als wäre ich ihre beste Freundin, dachte Vanessa erbittert. »Ich muss zur Toilette, und zwar dringend!«
»Entschuldige, daran habe ich nicht gedacht. Komm mit! Wir haben hier oben ein Badezimmer für Gäste. Wenn du etwas brauchst, dann sag es mir. Ich heiße übrigens Daniela«, sagte sie in dem Versuch, das Eis zu brechen.
»Ich glaube, ich kann mich erinnern«, antwortete Vanessa, ohne ihren eigenen Namen zu nennen. Stattdessen sah sie sich aufmerksam um.
Anscheinend befand sie sich in einer größeren Villa, denn die ganze Umgebung wirkte zwar altmodisch, aber sehr gediegen. Das Badezimmer, in das Daniela sie führte, hätte mit seinen Armaturen, dem Waschbecken und der Badewanne ins frühe zwanzigste Jahrhundert gepasst. Aber es gab warmes Wasser, und sie fand die Auswahl an teuren Körperpflegemitteln imposant.
Brille und Deckel der Toilette waren aus Holz, dennoch wirkte sie wie neu. Vanessa wartete, bis Daniela sie allein gelassen hatte, dann benützte sie das Ding, putzte sich die Zähne und trat unter die Dusche.
Wenn das hier ein Gefängnis ist, dann ein sehr feudales, dachte sie, als sie sich schließlich in einen flauschigen Morgenmantel hüllte, der mit Sicherheit nicht aus einem billigen Kaufhaus stammte.
Vanessa überlegte, ob Ferdinand Rubanter senior dahinterstecken konnte, der auf diese Weise verhindern wollte, dass sie seinen Sohn zur Verantwortung ziehen konnte. Dann aber lachte sie über sich selbst. Sie hatte Rubanter seniors Geruch bei dessen Protzvilla in die Nase bekommen. Die Menschen, die hier wohnten, rochen weitaus angenehmer und wirkten seltsam vertraut auf sie.
Da Vanessa das Rätsel, warum man sie hierhergebracht hatte, nicht allein lösen konnte, stellte sie diese Frage erst einmal zurück und öffnete die Tür.
Ihre geheimnisvolle Gastgeberin hatte draußen auf sie gewartet. »Wir haben ein bisschen was zum Anziehen für dich besorgt.«
»Wer oder was seid ihr?«, fragte Vanessa leise, da die andere für
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