Vampirjagd: Roman (German Edition)
Tote Vorrang hatte, und verließ sein Büro. Draußen rief er seinen Assistenten zu sich und ging zu seinem Wagen.
»Wissen Sie schon mehr, Herr Bezirksinspektor?«, fragte Wiedl, als sie losfuhren.
»Nein, der Cerny hat weiter nichts gesagt. Aber wenn man einen Toten findet, schaut man nicht gleich auf seinen Ausweis, um zu erfahren, wie er heißt, sondern ruft den Arzt und die Exekutive.«
Danach herrschte Schweigen, bis sie die angegebene Adresse erreichten. Da kein Parkplatz frei war, stellte Prallinger den Wagen in zweiter Reihe ab, befestigte das abnehmbare Blaulicht auf dem Dach und schritt auf das Haus zu.
Eine ältere Frau empfing ihn bereits an der Tür.
»Gott sei Dank, dass Sie da sind, Herr Kommissar! Der Tote ist im zweiten Stock. Wie das zugegangen ist, weiß niemand, und es hat auch keiner im Haus was gehört.«
»Schon gut!« Ohne sich um die Frau zu kümmern, stieg Prallinger die ausgetretene Treppe hinauf und sah auf der zweiten Etage eine halb offene Tür.
Die Frau war ihm gefolgt und fasste ihn nun am Ärmel. »Da drinnen ist er! Ich weiß nicht, wer die Tür offen gelassen hat. Als ich vorhin in den Keller gehen wollte, habe ich es gesehen und gleich gemerkt, dass da was nicht stimmen kann. Und dann habe ich den Toten gefunden.«
Prallinger sah auf das Namensschild neben der Wohnungstür und las den verblassten Namen Scharfberger. »Ist das der Name des Toten?«, fragte er.
»Wo denken Sie hin! Der Herr Scharfberger ist schon vor neun Wochen ausgezogen. Jetzt haben drei Herren hier gewohnt. Ich will ja nichts gesagt haben, aber ich hätte keinem von denen in der Nacht auf der Straße begegnen mögen.«
Zuerst tat Prallinger die Aussagen der Frau als überspanntes Gerede ab, doch als er vor dem Toten stand, kniff er überrascht die Augen zusammen.
»Der Erwin! Hat es ihn also doch einmal erwischt.«
»Wer ist das?«, fragte sein Untergebener.
»Der Mann heißt Erwin Brunner und hat schon dreimal in Sonnberg eingesessen. Das letzte Mal hat man ihn zu sieben Jahren verurteilt, ihn aber nach fünf wegen guter Führung wieder freigelassen.«
Wiedl schüttelte den Kopf. »Und jetzt ist er tot! Ich muss sagen, sich in den Hals zu schießen ist eine eigenartige Form, Selbstmord zu begehen.«
»Wenn es Selbstmord war! Es kann genauso gut eine Abrechnung im Gangstermilieu sein. Erwin Brunner war kein Leichtgewicht in der Szene.« Prallinger seufzte und zog ein Paar Latexhandschuhe über, um keine Spuren zu zerstören. Wie es aussah, hatte er wieder eine harte Nuss zu knacken.
Vorsichtig sah er sich in der Wohnung um. In der Küche lag ein blauer Müllsack voller Bierflaschen und leerer Packungen von Fertiggerichten. Im Spülbecken stapelte sich benutztes Geschirr, daneben standen ein Glas mit löslichem Kaffee und eine Tasse, in die jemand Kaffeepulver geschüttet hatte. In der Mikrowelle entdeckte der Bezirksinspektor ein Glas mit kaltem Wasser. Irgendjemand hatte sich Kaffee machen wollen und war dabei gestört worden.
Ein Blick ins Schlafzimmer zeigte Prallinger drei Isomatten und ebenso viele Schlafsäcke, dazu ein billiges Regal, das als Schrank diente. Auf Dauer, so viel war zu erkennen, hatten Erwin Brunner und seine beiden Mitbewohner sich hier nicht einrichten wollen.
Da auch das Badezimmer auf Anhieb keine Erkenntnis brachte, wandte der Bezirksinspektor sich wieder der Frau zu, die den Toten entdeckt hatte.
»Sie haben vorhin erklärt, es würden noch zwei Männer hier wohnen. Was wissen Sie über diese?«
»Nicht viel! So wie sie ausgeschaut haben, waren es Zwillinge. Alle beide sind recht groß und kräftig gebaut. An den Armen sind sie tätowiert und sonst …«
»Wissen Sie, wie die beiden heißen?«, unterbrach Prallinger sie.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich hab gehört, dass der Tote zu dem einen Jonny und zu dem anderen Rainer gesagt hat!«
Für den Bezirksinspektor fügten sich mehrere Mosaiksteinchen zusammen. Am Vortag war der tote Johann Sametsammer gefunden worden. Auch dieser war in der Justizanstalt Sonnberg einschlägig bekannt und hatte einen Zwillingsbruder namens Rainer.
»Danke! Sie haben mir sehr geholfen«, erklärte Prallinger der Frau und wandte sich an Wiedl. »Ich schaue jetzt, ob es ein Kellerabteil für diese Wohnung gibt. Sie rufen inzwischen in der Bezirksinspektion an und sorgen dafür, dass Rainer Sametsammer zur Fahndung ausgeschrieben wird. Als Grund nennen Sie, dass er Erwin Brunner ermordet haben könnte.«
»Glauben Sie, dass die
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