Vampirjagd: Roman (German Edition)
strich mit der Zunge leicht über die Wunde, die sie ihm beigebracht hatte. Sofort schloss diese sich, und der Blutfluss hörte auf.
Unterdessen hatte Daniela eine Decke geholt und wickelte Stephanie darin ein. »Jetzt bringen wir sie nach Hause«, sagte sie lächelnd.
In Vanessas Augen erschien ein trauriger Glanz. »Ich habe kein Zuhause mehr!«
»Du wirst eines bekommen, und deine Schwester ebenfalls. Wir vom Club lassen keinen der Unseren im Stich. Und jetzt kommt! Ich will nicht länger an diesem Ort bleiben.«
»Sollten wir das Loch nicht wieder zuschaufeln?«, fragte Dilia.
Daniela überlegte kurz und nickte. »Tut das. Diesmal könnt ihr die Schaufel nehmen. Das ist gesünder für die Fingernägel!«
Dilia lachte leise. Vanessa nahm Martin die Schaufel und füllte das Loch, in dem sie ihre Schwester begraben hatte.
Kurz darauf stiegen alle bis auf Stela ins Auto. »Jetzt braucht ihr meinen Platz für dieses Mädchen!«, dachte die Hündin so intensiv, dass alle Vampire es auffingen.
»Du kannst dich vor Vanessa auf den Boden legen. Da ist genug Platz«, erklärte Daniela und machte eine auffordernde Handbewegung.
Die Kleine stieg in den Wagen, legte sich auf Vanessas Füße und erklärte, dass sie müde sei und schlafen wolle.
»Bis du wieder wach wirst, sind mir die Beine eingeschlafen«, beschwerte Vanessa sich.
Stela kümmerte sich jedoch nicht darum, sondern schlief fast auf der Stelle ein und verwandelte sich langsam wieder in ein kleines Kind.
»Konnte sie damit nicht warten, bis wir zu Hause sind«, stöhnte Daniela. »Wir haben doch nichts für sie zum Anziehen dabei.«
Dilia lachte leise und erklärte, dass sie notfalls ihre Bluse für die Kleine opfern würde.
»Nichts da! Stela wird in die Fußmatte eingerollt!«, antwortete Daniela lachend. Während sie die Sache mit Humor nahm, starrten Vanessa und Martin das Mädchen aus großen Augen an.
»Das gibt es doch nicht«, stöhnte Martin.
»Anscheinend doch«, gab Vanessa leise zurück. »Denke daran, dass ich eine Vampirin geworden bin und Stephanie noch lebt, obwohl sie nach allen Regeln der Schulmedizin tot sein müsste.« Sie beugte sich über Stela und streichelte sie. »Bist du lieb!« Mehr konnte sie nicht sagen, da sich Stephanie unter ihrer Decke zu regen begann.
3
Es gab Tage, an denen Bezirksinspektor Prallinger sich fragte, weshalb er zur Kriminalpolizei gegangen war. Eben noch hatte er einen Bericht über den Tod des Johann Sametsammer, genannt Jonny, verfasst und wollte Feierabend machen, da schellte erneut das Telefon. Automatisch griff er nach dem Hörer. »Hier Prallinger.«
»Gut, dass Sie noch da sind. Dann brauche ich keinen Ihrer Kollegen von seinen Ermittlungen zurückrufen.« Es war Cerny, und seine Stimme klang höhnisch.
Prallinger drehte seinem Vorgesetzten im Geist den Kragen um, blieb aber höflich. »Was gibt es, Herr Chefinspektor?«
»Einen weiteren Toten. Erschossen!« Nun klang Cernys Stimme ungewohnt sachlich.
»Ein Mord also«, antwortete Prallinger.
»Kann auch Selbstmord sein. Der Tote ist soeben gemeldet worden. Fahren Sie hin, schauen Sie sich die Sache an und schreiben Sie einen Bericht!«
»Und was ist mit den Bankräubern?«, wollte Prallinger wissen.
»Diese Ermittlungen übergebe ich dem Kollegen Hafner, damit er sie mit frischem Elan vorantreiben kann.«
Es war im Grunde ein Fußtritt, und Prallinger fasste es auch so auf. Trotzdem begann er leise zu lachen. »Sagen Sie aber bittschön dem Hafner, dass er nicht zu viel Elan an den Tag legen soll. Nicht jeder Bürger in dieser Republik liebt es, wenn die Polizei bei der Jagd auf Verbrecher seinen Garten zertrampelt.«
Noch während er es sagte, begriff Prallinger, dass sein Kollege in dem Moment, in dem er die anonyme Zeugenaussage in den Akten entdeckte, wahrscheinlich sofort einen Haftbefehl gegen Urban Lassky erwirken würde. Zwar hätte der Bezirksinspektor es Hafner gegönnt, sich damit bis auf die Knochen zu blamieren. Anderseits würde es danach im Blätterwald gewaltig rauschen und die Exekutive in ein noch schlechteres Licht gestellt werden.
»Also, Herr Chefinspektor, ich bin unterwegs. Meinen Bericht erhalten Sie morgen Vormittag. Damit auf Wiedersehen!«
Prallinger hörte, wie Cerny grußlos auflegte. Für einen Augenblick starrte er noch auf den Hörer in seiner Hand, legte ihn dann auf die Gabel zurück und dachte nach. Für einen Augenblick erwog er, Lassky vor Hafner zu warnen. Dann aber sagte er sich, dass der
Weitere Kostenlose Bücher