Vampirjagd: Roman (German Edition)
Höhlen als Erbe der schwarzen Königin auf Daniela übergegangen waren.
Diese schenkte Nummer Eins ein Lächeln und nahm das volle Glas entgegen. Obwohl der Inhalt zur Hälfte aus menschlichem Blut bestand, war es den Affenschlangen gelungen, eine Rezeptur zu entwickeln, die dem Getränk einen angenehmen Geschmack verlieh und vergessen ließ, woher es stammte. Wie die privaten Vorräte war dieses Blut auf halbwegs legalem Weg in ihre Hände gelangt, denn sie hatten es bei einer Blutbank gekauft. Selbst auf die Jagd zu gehen und sich menschliche Opfer zu suchen, untersagten die Statuten des Clubs. Zwar hatte es früher gelegentlich Verstöße dagegen gegeben, doch nach den schrecklichen Erfahrungen mit der schwarzen Königin hielten sich alle Mitglieder strikt an diese Regel.
Dilia nahm auf einer Couch Platz und forderte Daniela auf, sich zu ihr zu setzen. »Wir sollten uns gegenseitig über das informieren, was wir zu spüren glauben, und dabei keine noch so kleine Einzelheit außer Acht lassen.«
»Warum, was gibt es?«, fragte Cynthia.
Die hübsche Blondine mit heller Haut und schlaksiger Figur war mit knapp über achtzig Jahren nach Daniela die zweitjüngste Vampirin im Club. Auch sie war froh um die Fähigkeiten von Nummer Eins, den Blutgeschmack der Getränke durch andere Essenzen zu überdecken. Sie würde, wie sie manchmal seufzend sagte, auf freier Wildbahn verhungern, weil sie sich vor purem Blut ekelte.
»Es könnte sein, dass wir einem unbekannten Vampir auf der Spur sind – oder, besser gesagt, einer Person, die gerade dabei ist, sich zu verwandeln.« Dilia hatte mehr Erfahrung als Daniela und sprach die in ihren Augen wahrscheinlichste Vermutung aus.
»Ein neuer Vampir? Den müssen wir unbedingt in den Club holen!«, rief Cynthia begeistert.
Urban lachte hart auf. »Wir müssen ihn schon aus eigenem Interesse aufstöbern. Sollte dieser Vampir auf Menschen losgehen, sind auch wir in Gefahr. Daher müssen Daniela und Dilia alles tun, um ihn zu finden. Lukas und Istvan werden euch dabei helfen. Es könnte ja sein, dass der Neue nicht kooperieren will und beseitigt werden muss.«
Das klang hart, doch die anwesenden Vampire verstanden ihren Anführer. Ein Vampir, der willkürlich mordete, konnte eine Lawine in Gang setzen, die sie schließlich alle überrollte. Urban hatte den Club vor über einhundertfünfzig Jahren nicht zuletzt deshalb gegründet, um solche Morde und damit deren Verfolgung durch die Exekutive zu verhindern.
Dies war auch Daniela klar. Wenn sie selbst nicht zu Gejagten werden wollten, mussten sie die Stelle der Vampirjäger einnehmen und jene, die die gleichen Anlagen besaßen wie sie, finden, bevor die frisch Verwandelten zu blutgierigen Mördern wurden.
»Dilia und ich werden uns nach der Clubsitzung zusammenschließen und versuchen, gemeinsam etwas herauszufinden«, erklärte sie.
Während Urban zufrieden und einige andere beunruhigt nickten, fuhr Dilia fort: »Der neue Vampir ist noch am Anfang seiner Entwicklung. Daher kann ich ihn noch nicht lokalisieren. Aber ich möchte zusammen mit Daniela wenigstens herausfinden, in welchem Stadtbezirk er sich aufhält, damit wir ihn erwischen können, bevor er das erste Mal zuschlägt. Ich habe keine Lust, in den Zeitungen eine Schlagzeile zu lesen in der Art: ›Junge Frau im Prater einem Vampir zum Opfer gefallen!‹«
Urban bleckte in unbewusster Abwehr die Zähne, während Daniela eine abwiegelnde Handbewegung machte. »Zum Glück wird beim ersten Toten noch keiner annehmen, dass es wirklich Vampire gibt. Aber für uns wäre es in dem Fall schwer, wenn nicht sogar unmöglich, den neuen Vampir im Club zu integrieren. Wir müssten damit rechnen, dass er immer wieder auf die Jagd gehen wird.«
»Dann müssten wir ihn erschießen, pflöcken und in unsere geheime Gruft bringen«, setzte Urban grimmig hinzu.
Es war nicht zu überhören, wie wenig es ihm gefiel, das gemütliche Gleichmaß des Lebens, welches er so liebte, gefährdet zu sehen. Auch einige der anderen zogen säuerliche Gesichter. Nach dem Kampf gegen die schwarze Königin wollten sie in erster Linie ihre Ruhe haben, und eine aufregende Jagd auf einen neuen Vampir war nicht in ihrem Sinn.
Daniela musterte ihre Freundin und sagte sich, dass die Arbeit auf ihren und Dilias Schultern lastete. In Gedanken legte sie sich bereits die nächsten Schritte zurecht.
6
Der Tag zog sich hin wie zäher Kaugummi. Vanessa hatte nur drei Briefe schreiben und ein halbes Dutzend
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