Vampirjagd: Roman (German Edition)
keine Lust, der Polizei zu erklären, was hier geschehen war, um anschließend in eine geschlossene Anstalt eingewiesen zu werden, weil man sie für verrückt hielt. Oder man steckte sie gleich in ein Laboratorium, wo man die Ursache ihrer eigenartigen Fähigkeiten ermitteln würde. Um zu prüfen, wie ihre Selbstheilungskräfte wirkten, hatte sie sich am linken Arm geritzt und staunend zugesehen, wie diese Schramme innerhalb weniger Minuten verschwunden war.
Vanessa betrachtete ihren Körper, an dem nach dem Ausheben der Gräber Erde und Ascheflocken klebten, und spannte die Muskeln an. Sie wirkte sehniger als früher, ohne dass sie ihre Weiblichkeit verloren hätte. Zudem schien sie noch ein paar Zentimeter gewachsen zu sein. Wahrscheinlich war sie nun stark genug, sich auf einen Kampf mit Erwin und den bulligen Zwillingen einlassen zu können. Der Wunsch nach Rache durchströmte sie, und sie stellte sich vor, wie sie die Kehlen der Männer zerfetzen und deren Blut trinken würde. Dabei würde sie nicht nur Vergeltung für den Tod ihrer Schwester üben, sondern auch für sich selbst. Ohne die grässliche Tat dieser Schurken wäre sie nicht zu einem Monster geworden.
Doch im nächsten Moment begriff sie, dass dies nicht stimmen konnte. Die Anlagen zu dieser Verwandlung waren schon vorher vorhanden gewesen, und das Verbrechen an ihr, Stephanie und Berni war nur der Auslöser dafür gewesen, dass sie sich endgültig verwandelt hatte. Ihre neuen Fähigkeiten, so schwor sie sich, würden ihr helfen, Rache an ihren Peinigern und Stephanies Mördern zu üben.
Vorher aber galt es, an Kleidung und Geld zu gelangen. Da ihre Bankkarte samt ihrem Ausweis und allem, was ihre Handtasche enthalten hatte, verbrannt war, war sie gezwungen, die Grenzen zu überschreiten, die das Gesetz den Menschen vorgab. Doch um an ihr Ziel zu gelangen, war sie mittlerweile zu fast allem bereit.
8
Bezirksinspektor Prallinger belasteten ganz andere Probleme als die, mit denen sich Daniela und die Wiener Vampire sowie Stela und Vanessa herumschlagen mussten. Er suchte nach Spuren, die einen Hinweis auf die ominösen Bankräuber gaben. Bislang hatten die Banditen dreimal zugeschlagen, jedes Mal in einem anderen Vorort von Wien und immer zu einer Zeit, in der dort kurz zuvor eine relativ große Summe eingetroffen war.
Da es außer unscharfen Fotos von Überwachungskameras keinen anderen Hinweis auf die Kerle gab, überprüfte Prallinger jeden Strohhalm, den er zu finden glaubte. Es kam ihm eigenartig vor, dass eine Bande aus Osteuropa so genau Bescheid wissen konnte, wann besonders viel Geld in der entsprechenden Bankfiliale zu erbeuten war. Daher nahm er sich vor, alle Alternativen zu prüfen.
Aus diesem Grund arbeitete er sich durch sämtliche Protokolle, die von diesen Überfällen angefertigt worden waren, und notierte sich jeden Punkt, der ihm wichtig erschien. Die Überfälle selbst waren stets nach demselben Schema abgelaufen. Drei Männer hatten zu Zeiten, in denen wenig los war, die Bank betreten und die Angestellten mit der Waffe bedroht. Sowie ihnen das Geld ausgehändigt worden war, hatten sie das Gebäude wieder verlassen und waren spurlos untergetaucht.
Einige Zeugen behaupteten, gehört zu haben, wie ein Auto mit quietschenden Reifen losgefahren wäre. Doch den Wagen selbst hatte keiner gesehen.
Je tiefer Prallinger sich in die Akten vergrub, umso diffuser erschienen ihm die Zeugenaussagen. An einer Stelle war von Masken die Rede, an einer anderen wieder nicht. Auch die Kleidung der Männer wurde unterschiedlich beschrieben. Meist handelte es sich um schreiend bunte Anoraks, aber bei den Farben waren sich selbst die Angestellten in ein und derselben Bankfiliale nicht einig.
Schließlich gab Prallinger das Aktenstudium auf und fuhr zusammen mit seinem Assistenten Wiedl zur ersten der überfallenen Filialen. Er hatte Glück, denn zwei der Angestellten, die den Bankraub erlebt hatten, waren vor Ort. Viel Neues konnten sie ihm jedoch nicht berichten.
»Also, ich habe gerade Geld gezählt und erst aufgeschaut, als jemand ᾿Überfall᾿ gerufen hat«, erklärte eine Frau.
»Haben Sie irgendetwas Auffälliges bemerkt?«, bohrte der Bezirksinspektor nach.
Die Bankangestellte schüttelte den Kopf. »Nein, da waren nur die drei Männer mit ihren Pistolen. Mein Kollege hat ihnen das Geld geben müssen, dann sind sie wieder fort.«
»Es war verdammt viel Geld«, warf der Kollege ein. »Wegen eines Rechnerausfalls haben wir auf
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