Vampirmelodie
überraschend auf. »Das ist der Fluch ihres Lebens.«
Die beiden Männer lächelten, und das war ein ganz und gar nicht erfreulicher Anblick. »Ja«, stimmte der Fahrer zu. »Das ist ein Fluch für sie, und ich kann mir vorstellen, dass sie das noch viel stärker so empfinden wird.«
»Was wollen Sie überhaupt von Sookie?«, fragte Arlene. »Sie besitzt nichts weiter als dieses alte Haus.«
»Sie hat uns und ein paar anderen Leuten ziemlich große Schwierigkeiten bereitet«, sagte der Fahrer. »Drücken wir es einfach so aus: Jetzt kommen mal einige Schwierigkeiten auf sie zu.«
Kapitel 2
Am Abend des zweiten Tages meiner Einsamkeit stellte ich mich der Tatsache, dass ich Eric aufsuchen musste. Stimmt schon, eigentlich hätte er zu mir kommen müssen. Er war schließlich derjenige, der getürmt war, als ich Sam von den Toten auferweckt hatte, weil er (vermutlich) überzeugt war, das würde bedeuten, dass ich Sam mehr liebte als ihn. Aber egal, ich musste nach Shreveport ins Fangtasia fahren, um mit Eric zu reden, denn ich litt unter seinem Schweigen. Ich sah mir eine Zeit lang das Feuerwerk an, das im Stadtpark stattfand – heute war der 4. Juli –, doch dann ging ich wieder ins Haus und zog mich um. Ich wollte so gut wie möglich aussehen, es sollte aber auch nicht übertrieben wirken. Wer wusste schon, auf wen alles ich treffen würde, auch wenn ich Eric allein sprechen wollte.
Ich hatte von keinem der Vampire gehört, die ich kannte und die regelmäßig im Fangtasia verkehrten. Ja, ich wusste nicht einmal, ob Felipe de Castro, der König von Arkansas, Louisiana und Nevada, noch in Shreveport war und sich in Erics Angelegenheiten einmischte, um ihm das Leben schwer zu machen. Felipe hatte seine Freundin Angie und seinen Stellvertreter Horst mitgebracht, nur um Eric zu ärgern. Der König war heimtückisch und gerissen, und sein kleines Gefolge ähnelte seinem Herrscher nicht unwesentlich.
Und ich wusste auch nicht, ob Freyda, die Königin vonOklahoma, noch in der Stadt war. Erics Schöpfer, Appius Livius Ocella, hatte mit Freyda schriftlich einen Vertrag geschlossen, mit dem er Eric (meinem Verständnis nach) im Grunde als Sklaven an Freyda verkaufte, wenn auch auf so eine kuschelige Art: als ihren Prinzgemahl, mit allen nur denkbaren Vorzügen, die ein solcher Job mit sich brachte. Das einzige Problem war: Appius hatte sich vorher nicht mit Eric kurzgeschlossen. Eric war hin- und hergerissen, um’s mal vorsichtig auszudrücken. Seinen Job als Sheriff hätte er von sich aus niemals aufgegeben. Wenn es je einen Vampir gegeben hatte, der es genoss, der große Fisch im kleinen Teich zu sein, dann war Eric dieser Vampir. Er hatte immer hart gearbeitet, und er hatte jede Menge Geld gemacht für den Herrscher von Louisiana – wer immer das auch gerade gewesen war. Und seit die Vampire an die Öffentlichkeit gegangen waren, hatte er noch viel mehr getan, als nur Geld herbeizuschaffen. Der große, gut aussehende, wortgewandte, tatkräftige Eric war das Paradebeispiel par excellence für einen Vampir, der sich in die Gesellschaft integrieren wollte. Und er hatte sogar eine Menschenfrau geheiratet: mich. Wenn auch nicht nach den Gesetzen der Menschen.
Okay, er hatte auch seine dunkle Seite. Er war eben trotz allem immer noch ein Vampir.
Auf dem ganzen Weg nach Shreveport fragte ich mich zum hundertsten Mal, ob ich nicht einen Riesenfehler machte. Als ich schließlich vor der Hintertür des Fangtasia stand, war ich so angespannt, dass ich zitterte. Ich trug mein liebstes Sommerkleid, das rückenfreie mit den rosaroten Punkten, zupfte am Nackenband herum und holte noch ein paar Mal tief Luft, ehe ich anklopfte. Die Tür schwang auf. Eine grüblerisch wirkende Pam stand an die Wand des Korridors gelehnt da, mit vor der Brust verschränkten Armen.
»Pam«, sagte ich zur Begrüßung.
»Du solltest nicht hier sein«, sagte sie.
Natürlich, all ihre Loyalität galt zuerst Eric, und das würde auch immer so bleiben. Dennoch hatte ich geglaubt, dass Pam mich ein wenig mochte, so sehr sie einen Menschen eben mögen konnte, und ihre Worte waren wie ein Schlag ins Gesicht für mich. Ich wollte nicht noch stärker leiden, als ich es sowieso schon tat, sondern war hierhergekommen, um zu sehen, ob ich die Sache mit Eric nicht wieder einrenken könnte; ich wollte ihm sagen, dass er das mit Sam und mir falsch sah, und herausfinden, welche Entscheidung er wegen Freyda getroffen hatte.
»Ich muss mit Eric reden«,
Weitere Kostenlose Bücher