Vampirmelodie
dieser reglosen Herzen um mich herum zu stoßen. Ich wusste nicht, auf wen ich zuerst zielen würde: Felipe? Freyda? Oder sogar Eric? Bevor ich diesen Gedanken zu sehr vertiefen konnte, griff ich mit der rechten Hand nach dem Dolch und ritzte meinen linken Unterarm. Ein winziges Rinnsal Blut lief meinen Arm hinunter, und ich spürte, wie jeder einzelne Vampir im Zimmer reagierte.
Felipe schloss sogar die Augen, um das Bouquet des Duftes zu genießen. »Du gibst mehr auf, als ich je für möglich gehalten habe«, murmelte er Eric zu. (Felipe stieg sofort an die Spitze meiner Dolchstoß-ins-Herz-Liste auf.)
Ich drehte mich zu Eric um, hielt den Blick jedoch auf seine Brust geheftet. Ihm ins Gesicht zu sehen wäre zu riskant gewesen. »Dies ist nicht länger dein«, sagte ich deutlich mit einem gewissen Maß an Befriedigung. Ich hielt den Dolch in seine Richtung, und ich spürte, wie er ihn meinem Griff entwand. Dann entblößte Eric seinen eigenen Unterarm und schnitt sich – nicht nur mit einem kleinen Ritzer so wie ich, sondern richtig tief. Dunkles Blut rann träge seinen Arm hinab bis auf seine Hand und tropfte zu Boden.
»Dies ist nicht länger dein«, sagte Eric leise.
»Sie dürfen jetzt gehen, Sookie«, sagte Felipe. »Und Sie werden nie wieder ins Fangtasia kommen.«
Es gab nichts mehr zu sagen.
Ich drehte mich um und ging hinaus aus Erics Büro. Die Tür öffnete sich wie von Zauberhand vor mir. Karins helleAugen blickten kurz in meine. Es war kein Ausdruck in ihrem schönen Gesicht. Und keiner sagte ein Wort. Kein »Tschüss«, oder »War ’ne tolle Zeit«, oder »Alles Gute«.
Ich bahnte mir einen Weg durch die tanzende Menge.
Und zurück zu meinem Auto.
Und dann fuhr ich nach Hause.
Kapitel 8
Bill saß in einem Liegestuhl in meinem Garten. Ich stieg aus dem Auto aus und sah über die Motorhaube hinweg zu ihm hinüber. Zwei widerstreitende Eingebungen beherrschten mich.
Die erste war, ihn ins Haus zu bitten zum Rachesex.
Die zweite, klügere, war so zu tun, als hätte ich ihn nicht gesehen.
Offenbar wollte er nichts sagen, wenn ich es nicht tat, was nur zeigte, wie klug Bill gelegentlich handeln konnte. Ich war überzeugt, schon allein wegen seiner Anwesenheit und der Intensität, mit der er mich ansah, dass er ganz genau Bescheid wusste über das, was heute Nacht geschehen war. Mein klügeres Selbst gewann nach einem kurzen inneren Kampf die Oberhand, und so drehte ich mich herum und ging ins Haus.
Die Notwendigkeit, mich aufs Fahren zu konzentrieren, bestand nicht mehr. Der Druck durch die Anwesenheit der Vampire bestand nicht mehr. Ich war froh, allein zu sein, sodass niemand zusah, wie mein Gesicht sich in Tränen auflöste.
Ich konnte die Schuld nicht allein Eric geben. Aber ich tat es größtenteils. Eric hatte die Wahl gehabt, ob er es sich selbst gegenüber nun eingestand oder nicht. Mochte die Vampirkultur von ihm auch verlangen, dass er den Vertrag seines Schöpfers respektierte und die Königin von Oklahoma heiratete; ich glaubte, dass Eric einen Weg hättefinden können, um sich aus diesem Vertrag herauszuwinden. Ich akzeptierte seine Behauptung, dass er Appius’ Wunsch hilflos ausgeliefert sei, nicht. Sicher, Appius hatte den Fortgang der Ereignisse mit Freyda schon in Gang gesetzt, ehe er das Ganze mit Eric besprach. Vielleicht hatte er auch schon einen Finderlohn von der Königin von Oklahoma kassiert. Aber Eric hätte sich mit irgendwelchen Finten daraus befreien können. Er hätte einen anderen Kandidaten für die Position als Freydas Prinzgemahl finden können. Er hätte eine finanzielle Entschädigung anbieten können. Er hätte … irgendetwas tun können.
Vor die Wahl gestellt, mich während meiner kurzen Lebensspanne zu lieben oder an der Seite der reichen und schönen Freyda einen Aufstieg zu beginnen, hatte er sich für die pragmatische Lösung entschieden.
Ich hatte immer gewusst, dass Eric ein Pragmatiker ist.
An der Hintertür war ein leises Klopfen zu hören. Bill, der wissen wollte, wie es mir geht. Ich ging auf die Veranda hinaus, stieß die Tür auf und sagte: »Ich kann jetzt einfach nicht reden …«
Eric stand auf den Stufen, mit goldblond leuchtender Mähne und silbrig schimmerndem Gesicht. Na klar, der Mondschein schmeichelte ihm.
»Was willst du hier, verdammte Scheiße?« Ich sah über seine Schulter hinweg. Bill war nirgends zu sehen. »Ich bin nicht mehr deine Ehefrau, schon vergessen? Solltest du nun nicht mit Freyda … deine neue Beziehung
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