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Vampirmelodie

Vampirmelodie

Titel: Vampirmelodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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aus in ihren rosa Caprihosen und dem geblümten Trägershirt. Doch alle Erleichterung, die ich beim Anblick dieses mir vertrauten Gesichts verspürt haben mochte, wurde sogleich wieder hinweggefegt von noch mehr Anspannung, als ich Felipe de Castro – den König von Nevada, Louisiana und Arkansas – und Freyda, die Königin von Oklahoma, erkannte. Ich war sicher gewesen, dass sie da sein würden, der eine oder die andere, aber beide zusammen … mein Herz sank.
    Die Anwesenheit gekrönter Häupter bedeutete nie etwas Gutes.
    Felipe saß hinter dem Schreibtisch, natürlich in Erics Stuhl, flankiert von seiner rechten Hand Horst Friedmannund seiner Gemahlin Angie Weatherspoon. Angie war eine langbeinige Rothaarige, mit der ich kaum mehr als zwei Worte gewechselt hatte. Und ich würde sie auf ewig hassen, weil sie in spitzen High Heels auf Erics Lieblingstisch herumgetanzt hatte.
    Vielleicht würde ich mal einen Rap-Song mit dem Titel »Flankiert von seinen Faktoten« schreiben.
    Vielleicht war Erics Tisch gar nicht mehr mein Problem.
    Vielleicht sollte ich besser zur Vernunft kommen anstatt durchzudrehen.
    Felipe de Castro saß, wir standen. Eric und ich waren buchstäblich vor den König zitiert worden.
    »Ganz in Schlicht heute, Sookie«, sagte Pam. Klar, sie musste natürlich eine Bemerkung über mein Kellnerinnen-Outfit abgeben. Vermutlich roch ich auch nach Pommes frites.
    »Ich hatte keine Wahl«, erwiderte ich.
    »Miiis Stekhass«, begann Felipe de Castro freundlich. »Wie schön, Sie wiederzusehen.«
    »Hmmm«, machte Freyda in ihrem Stuhl an der Wand der Tür gegenüber. Sie war anscheinend anderer Meinung.
    Ich sah mich um und bemerkte, dass eine ausdruckslose Karin die Tür blockierte. Pam war Emo-Emma verglichen mit Karin. »Ich werde direkt vor der Tür warten«, verkündete Erics älteres Geschöpf, trat einen Schritt zurück und schloss dann sehr vernehmlich die Tür.
    »Tja, da wären wir also, eine große weitläufige Familie«, sagte ich. Da sieht man mal, wie nervös ich war.
    Pam verdrehte die Augen. Sie schien nicht der Ansicht zu sein, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für Humor war.
    »Sookie«, sagte Felipe de Castro, und ich sah, dass wir hier in allen Ehren einbestellt worden waren. »Eric hat Sie herbeigerufen, um Sie aus der Ehe mit ihm zu entlassen.«
    Es war, als wäre mir mit einem großen toten Fisch ins Gesicht geschlagen worden.
    Ich zwang mich, reglos zu bleiben, und ließ meine Miene erstarren. Etwas halberlei wollen, vermuten oder sogar erwarten ist das eine – etwas wissen das andere. Wissen hat wenigstens eine bestimmte Klarheit an sich, aber auch einen heftigeren, tieferen Schmerz.
    Sicher, ich hatte gemischte Gefühle gehabt, was meine Beziehung mit Eric anging. Sicher, ich hatte mehr oder weniger die Schrift an der Wand gesehen. Aber trotz Erics kurzem Besuch um Mitternacht und seiner hastigen Warnung vorhin war diese unverblümte Verkündung ein Schock – ein Schock, den ich mir nicht anmerken lassen würde, nicht vor diesen Geschöpfen. Ich begann, in meinem Inneren kleine Räume meiner selbst abzutrennen – genau solche wie jene, die theoretisch dafür sorgen sollten, dass die »Titanic« unsinkbar war.
    Ich sah Freyda nicht ein Mal an. Wenn ich Mitleid in ihrem Gesicht entdeckt hätte, hätte ich mich auf sie gestürzt und versucht sie zu verprügeln, ob das nun Selbstmord bedeutet hätte oder nicht. Ich hoffte, dass sie spöttisch grinste in ihrem Triumph, das wäre erträglicher gewesen.
    Eric ins Gesicht zu sehen kam auch nicht infrage.
    All diese Wut und dieses Leid fegten durch mich hindurch wie ein Unwetter. Als ich sicher war, dass meine Stimme nicht zittern würde, fragte ich: »Ist irgendein Papier zu unterzeichnen, irgendeine Zeremonie durchzuführen? Oder soll ich einfach gehen?«
    »Es gibt eine Zeremonie.«
    Natürlich. Vampire hatten für alles ein Ritual.
    Pam kam mit einem vertrauten schwarzen Samtbündel in der Hand zu mir. Zu meiner seltsam unbestimmten Überraschung – denn eigentlich empfand ich kaum irgendwelche Gefühle – beugte sie sich vor, setzte mir einenkalten Kuss auf die Wange und sagte: »Du ritzt dir nur selbst den Arm ein und sagst ›Dies ist nicht länger dein‹ zu Eric. Dann gibst du ihm den Dolch.« Sie schlug den Samt zurück, und der Dolch kam zum Vorschein.
    Der Zeremoniendolch glänzte, war reich verziert und sehr scharf, genau so wie ich ihn in Erinnerung hatte. Einen Augenblick lang verspürte ich den Drang, ihn in eins

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