Vampirwelt
über meinem Kopf hinweg und verschwand in der dichten Finsternis, wobei ich noch glaubte, ein schrilles Lachen zu hören. Es wäre nicht so unwahrscheinlich gewesen, denn Mallmann, der sich diese Welt ausgesucht hatte, wahrscheinlich auch mit Assungas Hilfe, verfügte über die Gabe, sich in eine Fledermaus zu verwandeln. So konnte ich durchaus davon ausgehen, daß all meine Taten unter einer gewissen Kontrolle standen.
Ich wartete.
Die Fledermaus kehrte nicht zurück. Ich hörte auch keine anderen Laute und konnte mich endlich um den Einstieg kümmern.
Doch diese Welt war voller Wunder. Sie stand unter Kontrolle, sie wurde regiert, was ich wiederum merkte, als die Dunkelheit nicht mehr so intensiv war.
Ich war fasziniert, mein eigenes Vorhaben hatte ich vergessen, denn der Blick in diese Welt ließ auch den Schauer in mir hochsteigen. Es waren die innere und die äußere Gänsehaut, die mich gefangenhielten, und unsichtbare, kalte Eiswürfel preßten meinen Magen zusammen.
Licht war für diese Welt tödlich. Ihre Helligkeit war eine andere, eine ganz besondere, und zum erstenmal sah ich den alten Friedhof.
Er war vergessen worden. Er stand in der Leere. Ihn hatte auch kein Künstler geschaffen, es sei denn, er wollte ein Dokument des Schreckens hinterlassen.
Särge, Grabsteine – viele davon schief im Boden stehend, als wollten sie stumme Anklagen sprechen. Der alte Geruch von Moder durchzog den Ort und war begleitet von einer klebrigen Kälte, die auch ich zu spüren bekam.
Meine Nackenhaare stellten sich quer. Ich roch die Gefahr, nur sah ich sie nicht.
Lauerte sie in einem der Särge?
Es war durchaus möglich, denn Tommy Hayer hatte eine schreckliche Gestalt entdeckt und irrsinnige Angst gespürt. Nur war er da nicht wie ich mit seinem gesamten Körper in dieser Welt gewesen.
Ich wurde belauert, nur wußte ich nicht, von wem und aus welcher Richtung.
Ich näherte mich dem ersten Sarg mit sehr langsamen Schritten. Der weiche Boden sorgte für ein leichtes Einsinken meiner Füße. Neben der alten Totenkiste blieb ich stehen. Mir fiel auf, wie schief der Deckel lag, und ich hob den rechten Fuß an, um gegen ihn zu treten. Mit der Sohle erwischte ich ihn und schleuderte ihn vom Oberteil weg zur Seite. Er blieb liegen, ich hatte freie Sicht und brauchte nicht einmal die Lampe anzuknipsen, um erkennen zu können, was sich in dem Sarg befand.
Jetzt wußte ich, was Tommy einen irrsinnigen Schrecken eingejagt hatte.
Es war diese widerliche Gestalt. Eine Mischung aus Mensch und Skelett, wobei sich alter Staub um die vermoderten Fleischreste und die bleichen Knochen gedreht hatte. In den nicht ganz leeren Augenhöhlen hatte sich der Schmutz zusammengepappt. Da er sich an gewissen Stellen bewegte, ging ich davon aus, daß Maden und Würmer ihn durchkrochen.
Es klebte auch Erde zwischen dem halben Gerippe. So etwas war ideal für eine Welt, wie Mallmann sie mochte.
Ich aber nicht!
Ich wollte wissen, woran ich war.
Als sich diese halb skelettierte Gestalt bewegte, war es mir klar. Vor mir lag ein lebender Toter, ein Zombie, ein Vampir, und ich spürte den Haß wie einen gewaltigen Strahl, der auch mein Gehirn überschwemmte. Aus meinem Mund drang ein keuchender Laut, als ich die Faust nach vorn stieß und sie in den Knochenkopf hineinrammte, dessen Gefüge dem Druck nicht standhielt und zerbrach.
Da flogen die Knochen auseinander, Staub wollte hoch, und mit dem rechten Fuß trat ich in den Sarg hinein und gegen den Körper. Auch der hielt nicht mehr stand. Er verwandelte sich in einen Haufen aus Splittern und bleichen Knochenresten, so daß ich sicher sein konnte, daß sich diese Gestalt nicht mehr erheben würde.
Dann fuhr ich herum, weil ich den Eindruck hatte, daß sich etwas ändern würde.
Der Friedhof war derselbe geblieben, nur blickte ich jetzt in eine Richtung, wo etwas stand, das ich bisher noch nicht entdeckt hatte.
Das Haus!
Schief, klein, kantig, als wäre es eine Hütte, die jemand aus der Vergangenheit hervorgeholt hatte, um sie in diese Welt zu verfrachten, wo sie dann bis zum Zusammenbruch stehenblieb.
Tommy Hayer hatte uns noch mehr erzählt. Er hatte hinter zwei Fenstern ein bleiches Licht gesehen, und das fiel mir natürlich auch auf. Im nachhinein mußte ich ihm recht geben, es war nicht das Licht, wie wir es gewohnt waren, es war einfach zu bleich und kalt, als wären dort die Strahlen des Mondes aufgefangen worden.
Vampirlicht…
Es paßte zu dieser Welt, die eigentlich im
Weitere Kostenlose Bücher