Vampirzorn
Verräterin werden ...« Seine Finger schlossen sich fester um ihren dürren Hals, und der alten Katrin war durchaus bewusst, welch furchtbare Kraft ihnen innewohnte.
»Ich würde niemals Verrat an dir üben, mein Gebieter«, keuchte sie. Seine Augen waren blutunterlaufen, seine Lippen kräuselten sich, entblößten lange Zähne, von denen der Geifer troff; blutigrot zeichnete sich die gespaltene Zunge vor dem gerippten Schlund ab. »Du bist weniger Wert als Abfall«, sagte er, indem er sie an sich zog. »Und sollte mir auch nur das Geringste zu Ohren kommen, werde ich dich, ohne zu zögern, von der Klippe stürzen. Du bist ein Stück Dreck, mehr nicht. Kapiert?«
Doch mehr als ein Würgen brachte Katrin nicht zustande. Ihr blieb nichts anderes übrig, als durchzuhalten und ihm ihre sich verzweifelt windende Zunge entgegenzustrecken.
Schließlich ließ er sie los und stieß sie von sich, sodass sie über den marmornen Fußboden stolperte. »Geh’ jetzt und betrete nie wieder mein Gemach!« Sich den Hals haltend, machte sie, dass sie wegkam.
Danach kleidete Antonio sich an. Ihm war klar, dass er, so, wie er am ganzen Körper zitterte, heute morgen keinen Schlaf mehr finden würde. Doch kaum war er fertig, hielt er inne, hob den Kopf und lauschte angespannt, als tief unter ihm eine Stimme erscholl:
Zweihundert Jahre lang kämpfte ich dagegen an, mein Sohn, mein lieber, guter Toni, ehe es die Oberhand gewann und ihr mich hier unten einsperrtet. Doch mit ein bisschen Hilfe – mit meiner Hilfe und meinem Wissen –, könnte dein Kampf sogar länger währen. Solange ich mich hier in Sicherheit befinde, bist auch du sicher. Doch, ach! ... Sieh dir doch an, wie sehr unsere Rollen vertauscht sind, mein guter, lieber Junge!
Danach herrschte Schweigen ...
Drei Tage später:
In seinem Bau hoch oben in den Cairngorms war der Hunde-Lord Radu hellwach, so wach wie nie zuvor während der letzten sechshundert Jahre. Zwischenzeitlich hatte Bonnie Jean Mirlu die über das ganze Land verstreuten, noch lebenden Söhne der Söhne seiner Knechte verständigt und sie aufgefordert, nach Schottland zu kommen, um alles für seine Ankunft vorzubereiten und ihn in der Stunde seiner Auferstehung zu beschützen. Er wusste, dass dem so war; denn beim letzten Vollmond hatte er seine Sinne schweifen lassen, um sie selber aufzuspüren und B. J.’s Anweisungen zu unterstreichen.
Und als echte Mondkinder hatten sie ihm geantwortet. Radu hatte ihre Antwort gespürt, das Geheul, das sich über das Moorland – über die Hügel von Dartmoor und in Bodmin – erhob, und das Gejaule des alten John in Inverdruie. Aber bloß drei? Waren nur drei Abkömmlinge seiner Mondkinder übrig? Gut, mit Bonnie Jean vier, und noch eine Handvoll weiterer, wenn er ihr kleines Rudel dazu zählte.
Doch was nun ihre Mädchen anging, waren diese eher Bonnie Jean ergeben und nicht ihm. Was allerdings verständlich war, fand der Hunde-Lord, immerhin war B. J. ja eine Wamphyri ...
... und mit jedem Vollmond wurde dies offensichtlicher.
Im Augenblick hatte der Himmelskörper seinen Zyklus zur Hälfte durchlaufen, es war Halbmond. Noch zwei Wochen, dann wäre er wieder voll. Ursprünglich hatte Radu vorgehabt, Harry Keogh beim Mai-Vollmond zu sich kommen zu lassen. Die Auferstehung des Hunde-Lords war für den darauf folgenden Monat vorgesehen. Der Alte John jedoch – den Radu »ins Vertrauen gezogen« hatte – ging davon aus, dass der Hunde-Lord alles um zwei Monate vorverlegen würde ... was dieser einstmals ja auch tatsächlich im Sinn gehabt hatte. Doch nun hatte es sich der alte Wolf in seinem Grab aus Harz anders überlegt.
Der Alte John war völlig vernarrt in seine »kleine Mistress«; er war schon sehr lange, vielleicht zu lange ihr Knecht. Wer vermochte schon zu sagen, wie viel sie aus ihm herausbekommen hatte? Dies war mit ein Grund, weshalb Radu seine Pläne umgestoßen und seine Auferstehung bereits auf Ende Februar, in wenigen Wochen also, gelegt hatte!
Ein weiterer Grund bestand darin, dass er es nicht mehr abwarten konnte, B. J.’s geheimnisvollem Mister Keogh endlich von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, der sich sehr wohl als Radus Mann-mit-den-zwei-Gesichtern erweisen konnte, auf den er in seinen Wahrträumen bereits so oft einen flüchtigen Blick erhascht hatte; als der Mann, der da sein und ihm womöglich »beistehen« würde, wenn er am dringendsten Hilfe brauchte.
Nun, nur noch zwei Wochen, dann würde der Hunde-Lord diesem Harry
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