Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
abwandte, während Toni das seidene Tuch wieder über den Sarg schlug.
    Im ersten Augenblick wollte Sclafani sich widersetzen, doch dann ergab er sich in das Unvermeidliche. »Aber ich darf sie doch besuchen?«
    »Diese Stätte, wo sie ihre letzten Jahre verbrachte?« Francesco schien zu überlegen. »Nun, wir werden sehen. Um hier, auf dem Gelände der Manse Madonie, auf ihren Spuren zu wandeln? Vielleicht. Aber die Gruft? Das geht leider nicht, noch nicht einmal jetzt. Dort unten liegen die Francezcis, Julio, ungestört im Leben wie im Tod. Wir sind seit jeher stolz gewesen, auch stolz darauf, Julietta bei uns zu haben. Und wir hatten gehofft, es würde dich ebenfalls mit Stolz erfüllen zu wissen, dass sie sich hier befindet. Mag sein, dass wir uns damit zu viel einbildeten ...«
    »Nein, nein!«, widersprach Julio. »Ich wollte nicht ...«
    »... Doch falls dem so ist, hielten wir auch große Stücke auf Julietta, ganz zu schweigen von dir.«
    »Sie sind ... sehr freundlich zu mir und den Meinen.«
    Francesco begleitete ihn zur Tür und hinaus in den Innenhof, umarmte ihn, schüttelte ihm die Hand und übergab ihn der Fürsorge Marios, des Chauffeurs. Er sah zu, wie die überlange Limousine langsam mit ihm vom Hof rollte. Mittlerweile hatten sich die übrigen Trauergäste, in der Hauptsache Gefolgsleute der Francezcis, zerstreut. Anschließend kehrte Francesco zu seinem Bruder zurück, der mit den Sargträgern sprach.
    »Rasch jetzt«, befahl Toni ihnen. »Bringt sie hinab an die Grube und wartet dort auf uns. Aber geht auf keinen Fall rein, solange wir nicht da sind.« Nachdem sie gegangen waren, wandte er sich an Francesco: »Es lief doch alles ganz gut!«
    »Hmmm? Glaubst du?«, meinte Francesco geistesabwesend; er schien mit den Gedanken woanders.
    »Was?« Toni blickte ihn stirnrunzelnd an. »Was soll das? Erzähl’ mir jetzt bloß nicht, dass sie dir wirklich fehlt!«
    Sein Gegenüber richtete sich auf. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht. Aber eines ist sicher: Sie schläft ihren letzten Schlaf, den Schlaf der Verwandlung. Mein Fehler, ich weiß. Aber ob ich sie ›vermisse‹ oder nicht, spielt nun keine Rolle mehr. Was von Belang ist, ist die Tatsache, dass wir uns keine weiteren Ferenczys im Haus leisten können – und schon gar keine Lady!«
    »Gut!«, nickte Toni. In der Düsternis wirkten seine Augen tierhaft, in ihrem Innern glommen sie rot. »Einen Augenblick lang dachte ich schon ... nun, es kam mir so vor, als hättest du dich in sie verliebt!«
    Francesco lächelte, wenn auch grimmig. »Verliebt? Oh, nein. Julietta war nur so ... Man hatte so leichtes Spiel mit ihr. Sie hier zu haben, machte alles so einfach. Ich glaube, im Grunde bin ich einfach nur faul, das ist alles. Aber sie vermissen? Die Nummern mit ihr werden mir fehlen, das schon. Was das angeht, war sie ziemlich gut!«
    »Na ja, du hast es ihr ja auch beigebracht«, kicherte Toni.
    »Hm, ja, das stimmt natürlich!«, lachte Francesco.
    Damit folgten sie den Sargträgern hinab zur Grube ...
    In den Eingeweiden der Manse Madonie – im untersten Geschoss der Stätte, in einer Höhle, die zum größten Teil natürlich, zum Teil aber auch aus dem gewachsenen Fels gemeißelt war, befand sich die Grube. Ihre Öffnung glich einem Brunnenschacht. Seine Ummauerung war knapp einen Meter hoch und bestand aus massiven, in grauer Vorzeit behauenen Steinblöcken. Einst, in der Frühzeit der Stätte, vor vielen hundert Jahren, war es in der Tat ein Brunnen gewesen. Er reichte gut fünfundzwanzig Meter in die Tiefe und hatte aus einem Hohlraum im vulkanischen Gestein Wasser geliefert.
    Nun standen die Francezcis am Rand der Grube und überlegten, wie sie weiter vorgehen sollten. Leise, ein bisschen unsicher, meinte Toni: »Unsere – oder vielmehr deine – Julietta kann man ja wohl kaum als rein bezeichnen.«
    »Rein?« Francesco zuckte die Achseln. »Wer ist das schon heutzutage? In ganz Palermo findest du keine gut aussehende Jungfrau mehr über sechzehn!«
    »Nun, das stimmt«, sinnierte sein Bruder. »Aber du weißt doch, wie er sie mag. Und sie ist noch nicht einmal sauber – jedenfalls nicht so durch und durch, wie er es gewöhnt ist.«
    »Was?« Francesco war ein Choleriker, wenn er gut gelaunt war, und im Moment war seine Laune alles andere als gut. »Was willst du damit sagen? Hätten wir sie vielleicht auch noch reinigen sollen? Dem üblichen Ritual unterziehen und das Risiko eingehen, sie vor der Zeit aufzuwecken? Ich

Weitere Kostenlose Bücher