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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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kehrte sie ins Leben oder vielmehr in den Untod zurück! Julietta war noch nie hier unten gewesen, darum war sie im ersten Augenblick völlig orientierungslos.
    Dann sah sie Tonio, seinen Gesichtsausdruck ...
    ... und ihre Augen weiteten sich, als sie mit dem Scharfsinn eines Vampirs begriff und erkannte, dass sie eigentlich gar nicht mehr am Leben sein sollte und es sehr wohl bald enden könnte. Die Zählebigkeit der Wamphyri! Juliettas schlanke, marmorgraue Arme, in denen sich in zartem Blau die Adern abzeichneten, griffen nach ihm. Sie krümmte die zentimeterlangen, lackierten Fingernägel zu Klauen, um sie ihm wie Haken ins Fleisch zu schlagen.
    Doch dazu kam es nicht. Aufgrund von Juliettas plötzlichen Bewegungen neigte sich die Plattform zur Seite. Sie kippte, und Julietta stürzte in den Abgrund. Mit hervorquellenden Augen und wehendem Haar verschwand sie aus Tonis Blickfeld. Sie schrie – eher vor Wut als Entsetzen –, und ihr Schrei hallte im engen Schlund des Schachtes wider.
    Sie ist mein!, erscholl ein kehliges Grunzen reinster Lust aus der Tiefe des Brunnens. Endlich ein Leckerbissen! Von meinem Antonio für seinen ihn liebenden Vater!
    Bebend kurbelte Antonio das Gitter aus Drahtgeflecht über die Öffnung der Grube zurück. Erst dann, nachdem er den Strom eingeschaltet hatte und ein Surren und Summen davon kündete, dass das elektrische Feld wieder hergestellt war, begann sein Atem normal zu gehen.
    »Du wusstest doch, dass sie da war«, sagte er zu Angelo. »Francesco und ich, wir sprachen über sie, während du uns belauschtest.«
    Doch Angelo hörte schon nicht mehr zu. Nun war es an seinem Sohn, die Ohren aufzusperren. Er lauschte dem obszönen, ungläubigen Kreischen Juliettas, ihrem »Nein, nein«, das sie immer wieder gequält hervorstieß und das doch nur auf taube Ohren traf, als das Wesen, das einst Angelo Ferenczy gewesen war, sie erforschte . Dann vernahm er ein Splittern und Saugen und Reißen und schließlich das Geräusch berstenden Fleisches. Juliettas Schreie erstarben. Toni schwindelte, als ihm klar wurde, dass sie ihn um ein Haar mit sich in die Grube gezerrt hätte.
    Und wäre es ihm dann anders ergangen als ihr?
    Wahrscheinlich nicht ...
    Als Toni fast eine Stunde später aus den Eingeweiden der Manse Madonie wieder in die nicht vom Wahnsinn beherrschten Geschosse emporstieg, wartete Francesco bereits auf ihn. Toni war erschöpft und unternahm keinen Versuch, dies zu verbergen. Ohne ein Wort zu sagen, fuhr Francesco mit ihm im Landrover durch das unwegsame Gelände ihrer mit Buschwerk bewachsenen Hochebene zu einem felsigen Vorgebirge, von dem aus man das Tyrrhenische Meer überblickte. Nachdem Francesco den Wagen neben einem Felsvorsprung abgestellt hatte, hinter dem man sie von der Manse Madonie aus nicht sehen konnte, zündete er zwei Zigaretten an, reichte eine davon seinem Bruder und meinte: »Nun, wie ist es gelaufen?«
    »Sehr gut«, sagte Toni mit einem Nicken. »Guter Cop, böser Cop – eine gute Idee. Es hat einwandfrei funktioniert.«
    »Hah!«, lachte sein Bruder. »Gut! Und komme mir bloß nicht mehr damit, dass ich mir zu viele amerikanische Filme ansehe, eh?«
    »Es lief gut«, sagte Toni abermals, allerdings regungslos – so als habe etwas jedes Gefühl aus ihm gesaugt. Er zeigte keinerlei Anzeichen der Hochstimmung seines Bruders. »Was an sich wiederum Probleme bedeutet.«
    »Eh?« Francesco hörte auf zu kichern. »Sag’ das noch mal! Was für Probleme denn?«
    »Schwierigkeiten zuhauf«, entgegnete Toni, »falls wir ihm glauben können. Und ich glaube, das können wir.«
    »Erzähl’ schon!«
    Tonis Gesicht wirkte im trüben Dämmerlicht grau. Ein Windstoß vom Meer her wehte ihm eine Locke seines schwarzen Haars über die hohlen Wangen.
    »Zunächst einmal wird es ziemlich bald geschehen«, sagte er. »So wenig Zeit. Radus Auferstehung – nur noch drei Monate, dann bricht die Hölle los!«
    Francesco packte seinen Bruder am Arm. »Hat unser Vater das vorhergesehen? Und glaubst du seinen Vorhersagen? Wie kann er sich, wie können wir uns dessen sicher sein? Immerhin hat Angelo sie nicht mehr alle.«
    »Das mag sein«, entgegnete Toni. »Aber kannst du dich entsinnen, dass er sich jemals irrte? Außerdem sagt er ja gar nichts vorher, nicht in diesem Fall. Er hat es belauscht.«
    »Er hat was?«
    »Seit zwei, drei Jahren schweigt er jetzt und hat seine Launen. Und dass er immer schwieriger wird und keine Lust mehr hat, mit uns zusammenzuarbeiten – kurz,

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