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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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dessen übersinnliche Fähigkeiten unglaublich stark ausgeprägt waren, war diese Verbindung sehr eng, etwa so, als würden sie ganz normal miteinander reden ... oder vielmehr, sie konnte bestehen, sofern Angelo dies zuließ. Er wusste um seine Fähigkeiten, und ihm war auch klar, dass allein sie der Grund dafür waren, dass er noch am Leben war. Darum hütete er sie eifersüchtig.
    In letzter Zeit war es schwieriger denn je, den Kontakt zu ihm herzustellen. Man musste ihm schon etwas bieten, und das Einzige, womit er sich bestechen ließ, waren menschliche Wesen; für etwas anderes hatte das Ding in der Grube keine Verwendung. Er war eben, was er war: eine Masse unkontrollierbaren Vampirfleisches, ein aus vielerlei Teilen bestehendes Ungeheuer, das über keinen seiner Bestandteile die Kontrolle hatte. Noch nicht einmal über seinen Geist ... jedenfalls nicht zur Gänze. Demnach war er also verrückt. Oder zumindest ein mutiertes Wesen, das vollkommen durchgedreht war.
    »Verrückt«, murmelte Toni vor sich hin, während er sich über die Ummauerung des nicht mehr in Gebrauch befindlichen Schachtes beugte. »Sein Denken dreht sich im Kreis. Was er alles weiß! Aber alles nur verworren und durcheinander, angefüllt mit den Störungen der zahllosen Bewusstseine, die er sich einverleibt hat und die jetzt in seinen Geist überschwappen. Und doch will er sie nicht aufgeben und sie von sich stoßen und sterben lassen. Sie sind seine körperlosen ›Knechte‹, seine einzige Verbindung zur materiellen Welt, alles, was ihm an Macht geblieben ist. Und selbst was das angeht, ist seine Macht begrenzt; er vermag diese zahllosen Geister nicht zu beherrschen, er kann sie lediglich ausblenden. Wie soll er ihnen drohen, wo er ihnen doch nicht mehr wehtun kann? Grauenhaft: Über solch Ehrfurcht gebietende Fähigkeiten zu verfügen und doch dort unten in seiner Grube gefangen zu sein. Er kann die ganze Welt ausspähen und sitzt doch hier fest; er vermag so gut wie alles herauszufinden, was er nur möchte, aber das Einzige, was er mit diesem Wissen anfangen kann, ist, es an uns weiterzugeben. Frustration ... Hunger ... und Wahnsinn. Oh, unser Vater ist in der Tat verrückt! Doch wem ginge es anders an seiner Stelle?«
    »Verrückt«, knurrte dicht neben ihm Francesco nervös. Mit über der Brust verschränkten Armen stand er da, bemüht, völlig entspannt auszusehen. »Ja, das ist er, ganz sicher – vollkommen durchgedreht!«
    »Pssst!« , ermahnte Toni ihn. »Er regt sich und versucht, sich zu konzentrieren. Er ... er spürt , dass ich meine Sinne nach ihm ausstrecke und ihm meine Gedanken öffne. Sieh nur, da unten ...«
    Francesco trat einen kleinen Schritt nach vorn und blickte hinab in den übel riechenden Brunnen, aus dem nun dichtere Schwaden aufstiegen. Aus der Finsternis tief unten, wo der Schacht sich in die uralte vulkanische Höhlung erweiterte, starrten ihm die Augen seines Vaters entgegen. Ziemlich viele Augen, starr, rot und voller Hass im stinkenden Dunst der Grube.
    Toni musste sich konzentrieren. Ohne auch nur einen Blick auf seinen Bruder zu werfen, merkte er, wie dieser zögernd wieder zurückwich. Denn all seinem prahlerischen Wagemut zum Trotz fürchtete Francesco den alten Ferenczy. Und dies nicht ohne Grund.
    Treulooossss! , erscholl mit einem Mal ein Zischen. Das Flüstern ihres Vaters strich wie ein kalter Hauch durch das Bewusstsein der beiden, doch schon im nächsten Moment schwoll es an: Du, mein Sohn! Jaaa, duuu, Francesco – treulos wie eh und je! Und deine Heimtücke ist ansteckend. Jetzt hast du auch noch deinen Bruder damit infiziert!
    »Oh, nein, Vater«, widersprach Toni. Er sagte es laut, bemüht, seiner Stimme dabei einen ruhigen Klang zu geben. »Und außerdem, ist es denn Heimtücke, wenn man einen Akt der Gnade in Betracht zieht? Dein Elend währt doch schon so lange ...«
    Einen Augenblick lang herrschte überraschtes Schweigen. Oh? , kam es dann. Und woher willst du das wissen? Dass es mir elend geht? So elend, dass du es für eine Gnade halten würdest, mich von meiner Last zu erlösen? Wie nett von euch! Wie bedacht ihr doch um mich seid – ihr mordlüsternen Bastarde! Eure Mutter starb bei eurer Geburt. Aber hätte sie gewusst, was für einen Abschaum sie da zur Welt brachte, hätte es sie ohnehin umgebracht!
    »Er hat uns belauscht!«, knirschte Francesco zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Sagte ich es dir nicht? Er ist vollkommen wahnsinnig! Hör’ auf mich, Tonio, lass dich nicht

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