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Vampyr

Vampyr

Titel: Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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von Gil und Kerr wegzubekommen«, grinste John und schlug ihr kameradschaftlich auf die Schulter. »Komm mit, ich zeig dir alles.«
    Im ersten Augenblick wollte sie protestieren. Dann jedoch kam ihr der Gedanke, dass sie auf diesem Weg viel über die Bewohner Dun Bònachs erfahren konnte. Wer weiß, womöglich finde ich ja den Auftraggeber. Dann wäre diese Maskerade beendet.
     
    *
     
    Catherine hatte immer geglaubt Dun Brònach bis in den letzten Winkel zu kennen. John belehrte sie eines Besseren. Er führte sie durch Gänge und über Stiegen, die nur die Dienerschaft benutzte, während er in den schillerndsten Farben über die Burg und ihre Bewohner berichtete – über Menschen, die Catherine ihr ganzes Leben lang kannte. Sie hätte sich langweilen müssen. Stattdessen ertappte sie sich dabei, wie sie gebannt an seinen Lippen hing. Zu hören, was ein Bursche über die Bewohner zu sagen hatte, vermittelte Eindrücke, die ihr bisher verwehrt geblieben waren.
    Überall lauerten alte Erinnerungen. Viele davon so schmerzhaft, dass sie unwillkürlich die Kiefer hart aufeinander presste. Ein bekanntes Gesicht, ein Gang oder Raum genügten, um ihre Gedanken weit in die Vergangenheit zurückzuwerfen. Selbst die schönen Dinge, deren sie sich zu entsinnen vermochte, hinterließen einen schalen Nachgeschmack, stammten sie doch aus einer Zeit, die unwiederbringlich verloren war. Catherine versuchte die Bilder aus ihrem Kopf zu zwingen, während ihre Augen unermüdlich auf der Suche nach jener vertrauten Geste waren.
    Plötzlich packte John sie und schob sie in eine Nische. »Pscht«, zischte er, als sie zu einem Protest ansetzte. »Da vorne ist Esmè! Die erste Kammerfrau! Wenn du nicht willst, dass sie uns für den Rest des Tages für irgendwelche Arbeiten einspannt, folgst du mir auf mein Zeichen.«
    Catherine nickte. John beugte sich vor und spähte um die Ecke. Einen Herzschlag später huschte er über den Gang. Er schaute noch einmal kurz in Richtung der ersten Kammerfrau, dann schob er eine Tür auf und bedeutete Catherine ihm zu folgen. Sie schloss zu ihm auf und schlüpfte hinter ihm in den Raum. Überall standen Wäschetruhen an den Wänden, und unter einem Tisch stapelten sich leere Weidenkörbe.
    »Esmè ist sonst schon schwer zu ertragen«, erklärte John, kaum dass sie die Tür geschlossen hatte, »aber unmittelbar vor dem Tag der Ushana … Sie kommandiert das Gesinde herum, als wäre sie der Hauptmann der Burgwache. Wie eine Furie ist sie hinter uns her, damit auch ja alles glänzt und funkelt! Dabei ist die Burg an dem Tag ohnehin wie ausgestorben.«
    Wie alle anderen hatte auch Catherine sich Jahr für Jahr am Tag der Ushana bei Einbruch der Dämmerung in der Kirche von Asgaidh eingefunden, wo Vater Ninian eine Messe hielt und den Schutz Gottes erflehte, bis es um Mitternacht an der Zeit war, zum Marktplatz zu gehen. Dort entzündete der Earl den Scheiterhaufen, in dessen Zentrum eine mit Stechginster ausgestopfte Lumpenpuppe – ein Abbild der Ushana – an einen Pfahl gebunden war. Jahr für Jahr wurde die Ushana symbolisch von den Flammen geläutert, um ihren bösen Geist aus dem Glen Beag fern zu halten. Noch lange, nachdem das Feuer erloschen war, hing der durchdringende süße Geruch des verbrannten Stechginsters über dem Ort. Man aß und trank und lauschte den unheimlichen Geschichten, die traditionsgemäß in dieser Nacht erzählt wurden. Wie oft hat Martáinn versucht mich mit alten Schauermärchen zu erschrecken?
    »Willst du den Earl sehen?«, fragte John unvermittelt. »Ich weiß, wo wir ihn um diese Zeit zu Gesicht bekommen können.«
    »Nein!«, entfuhr es ihr. Hastig fügte sie hinzu: »Ich muss noch … Vielen Dank für deine Hilfe.« Ehe der verdutzte John etwas erwidern konnte, machte sie kehrt und floh aus der Kammer. Der Gedanke, Martáinn zu begegnen, trieb sie davon. Auf dem Marktplatz hatte sie sich zwischen den unzähligen anderen Gesichtern verstecken können. Hier, innerhalb der Mauern Dun Brònachs, war die Gefahr, dass Martáinn sie erkannte, ungleich größer. Dieses Risiko wollte sie nicht eingehen.
    Auf dem Gang hielt Catherine Ausschau nach Esmè, doch die erste Kammerfrau war nicht mehr zu sehen. Froh, zumindest im Moment niemanden in ihrer Nähe zu haben, den sie mit ihrer Verkleidung täuschen musste, drehte sie sich um und folgte dem Gang. Sie vergrub die Hände in den Falten ihres Plaids und überlegte, was sie jetzt tun sollte.
    »Bursche!«
    Catherine erkannte die

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