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Vampyr

Vampyr

Titel: Vampyr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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nun seinen Willen hatte, ruhte seine Hand noch immer unter ihrem Kinn. »Du hast deinen Vater geliebt. Das ist nichts Verwerfliches.« Die Worte gruben sich tief in ihr Herz. Als er fortfuhr, hielt sie den Atem an: »Dein Vater mag ein Mörder und Ränkeschmied gewesen sein, aber eines weiß ich mit Sicherheit: Er hat dich ebenfalls geliebt. Vielleicht war das der Grund, warum er sich all die Jahre so sehr bemühte sein Tun vor dir zu verbergen. Womöglich hat er sich tief in seinem Herzen für sein Handeln geschämt und hatte Angst, es nicht zu ertragen, wenn du erkannt hättest, wozu er fähig war. Du hattest gar keine Möglichkeit, etwas anderes als deinen Vater in ihm zu sehen.«
    Catherine brachte keinen Ton hervor. Ausgerechnet Daeron ap Fealan sprach sie von aller Schuld frei. Die Welt verschwamm vor ihren Augen und einen Herzschlag lang glaubte sie, sie würde ohnmächtig werden. Dann begriff sie, dass sie weinte.

4
    Kurz nach Mittag kehrten sie zurück. Catherine fühlte sich müde und auf seltsame Weise verwirrt. Das Grab ihres Vaters zu sehen war schlimm gewesen, doch es war Daerons Verhalten, das sie beschäftigte. Die Wärme, mit der er sie behandelte, erstaunte sie. Als wäre ich etwas Kostbares.
    Zurück in seinem Schlafzimmer zwang Daeron sie sich hinzulegen. Catherine wollte widersprechen. »Versuch es gar nicht erst«, sagte er kopfschüttelnd und breitete die Decke über sie. Einen Moment stand er reglos da und betrachtete sie in nachdenklicher Sorge. Eine senkrechte Falte bildete sich zwischen seinen Augen. Dann glättete ein Lächeln seine Züge. »Ich bin froh, dass du hier bist.«
    Catherine wusste nicht, was sie sagen sollte. Zu ihrer Erleichterung schien er keine Antwort zu erwarten. Er ging zum Fenster, zog die Vorhänge zu und verließ das Gemach.
    Lange Zeit lag sie still, starrte in den Halbdämmer und versuchte, nicht ständig an Daeron zu denken. Als sie am Grab von Trauer überwältigt worden war, hatte er sie in den Arm genommen. Eine einfache Geste, tröstlicher als alle Worte. Sie hatte ihre Finger in das weiche Leder seiner Weste gegraben und sich ganz seiner Umarmung überlassen. Was war nur los mit ihm? Seit sie hier war, machte er geheimnisvolle Andeutungen und verhielt sich keineswegs so, wie sie es von ihm gewohnt war. Beinahe könnte man denken … Sie runzelte die Stirn. Was konnte man denken? Dass Daeron in sie verliebt war? »Unsinn«, murmelte sie. Doch der Gedanke ließ sich nicht mehr so leicht abschütteln. Mit einem Mal erschienen ihr all die kleinen Gesten, die Blicke und sanften Worte, mit denen er sie bedachte, seit sie in seinem Bett erwacht war, in einem anderen Licht. Konnte es tatsächlich mehr als nur Sorge sein, die ihn so reagieren ließ?
    Nebenan klappte eine Tür. Gedämpfte Stimmen drangen an ihr Ohr, zu leise um die Worte verstehen zu können. Eine gehörte Daeron, die andere – Martáinn! Catherine setzte sich abrupt auf. Jeden Moment würde er in den Raum stürmen und sie sehen! Sie zog die Decke bis ans Kinn. Ein lächerlicher Versuch, sich davor zu bewahren, entdeckt zu werden. Eine Weile lauschte sie, konnte jedoch nur das ängstliche Trommeln ihres eigenen Herzens vernehmen. Sie zwang sich zu atmen. Ganz langsam. Ein – aus – ein – aus. Allmählich wurde ihr Herzschlag ruhiger.
    Die Stimmen wurden lauter. Erhitzter. Noch immer war sie nicht im Stande, einzelne Wörter auszumachen. Die Neugier hielt sie nicht länger im Bett. Mit vorsichtigen Schritten schob sie sich an die Tür heran.
    »… bin es leid, Euer Gnaden!«, vernahm sie Daeron.
    Warum ist er so förmlich?
    Selbst durch die geschlossene Tür war unüberhörbar, wie Martáinn nach Luft schnappte. »Was?«
    »Es ist sinnlos!« Unterdrückte Wut pulsierte in Daerons Worten. »Ihr seid nicht in der Lage, diese Entscheidungen –«
    »Ihr sagt jetzt besser nichts mehr, ap Fealan. Wenn wir uns wiedersehen, solltet Ihr lieber eine Erklärung für Euer unangemessenes Verhalten haben!« Eine Bewegung erfüllte die Luft. Dann knallte eine Tür. Stille senkte sich herab.
    Catherine öffnete die Tür zum Salon einen Spalt und spähte hinaus. Der Anblick eines dritten Mannes, der sich bisher still verhalten hatte, ließ sie erstarren. Craig Sutherland! Sie hatte gehofft, diesen Mann niemals wieder sehen zu müssen.
    Mit Verlaub, es war ein brillanter Zug, es aussehen zu lassen, als hätten Earl Bruce und sein Weib den Tod durch die eigene Hand gewählt . Sutherlands Worte von einst trieben auf

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