Vampyr
denen er suchte, fand sich in ihren Augen. »Du warst auf dem Marktplatz und hast Martáinn gewarnt, nicht wahr?«
Ihr Nicken kam so langsam, dass Daeron es kaum sah. »Nachdem die Wachen den Attentäter hatten, wollte ich fort, doch sie brachten mich zu Hauptmann Farrell.« In wenigen Worten berichtete sie ihm, was sie in der Gasse beobachtet hatte und wie der Hauptmann schließlich auf den Gedanken gekommen war, sie als Diener auszugeben, damit sie nach dem Hintermann des Meuchelmörders suchen konnte. »Abgesehen davon, dass ich Gils und Kerrs Zorn auf mich gezogen habe und meine Verkleidung sichtlich nicht Stand hält, habe ich bisher nicht das Geringste erreicht«, schloss sie düster.
»Deine Verkleidung ist gut. Es ist nur so, dass ich …« Dich überall wieder erkennen würde. »Ich kenne dich einfach zu gut, um mich von einem Plaid und gestutzten Locken täuschen zu lassen.«
»Hast du den Mann gesehen, den ich beschrieben habe?«
Er schüttelte den Kopf. »Es gibt eine Menge Menschen auf Dun Brònach und deine Beschreibung ist reichlich vage. Vielleicht kann Martáinn etwas damit anfangen.«
»Nein!« Daeron runzelte die Stirn. »Wenn du ihm davon erzählst, wird er wissen wollen, woher du es weißt. Das darf nicht … Ich will nicht, dass er erfährt, dass ich hier bin.«
»Warum nicht? Er würde –«
»Bitte, Daeron.«
Er sah sie lange an, versuchte herauszufinden, ob es Sinn hatte, weitere Fragen zu stellen, doch ihre Miene wirkte so verschlossen, dass er entschied, es vorerst dabei bewenden zu lassen. »Du willst nicht, dass ich Martáinn von dir erzähle. Ebenso wenig willst du, dass ich Gil und Kerr bestrafe. Ich werde mich deinen Wünschen fügen – unter einer Bedingung.«
Jetzt war es an ihr, die Stirn zu runzeln. »Welche?«
»Ab sofort bist du nicht mehr Hauptmann Farrells Bursche, sondern meiner.« Sie öffnete den Mund, um ihm zu widersprechen, doch er ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. »Ich habe im Augenblick keinen Diener.«
»Ein Mann in deiner Stellung ohne Diener? Erzähl keine Märchen!«
Daeron schüttelte den Kopf. »Mein Bursche ist vor einer Woche plötzlich verschwunden. Niemand hatte ihn gesehen oder wusste, wo er war. Ein Suchtrupp fand seinen zerschlagenen Körper in den Bergen. Du weißt selbst, wie tückisch die Pfade dort sein können. Ein Fehltritt hat ihn das Leben gekostet.« Durch den Sturz war der Junge so entstellt gewesen, dass man ihn lediglich anhand seiner Kleidung erkannt hatte. »Du wirst in meinen Räumen wohnen – jetzt schau nicht so entsetzt! Ich habe hier viel Platz. Du musst dir also keine Sorgen machen, dass du nicht ungestört sein wirst. Abgesehen davon wird es niemand wagen, Hand an meinen Burschen zu legen.« Und falls doch, würde ich ihm die Hand abschlagen. »Sind wir uns einig?«
»Was, wenn ich nicht darauf eingehe?«
»Dann werde ich Martáinn erzählen, dass du hier bist. Wir werden dein Geheimnis lüften und dir jeden Mann auf Dun Brònach vorführen, damit du den Auftraggeber identifizieren kannst.« Es war eine Lüge – eine lächerliche noch dazu. Wenn sie sich nicht auf seinen Vorschlag einließ, konnte er sie nur ziehen lassen. Er würde weder riskieren, den Hintermann des Attentäters durch ein derart offenes Vorgehen in die Flucht zu schlagen noch würde er Catherine in Gefahr bringen, indem er sie möglicherweise zwang, dem Mann von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Ebenso wenig würde er Martáinn von ihrer Anwesenheit berichten. Seine Behauptung war lediglich ein verzweifelter Versuch, sie dazu zu bewegen, bei ihm zu bleiben. Ich kann dich beschützen, Catherine. Und bei Gott, das werde ich auch tun. Wenn du mich nur lässt.
»Also?«
»Erpresser!«
»Schön, dass wir uns einigen konnten. – Ich werde gleich morgen Früh mit dem Hauptmann sprechen. Schlaf jetzt.« Er wandte sich ab, um den Raum zu verlassen. An der Tür blieb er noch einmal stehen. Sein Blick ruhte auf ihr. Es gab so vieles, was er ihr zu sagen hatte, doch nichts davon wollte über seine Lippen kommen.
»Ich bin nicht der, den du in Erinnerung hast«, sagte er schließlich. »Das war ich nie.«
*
Als Catherine am nächsten Morgen erwachte, war Daeron nicht da. Sie fand ihren Plaid und das Hemd in seinem Arbeitszimmer. Sauber und trocken hing beides über einem Stuhl in einer Nische. Rasch zog sie sich an, fasste ihr Haar zu einem Zopf zusammen und setzte die Kappe auf. Noch jetzt überzogen sich ihre Wangen mit
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