Vampyr
folgte Sutherland den Gang entlang.
*
Catherine schrie.
Arme griffen nach ihr. Sie schlug um sich und versuchte sich loszureißen. Der Griff verstärkte sich. Kräftige Finger bohrten sich in ihre Oberarme und hielten sie aufrecht. Nur langsam begriff sie, dass die Dunkelheit gewichen war. Jemand schüttelte sie.
»Catherine, kommt zu Euch!«
Farrell! Sie blinzelte. Langsam erfassten ihre Augen verschwommene Konturen, die sich zu den scharf geschnittenen Zügen des Hauptmanns verdichteten.
Er sah sie voller Sorge an. »Alles ist gut. Ihr seid in Sicherheit.« Er half ihr, sich aufzusetzen.
Ihr war schwindlig und ihr Knöchel pochte. Nur langsam begriff Catherine, dass sie noch immer auf dem Boden saß. In derselben Ecke, in die sie sich verkrochen hatte. Sie fühlte sich seltsam, als läge die Welt unter dichtem Nebel. Befremdet beobachtete sie, wie der Hauptmann ihr Bein untersuchte. Ihr Blick blieb an der glänzenden Blutspur hängen, die sich über ihren Knöchel zog. Farrell beugte sich herab und strich über das dünne Rinnsal. Dann hob er die Hand an den Mund und leckte sich das Blut vom Finger. Catherine fuhr zurück. Entsetzt starrte sie ihn an.
Er sah auf. »Was ist mit Euch?«
War da ein Tropfen Blut in seinem Mundwinkel? Nein, da war nichts. Die Verwirrung in seinen Zügen ließ sie an ihrem Verstand zweifeln. Habe ich mir das nur eingebildet?
Sie war noch immer völlig verstört von den Ereignissen dieser Nacht. Was war geschehen? Auf der Suche nach der Kreatur wanderten ihre Augen durch das Zimmer. Halb erwartete sie die blutigen Überreste des Wesens zu finden – von Farrells Schwert oder einer Pistolenkugel niedergestreckt. Alles, was sie sah, war die Kommode, die noch immer vor der Tür stand.
Wie ist er hereingekommen! Die Antwort lauerte in einem Winkel ihres Verstandes, doch ehe sie danach greifen konnte, löste sich die Welt auf und wurde davongetrieben.
Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf dem Bett. Kerzenlicht warf tanzende Schatten an die Wände, die anwuchsen und nach der Decke griffen, nur um sofort wieder zusammenzufallen und sich kurz darauf erneut zu erheben. Zuckende Monster, die sich im Kerzenschein ständig veränderten. Monster! Wo war die Kreatur? Catherine warf die Decken zurück und wollte aufstehen. Noch bevor ihre Füße den Boden berührten, war der Hauptmann neben ihr.
»Himmel, bleibt liegen!« Die Sorge in seiner Stimme erschien ihr mit einem Mal bedrohlich. Farrell griff nach ihr und zwang sie sitzen zu bleiben. »Was auch immer Ihr durchgemacht habt, es ist jetzt vorbei.« Er sprach mit ihr wie mit einem verstörten Tier. »Als ich Euch gefunden habe, wart Ihr vollkommen aufgelöst. Ihr habt geschrien und fantasiert. Dann seid Ihr ohnmächtig geworden.«
In ihrer Erinnerung flackerte ein Bild auf: Farrell, der sich ihr Blut von seinem Finger leckte. Sie fuhr zurück. Ihr Blick sprang nach unten und fand einen dünnen Verband um ihr Fußgelenk. Noch immer hatte sie das Gefühl, als sauge etwas an ihrem Knöchel. Die Wunde pochte bei jedem Herzschlag schmerzhaft.
Wie ist er hereingekommen? Ihre Augen zuckten zur Kommode. Das Möbel war ein Stück zur Seite gerückt und die Tür stand einen Spaltbreit offen, gerade weit genug, damit sich jemand hindurchzwängen konnte. Catherine sank erleichtert in sich zusammen. Erst jetzt bemerkte sie, wie sehr sie zitterte. Ich habe mir alles nur eingebildet.
Da sie keine Anstalten mehr machte, aufzustehen, gab der Hauptmann sie frei und ging zur Kommode. Er griff nach einem Weinglas, das dort bereitstand, und kehrte damit zu ihr zurück.
»Hier«, sagte er und hielt es ihr entgegen. »Das wird Euch beruhigen. Und jetzt erzählt Ihr mir erst einmal, was überhaupt geschehen ist.«
Catherines Finger klammerten sich um das Glas. Nachdenklich betrachtete sie, wie sich die schwere rote Flüssigkeit darin bewegte, sobald sie begann es zwischen ihren Fingern zu drehen. »Ich war auf der Suche nach Euch«, sagte sie ohne aufzusehen. »Während der vergangenen Stunden haben sich wichtige Dinge ereignet … Ich fand Eure Zimmer verlassen vor und –«
»Ihr müsst schon trinken, wenn es Euch beruhigen soll.« Farrell war neben dem Bett an der Wand stehen geblieben. Jetzt kam er näher und setzte sich zu ihr auf die Bettkante. »Trinkt, Catherine, dann wird das Zittern nachlassen.«
Mit einem dankbaren Nicken hob sie das Glas an die Lippen und nahm einen kräftigen Zug. Kaum umspielte der Geschmack ihre Zunge, verzog
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