Vampyr
die samtig weiche Oberfläche. Ein Rascheln erfüllte die Stille und ließ Catherine herumfahren. Da war es wieder. Es kam von nebenan.
Farrell! Erfüllt von plötzlicher Erleichterung stürzte sie der Tür entgegen – und hielt abrupt inne. Sie hätte die schweren Schritte seiner Stiefel hören sollen oder das gedämpfte Klirren seines Waffengürtels. Warum ein Rascheln? Warum sollte sich der Hauptmann in sein eigenes Schlafzimmer schleichen? Die Klinke bewegte sich. Langsam schob sich die Tür nach innen. Catherine machte einen Satz nach vorn. Ihre Schultern stießen gegen das Holz. Der Spalt schloss sich unter der Wucht. Kein Laut war von der anderen Seite zu vernehmen. Der Hauptmann würde sich bemerkbar machen.
Ein Aufprall ließ das Holz erzittern. Catherine schrie auf und stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Tür. Der Druck wurde stärker. Wieder und wieder sprang etwas von der anderen Seite dagegen, versuchte sie fortzuschieben und durchzubrechen. Catherine verlor immer mehr an Boden, während sich der Türspalt vergrößerte. Sie betete zu Gott, dass sich endlich die Stimme des Hauptmanns erheben möge. Doch das geschah nicht. Die dumpfen Schläge erfolgten mit unverminderter Härte. Catherine kämpfte um jeden Zoll, presste sich mit dem Rücken gegen das Holz und sammelte all ihre Kraft. Schmerzlich langsam wurde der Spalt schmäler. Dann donnerte die Tür in den Rahmen. Catherines Blick fiel auf den Schlüssel, der im Schloss steckte. Hektisch tastete sie danach. Ihre schweißnassen Finger rutschten ab. Sie packte erneut zu. Dieses Mal bekam sie ihn zu fassen und drehte ihn. Er klemmte. Sie verstärkte den Druck. Der Schließmechanismus ächzte. Dann drehte sich der Schlüssel mit vernehmbarem Quietschen. Das Schloss rastete ein. Catherine fuhr einen Schritt von der Tür zurück. Ihre Augen waren auf das matt schimmernde Eichenholz gerichtet. Der nächste Ansturm war so kraftvoll, dass sie glaubte, die Tür würde zerbersten. Dann war es urplötzlich vorüber.
Schwer atmend stand Catherine da und starrte auf die Tür. War da ein Geräusch? Ein leises Schlagen, als trommle jemand ungeduldig mit den Fingerspitzen gegen das Holz? Sie lauschte angestrengt. »Wer ist da?«
Atemlose Stille antwortete ihr. Catherine sah mehrmals unruhig von der Tür zur Kommode, auf der sie die Kerze abgestellt hatte. Endlich griff sie nach dem Leuchter. Dabei zitterten ihre Finger so sehr, dass sie Wachs verschüttete. Glühend heiß rann es über ihren Handrücken. Sie sog zischend die Luft ein. Hastig stellte sie den Kerzenleuchter auf den Boden, trat ans hintere Ende der Kommode und stemmte sich dagegen. Das Holz war so massiv, dass sie all ihre Kraft aufwenden musste. Unter wütendem Kreischen schrammte das Möbelstück über den Steinboden, knirschte Stück für Stück voran, bis es endlich vor der Tür stand. Catherine wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und lehnte sich für einen Moment gegen das Möbelstück, bevor sie sich nach der Kerze bückte. Noch immer war kein Laut zu vernehmen.
Bald. Das Wort packte sie und ließ sie erstarren. Konnte es sein, dass jene Kreatur …? Mit einem Mal fror sie. Die Kälte schien geradewegs aus ihrem Herzen aufzusteigen und nach ihr zu greifen. Sie biss die Zähne zusammen und sah sich um. Schatten türmten sich in den Ecken des Zimmers, zuckten unter den Bewegungen des Kerzenscheins vor und zurück und kämpften mit dem Licht um die Vorherrschaft. Es gab keine weitere Tür. Entmutigt stieß sie die Luft aus. Würde Daeron nach ihr suchen, wenn sie nicht bald zurückkehrte? Würde der Hauptmann endlich kommen? Konnte überhaupt einer der beiden gegen das, was auf der anderen Seite der Tür lauerte, bestehen?
Auf der Suche nach einem Ausweg irrten Catherines Augen über die Wände, wobei sie es sorgfältig vermied, in Richtung des Fensters zu schauen. Was , wenn diese Kreatur es dort versucht? Lieber Gott, lass das nicht zu. Bitte, lass das nicht zu! Ihre Hände zitterten, ihre Knie waren weich und in ihrem Kopf dröhnte ein einziger Hilfeschrei: Daeron!
Catherine wusste nicht, wie lange sie so dastand. Die Zeit war so wenig greifbar wie das Raunen des Windes. Dann kehrten die Geräusche zurück. Dieses Mal kein Hämmern, sondern ein Kratzen und Schaben. Nicht an der Tür. Auch nicht am Fenster. Catherines Blick flog zum Kamin. Wie ein aufgerissener Schlund klaffte die Kaminöffnung in der Dunkelheit. Leises Scharren erklang. Ein Reiben über
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