Vampyr
der Welt.« Für einen Moment lehnte er seine Stirn an ihre. »Alle Zeit der Welt«, wiederholte er leise, dann küsste er sie noch einmal. »Der Bann wird dich daran hindern, Martáinn zu warnen. Denkst du, du kannst ihm einen Brief übergeben?«
»Ich habe schon einmal versucht, ihm eine Warnung zu schreiben. Vergebens.«
»Ich werde den Brief schreiben. Du musst ihn nur übergeben. Schaffst du das?«
Catherine zögerte. Schließlich nickte sie. Da ging er nach nebenan. Auch hier prasselte ein Feuer im Kamin und erfüllte den Raum mit stickiger Hitze. Das Feuer war die einzige Lichtquelle. Für einen Moment dachte Daeron daran, die Vorhänge zurückzuziehen, doch plötzlich sah er in jedem noch so kleinen Akt eine Verschwendung kostbarer Zeit. Statt zum Fenster ging er zu seinem Sekretär und nahm ein Blatt Papier. Er griff nach der Feder, tauchte sie in das Tintenfass und begann zu schreiben.
Roderick Bayne ist zurück, mit Kräften jenseits des Vorstellbaren. Nur Silber und Weihwasser vermögen es, ihn zu verletzen. Stechginster hält ihn fern. Bleib bei Catherine und gib auf sie Acht, bis ich zurück bin. Stell ihr keine Fragen, sie kann sie dir nicht beantworten. Hüte dich vor Farrell.
Daeron
Kaum war die Tinte trocken, faltete er das Papier zusammen. Er wandte sich an Catherine. »Kannst du zu ihm gehen?«
»Ich denke schon.«
»Du bist dir nicht sicher?« Ein Bild blitzte in seinen Gedanken auf. Catherine, die vor Martáinns Gemächern vom Schmerz überfallen und zur Umkehr gezwungen wurde. Wir werden kein Risiko eingehen. »Ich werde einen Diener schicken. Er soll Martáinn in meine Gemächer rufen. Du wartest hier auf ihn.«
»Kann der Diener nicht den Brief …«
»Nein! Martáinn wird zweifeln. Wenn er den Brief alleine liest, besteht die Gefahr, dass er spät oder möglicherweise gar nicht zu dir kommt.« Unter Catherines Blicken kehrte Daeron ins Schlafzimmer zurück, legte den Schwertgürtel an und zog seinen Mantel an. Dann griff er nach dem Stechginster und ging zum Fenster. Er wollte den Vorhang zurückziehen.
»Bitte lass ihn zu. Das Licht schmerzt in meinen Augen.«
Daeron nickte und schlüpfte hinter den Stoff, um einen Teil des Krauts vors Fenster zu hängen. Dasselbe machte er in den anderen Räumen. Sogar an den Kaminen befestigte er etwas davon. Nachdem er fertig war, zückte er den Silberdolch und steckte ihn Catherine an den Gürtel. Zuletzt legte er ihr das Fläschchen mit dem Weihwasser in die Hand und schloss ihre Finger darum. »Sei vorsichtig.«
Als Daeron seine Räume verließ und die Tür hinter sich zuzog, befestigte er das letzte Büschel Stechginster außen am Türstock.
15
Catherine wanderte unruhig im Zimmer umher. Daerons Blut hatte vieles verändert. Es gelang ihr jetzt besser, ihren Verstand vor dem Lärm zu verschließen, der von allen Seiten auf sie einbrandete. Ihre Augen waren noch immer lichtempfindlich, doch dafür war ihre Sicht im Dunkeln weit besser. Der Ekel, den sie dabei empfunden hatte, sein Blut zu trinken, war noch immer nicht verblasst. Er war zu ihrem ständigen Begleiter geworden, ebenso wie das Entsetzen, das sie seit Tagen empfand.
In ihrer Verzweiflung hatte sie Daeron die Schuld daran geben wollen. Erst nachdem die Schwäche von ihr abgefallen war, hatte sie erkannt, dass das nicht gerecht war. Daeron hatte alles getan um sie zu retten und er würde sie auch weiterhin beschützen. Catherine wusste nicht, ob er sie wirklich von dem Fluch befreien konnte, den ihr Vater über sie gebracht hatte. Ganz sicher jedoch würde er stets für sie da sein.
Noch immer glaubte sie seine Küsse und Berührungen auf ihrer Haut zu spüren. Ihre Wangen glühten bei der Erinnerung daran, welche Gefühle und Sehnsüchte er in ihr geweckt hatte. Doch Daeron hatte Recht, es war nicht der richtige Moment. Sie hoffte nur, dass er sich nicht irrte, wenn er sagte, ihnen bliebe noch alle Zeit der Welt.
Daerons Blut hatte Catherine ihre Kraft zurückgegeben, doch wie lange würde es dauern, ehe der Durst zurückkehrte? Wie lange, bis sie erneut schwach werden würde? Was dann? Die Verwandlung war weiter vorangeschritten. Catherine fühlte sich fast körperlich von dem Silberdolch abgestoßen, den Daeron ihr an den Gürtel gesteckt hatte. Lange Zeit starrte sie auf den verzierten Griff, der ihr aus dem Gürtel entgegenragte, bevor sie wagte die Finger auf ihn zu legen. Als ihr die Berührung keine Schmerzen verursachte, ließ sie die Hand erleichtert
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