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Vampyrus

Vampyrus

Titel: Vampyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doreen Kühne
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Schaf noch Ziege. Auch für Hase, Fuchs, Katze oder irgendwelche Frühgeburten war die Form zu regelmäßig. Weder war ein Halsansatz noch eine Schwanzwurzel erkennbar, auch Vorder-und Hinterflämen oder Klauen konnte er nicht ausmachen. Verwunderlich war weiter, dass auf der Fellseite nur wenig schwarze Haare waren, die sich teilweise kringelten. Eine Befragung des Meisters ergab auch nichts. Der grummelte nur, er solle sich keine dummen Gedanken machen, sondern arbeiten, und gab ihm eine Kopfnuss.
    Nachdem er das Fell so präpariert an einem warmen Ort hatte ruhen lassen, wusch er die Schwöde in der Pegnitz aus. Normalerweise gossen sie zu Gerbzwecken einfach eimerweise Wasser über Häute und Felle, aber ihm schien es angemessen, sein Fell im fließenden Wasser der Pegnitz zu reinigen. Anschließend legte er das Fell über den Scherbaum, einen längs gespaltenen Baumstamm, dessen eines Ende erhöht auf einem Block lag. Mit dem Raufholz, einem biegsamen Messer mit Griffen an jedem Ende, begann er zu enthaaren. Vorsichtig, mit gleichmäßigem Druck ließ er es in Richtung Haarwuchs nach unten gleiten, um auch die Haarwurzeln zu entfernen.
    Danach drehte er das Fell und entfernte verbliebene Fleischreste. Damit die Fläche besonders sauber wurde, schärfte er das Streicheisen mit der geschwungenen Klinge ein paar Mal. Dabei schnitt er sich, und ein dicker Blutstropfen fiel auf das Fell. Schnell wischte er ihn mit der unverletzten Hand ab, damit er das zukünftige Pergament nicht verunreinige. Als er so mit der Hand über das Fell strich, fühlte er ein Bitzeln und Prickeln, das über seine Finger den Arm hinaufwanderte und sich in seinem ganzen Körper ausbreitete, ja sogar ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte. Er seufzte vor Wonne und konnte gar nicht mehr aufhören, das Fell zu streicheln. Plötzlich bemerkte er, dass er sein Blut nicht entfernt, sondern nur verwischt hatte. Panisch rannte er zur Pegnitz. Bis über die Knie im Fluss stehend, schwenkte er die Haut und wusch sie gründlich. Er bespritzte auch sich von oben bis unten mit dem trotz der frühsommerlichen Temperaturen noch kalten Wasser. Doch es hatte ihm nichts ausgemacht, hatte er doch die ganze Zeit das intensive Gefühl der Berührung erleben dürfen.
    Plötzlich stand Schorsch vor ihm. Er zog ihn mit einem wütenden Ruck auf die Beine und schleifte ihn hinter sich her. Schorsch trug einen weiten, dunklen Umhang und eine Kappe. Er triefte von oben bis unten. „In jeder verdammten Kaschemme habe ich dich gesucht, und dann hockst du hier im Kircheneingang. Bist du jetzt total irr?“ Hans hielt den Mund, da Schorsch sowieso keine Antwort erwartete, und trottete mit gesenktem Kopf hinter ihm her. „Der Meister ist sauwütend. Da kannst du dich auf was gefasst machen!“ „Aber es war doch nur wegen meines Fells“, verteidigte sich Hans lahm. „Fell? Ja, dein Fell wird er dir über die Ohren ziehen“, höhnte der Geselle und stieß ihn ruppig in die Werkstatt.
    Meister Varn hatte die Szene im Chörlein seines Hauses stehend verfolgt. Der Gerberlehrling war ihm nachgelaufen und hatte dann stundenlang im Regen gewartet. Was wollte er? Varn erinnerte sich an die Augen des Lehrlings. Wie grüne Teiche hatten sie unter der braunen Stirnlocke geblitzt, bis er in sie geblickt hatte. In diesem Augenblick war das Leuchten weg gewesen, hatte die Farbe zu einem schmutzig-dunklen Moosgrün gewechselt. Nachdenklich entrollte Varn das Pergament und ließ seine Finger prüfend darüber streichen. Er fühlte nichts, absolut nichts. Es war ein Stück Pergament mit wunderbar fein strukturierter Oberfläche. Es würde eine Freude sein, darauf zu schreiben, den Namen darauf zu schreiben. Dennoch konnte er sich nicht vorstellen, was den Gerberlehrling so unaufhaltsam zu der Haut zog. Es schien gerade, als seien die beiden durch ein Geheimnis verbunden.
    Hans war wieder zum Dürer-Denkmal gelaufen. Heute hatte er den Nachmittag frei, sein Meister konnte ihn also nicht tadeln. Er hatte ihn geschlagen, ihn angeschrien, mit ihm geredet. Doch nichts hatte auch nur das Geringste genutzt. Was hätte er auch erklären sollen? Dass er ohne das Pergament sterben würde? Dass er schon, wenn er es nur anblickte, eines Lichts gewahr wurde, das nicht nur die Welt heller machte, sondern auch in seinem Innern leuchtete? Dass die flüchtigste Berührung des feinen Stoffes ihm ein warmes Wohlgefühl im Bauch bescherte? Kurzum, dass er einfach restlos glücklich war mit seinem

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