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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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den genialen Pass in den Raum für mich spielte, verpatzte ich es.
    Das Ehrentor des Gegner war längst kein Ehrentor mehr. Es stand nur noch fünf zu vier, da bekam ich den Ball vor dem eigenen Strafraum in einer so bedrängten Situation, dass ich ihn um alles in der Welt nicht abspielen konnte. Jojo, der mit der Sonne tanzt, Felix, der Wirbelwind, und Juli „Huckleberry“ Fort Knox, die Viererkette in einer Person, waren um mich herum und während ich versuchte, mich aus ihrer Umklammerung zu befreien, zählten die anderen nur laut mit. Es war das beste Dribbling meines neunjährigen Lebens, das könnt ihr mir glauben, doch das interessierte hier niemanden. Bei meiner vierten Ballberührung in Folge pfiff Willi ab und gab einen Freistoß für die andere Mannschaft. Im selben Augenblick trabte Maxi nach vorn, und Maxi „Tippkick“ Maximilian, das erklärte mir Joschka, sei der Mann mit dem härtesten Schuss auf der Welt. Daran ließ Maxi auch keinen Zweifel. Er drosch den Ball ins Netz, das es aus der Verankerung riss, und danach stand es Fünf zu Fünf. Unentschieden.
    „Bravo! Hey, bravo!“, rief Leon jetzt und klatschte dabei in die Hände. „Das war ’ne absolute Spitzenleistung von Nellie, findet ihr nicht? Von fünf zu null auf fünf zu fünf unentschieden. Und das in nur knapp fünf Minuten.“

    Die anderen lachten und grölten und in meinem Kopf tauchte zum ersten Mal dieser Gedanke auf, der nur aus zwei Wörtern bestand. „Hau ab!“, flüsterte er und seine Stimme kam, das sage ich euch, direkt aus meinem Herzen.
    Doch Leon war noch nicht fertig mit mir. „Was soll’s, Männer“, rief er so spöttisch wie er nur konnte. „Sie kann nichts dafür. Sie ist nur ein Mädchen. Also geben wir ihr noch eine Chance. Entscheiden wir dieses Spiel im Elfmeterschießen. Nellie oder Nessie oder wie sie auch heißt, schießt alle fünf Elfer für uns. Ich glaube, dann ist selbst Willi zufrieden.“
    Nach diesem Satz strafte Leon Willi mit einem Blick, dass dessen verschmitztes Lächeln schlagartig verschwand. So wütend war er auf den Trainer, der ihm ein Mädchen aufgehalst hatte. Und Willi, das erkannte ich jetzt, würde mit Sicherheit nichts mehr für mich tun. Egal, wie sehr ich mich auch danach sehnte, dass eine Fee aus dem Boden herausschoss, um mir zu helfen. Doch Willi tat Recht daran. Ich hatte es jetzt selbst in der Hand. Ich konnte es mir und ihnen beweisen. Ja, das konnte ich jetzt, wenn mich nur nicht diese Unsicherheit übermannte. Wenn ich nur nicht so nervös sein würde und wenn nicht dieser verfluchte Gedanke in meinem Kopf herumspuken und mir ohne Unterlass zuflüstern würde: „Hau ab! Hau ab von hier! Hau doch endlich von hier ab!“
    Doch dafür war es zu spät. Jojo verwandelte den ersten Elfmeter für das gegnerische Team und schon legte Leon den Ball für mich auf den Punkt. Das konnte ich natürlich nicht zulassen. Ich lief zu ihm hin, nahm den Ball selbst in die Hand und legte ihn für mich bereit. Die anderen raunten, und mit ihrem Raunen vibrierte die Unsicherheit durch meine Beine. Ich versuchte mich trotzdem zu konzentrieren. Ein Anlauf im Bogen, sodass nur ein Schuss mit rechts in die linke Torecke möglich war. Doch dann statt mit dem Innenriss mit dem Außenriss in die rechte Ecke ganz scharf neben den Pfosten. Das genau hatte ich vor. Doch gerade in dem Moment, als ich zum Schuss ausholen wollte, schien die Erde zu beben. Ich zögerte vielleicht eine hundertstel Sekunde zu lang. Ich traf den Ball falsch, und der ging gegen das Holz.

    Der zweite Elfmeter ging drüber und damit stand es, weil Felix wie immer todsicher verwandelte, null zu zwei gegen uns, oder besser gesagt, gegen mich, denn ich glaube nicht, dass es noch einen Einzigen auf dem Platz gab, der sich auf meiner Seite befand.
    Oder doch. Jetzt legte sich Fabi das Leder zurecht, und aus irgendeinem Grund hatte er einen hochroten Kopf. Er traute sich gar nicht, in meine Richtung zu schauen. Ja, und so durcheinander lief er auch an und – donnerte den Ball – wie ich – haushoch über die Latte.
    „Hey, was’n das?“, rief Leon entsetzt, doch Fabi zuckte nur mit den Schultern. Da packte ihn Leon: „Hast du dich etwa in diese Nessie verknallt?“, wollte er wissen und bekam umgehend einen Faustschlag in den Magen dafür.
    „Sag das nicht noch einmal!“, zischte Fabi ihn an. „Ich hab ihn extra daneben geschossen. Damit es spannender wird. Ist das klar?“
    Ein Grinsen entstand auf Leons Gesicht. „Damit

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