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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hierteis
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hatte. Andererseits hatten sie keine Ahnung, was sie jetzt tun sollten.
    Vanilla ließ sich aufs Bett sinken. »So ein Vieh kann sich doch nicht in Luft auflösen . . . Was sollen wir denn jetzt machen?« Sie nahm die Lotosblüte aus ihrem Haar und zupfte gedankenverloren ein Blatt ab.
    In Luft auflösen?
Laili schlug sich die Hand vor den Mund und sah zu ihrem gekippten Fenster. Auch im Wohnzimmer war die Balkontür sperrangelweit offen gestanden, fiel ihr ein. »Und wenn Fräulein Müller durch ein Fenster oder über den Balkon nach draußen entwischt ist?« Ihre Stimme war nur mehr ein Flüstern. Die beiden starrten sich entsetzt an.
    »Hauptsache, sie ist nicht mehr hier in der Wohnung und wir sind außer Gefahr . . . Oder . . .?« Vanilla verstummte und sah Laili kläglich an. In ihrer Aufregung rupfte sie ein Blütenblatt nach dem anderen aus.
    »Du hast Nerven«, sagte Laili. »Wir können doch nicht einfach eine giftige Sumpfnatter durch die Stadt spazieren lassen. Wir müssen was tun. Wir müssen losziehen und sie wieder einfangen!«
    »Einfangen. Super! Tupersuper Idee!«
    Vanilla sprang auf. Sie war ganz aus dem Döschen, so gut fand sie den Vorschlag. »Und wie?«, fragte sie und starrte auf den inzwischen blattlosen Lotos-Strunk in ihrer Hand. »Oh . . .«
    Laili zuckte die Schultern. »Weiß auch nicht.«
    Vanilla ließ sich wieder auf die Bettkante sinken. »Ah . . . Verstehe . . .«
    »Was verstehst du?«
    »Ach . . . nichts.« Vanilla winkte ab.
    »Das Gefühl habe ich auch.«
    »Wie?«, fragte Vanilla.
    »Na, dass du keine Ahnung hast.«
    »Aber du.«
    »Genau.« Laili nickte.
    »So, so.«
    Sie schwiegen. Gaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaanz lang. Durch das gekippte Fenster drang schrilles Hundekläffen herein. Es war Hermännchen. Gleich darauf hörten die Mädchen auch Frau Speckfett. Unter Gebrummel und Geschimpf hängte sie wieder ihre gelben Schlüpfer auf die Leine, die am Vortag beim Gewitter nass geworden waren.
    »Kannst du Fräulein Müller nicht einfach herzaubern?«, rief Laili plötzlich aufgeregt. »Ich meine, du kannst doch Wünsche erfüllen und so . . .«
    Vanilla zog eine Grimasse. »Ähm . . . also . . . Zauber mit giftigen Tieren habe ich in meiner Dschinn-Ausbildung noch nicht durchgenommen. Das ist was für ganz fortgeschrittene Flaschengeister. Zu gefährlich, weißt du.«
    »Ah, wie beruhigend.«
    Sie schwiegen wieder. Nur ab und zu klimperten die Silberringe, wenn Vanilla mit den Zehen wackelte.
    Auf einmal klatschte sie in die Hände. »Ich hab’s! In meiner Heimat im Orient kannte ich mal einen Schlangenbeschwörer. Der hatte seine Schlange immer in einem runden Korb dabei. Und wenn er ihr auf der Flöte vorgespielt hat, dann kam sie heraus, hat sich ein bisschen gewunden und getanzt und ist dann ganz brav
husch, husch
wieder ins Körbchen gegangen.« Ihre Mandelaugen leuchteten. »Verstehst du, da muss man die Schlange zum Einfangen nicht mal anfassen!«

    Laili sah sie skeptisch an. »Und du meinst, das funktioniert?«
    Vanilla nickte aufgeregt. »Klar, mit der richtigen Beschwörungs-Ausrüstung auf jeden Fall. Was bei arabischen Schlangen geht, geht auch bei deutschen. Du hast doch eine Flöte.« Sie deutete mit ihren beringten Zehen auf Lailis unterste Schreibtischschublade.
    Schön, dass sie sich hier schon so gut auskannte . . . Laili stand vom Bett auf und holte die längliche braune Pappschachtel heraus, in der die Flöte verpackt war. Seit dem Kindergarten hatte sie nicht mehr darauf gespielt. Ein schriller Ton entwich, als sie versuchsweise hineinblies.
    Vanilla nickte begeistert. »Und als Schlangenkorb nehmen wir euren Wäschekorb.«
    »Aber nur, wenn
du
die Wäsche rausräumst«, sagte Laili, die an Olafs Stinksocken dachte.
    Vanillas Lächeln verschwand. »Ich? Warum ich?« »Weil es zufällig
du
bist, der wir den ganzen Schlangen-Schlamassel hier zu verdanken haben«, erwiderte Laili.
    Seufzend stand Vanilla auf und verschwand mit zierlichem Hüftschwung ins Bad. Wenn sie lief, sah es aus, als würde sie tanzen. »Ich bin einfach zu gutmütig«, maulte sie vor sich hin.

V anilla und Laili gaben ein merkwürdiges Bild ab, wie sie so mit einem riesigen, geflochtenen Wäschekorb zwischen sich vor dem Haus Nummer 17 in der Krawallskistraße standen und unschlüssig nach links, rechts, links, rechts und wieder nach links schauten, als würden sie ein Tennisspiel verfolgen. Wo konnte Fräulein Müller sein? Die Antwort war einfach: überall.
    »Da entlang«, entschied

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