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Vanilla aus der Coladose

Vanilla aus der Coladose

Titel: Vanilla aus der Coladose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Hierteis
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Laili schließlich und deutete nach links. Vanilla tänzelte artig mit ihren Moscheenflitzern los.
    »Du hast was vergessen«, rief Laili ihr nach und deutete auf den Wäschekorb.
    Das Flaschengeistmädchen schaute sie mit großen, unschuldigen Augen an. »Ich hab den Korb geholt. Von Tragen war nicht die Rede. Aber ich nehme dir gerne die Blockflöte ab, wenn du willst«, bot sie an und tippelte schon weiter. Dass sie sich beim Ausräumen des Wäschekorbs gar nicht die Finger schmutzig gemacht hatte, behielt sie wohlweislich für sich. Eine Socke, ein Feinripp-Teil nach dem anderen hatte sie mit ihrer Flaschengeistmagie dem Korb entschweben lassen. Aber das brauchte Laili nicht zu wissen. »Weißt du, es ist nicht gut für Flaschengeister, so schwer zu heben«, rief sie über die Schulter und biss in eine Tafel Schokolade, die Laili bekannt vorkam – ihre eiserne Schokoladenreserve für Tage, an denen Mama kochte, hatte Vanilla also auch schon gefunden.
    »Aber für mich oder wie?«, presste Laili hervor, während sie das Ungetüm von einem Wäschekorb hochhob. Wenigstens hatte sie den Weg ausgewählt, bei dem es bergab ging. Vanilla schritt voran wie der Rattenfänger von Hameln persönlich und blies mit ihrer Schokoschnute in die Flöte. Grässliches Gedudel! Vielleicht würden ja Ratten darauf hereinfallen, dachte Laili, aber eine Schlange? Sie sah sich um. Weder eine Ratte noch eine Schlange in Sicht. Sie ließen die Krawallskistraße mit ihren großen Häusern und
Giselas Grillstation
, wo es immer nach Brathähnchen und altem Fett roch, hinter sich und liefen eine breite, von Pappeln gesäumte Allee entlang. Und da hatte Laili, die von der Plackerei schon einen ganz roten Kopf und schlechte Laune hatte, eine Erleuchtung: Fräulein Müller war eine Sumpfnatter! Und wo würde eine Sumpfnatter wohl hingehen? Na klar: dahin, wo es sumpfig war. Und wo war es sumpfig? Na klar: am Badesee! Lailis Stimmung besserte sich schlagartig, so begeistert war sie über ihren detektivischen Spürsinn.
    Sie dirigierte Vanilla, die gerade die dritte Tafel Schokolade aufriss, in Richtung See.
    Erst zierte sich das Flaschengeistmädchen. »Äh . . . das ist doch . . . viel zu weit weg, oder?«, protestierte sie auf gut Glück. Als Laili erklärte, dass der See nur ein paar Gehminuten von ihrer Wohnung entfernt lag, dachte sie sich noch ein paar weitere, ähnlich schwachsinnige Einwände aus. Aber Laili ließ sich nicht beirren. Und so gab Vanilla schließlich nach. Schicksalsergeben flötete sie durch einen kleinen Park, tänzelte an einer Tankstelle vorbei und futterte sich eine weitere Straße entlang. Schließlich powackelte sie über den Parkplatz und pantoffelte über einen kurzen Fußweg zum Seeufer. Auf der Liegewiese, die schon gut bevölkert war, blieb sie stehen. »Schön hier!« Es klang erstaunt.

    »Ich kann nicht mehr«, japste Laili. Schnaufend setzte sie das Ungetüm von einem Wäschekorb im Gras ab. Ihr Kopf war von der Anstrengung feuerrot und sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. Inzwischen stand die Sonne hoch am kornblumenblauen Himmel. Unter Lailis Strubbelmähne war es unerträglich heiß.
    Bei der Vorstellung, dass Fräulein Müller tatsächlich hier war, wurde ihr noch viel heißer. Überall lagen Leute auf bunten Decken und Badetüchern und sonnten sich. Kinder tobten mit Bällen über die Wiese, andere planschten mit Krokodilen, Riesenenten, Delfinen und Haien im Wasser – aufblasbare Badetiere, versteht sich. Nicht auszudenken, wenn sich hier irgendwo eine richtige, echte Giftschlange herumtrieb! Laili wurde schwummrig und ihr Schluckauf meldete sich zurück.
    Vanilla, die sich ebenfalls umgesehen hatte, strahlte. »Die Liegewiese ist ein Traum. Sag mal, sollen wir uns auch ein bisschen sonnen? Sonnen ist gut für Flaschengeister – für den Teint und so . . .« Sie verstummte, als sie Lailis Gesichtsausdruck sah.
    »Schon vergessen, warum wir hier sind?« Laili packte das Flaschengeistmädchen an der Hand.
    »War ja nur so eine Idee . . .«, murmelte Vanilla, während sie sich hinter Laili herzerren ließ.
    Gemeinsam suchten sie das Ufer Meter für Meter ab, bis sie am Rande der Wiese auf morastiges Gelände stießen. Hohes Schilfgras, das bis weit ins Wasser hineinreichte, wogte ihnen entgegen. Die langen Halme bogen sich leicht im Sommerwind und säuselten leise.
Ssssss! Rschhhh!
Unheimlich. Vielleicht war das ja auch die Schlange?
    Nein, sagte sich Laili, mach dich nicht verrückt! Das sind

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