Vanilla High (German Edition)
ganzer Körper glüht. „Jetzt verschwindet!“ Das war es also, was ich wollte. Benommen greife ich nach meinen Kleidungsstücken, ziehe mir meine Unterhose über und verlasse gleichzeitig mit Theresa das Zimmer von Alina Magdalena. Das gegenüberliegende Zimmer ist meins. Alleine, setze ich mich aufs Bett, greife zu Wein und zünde mir einen Zigarillo an. Ich sehne mich nach einer tiefen Umnachtung. Etwas dumpf und ausdruckslos starre ich in das liebevoll eingerichtete Zimmer hinein. Es klopft. „Ja!“ - „Darf ich reinkommen?“ Es ist Theresa. Ich bin einigermaßen verblüfft. Sie trägt nur Slip und BH. „Gibst du mir eine?“ Ich verstehe sie zuerst nicht. Sie will einen Zigarillo. Sie sitzt neben mir auf dem Bett, raucht und hustet hin und wieder. „Was ist mit uns los?“, fragt sie. „Wir haben wohl das Ganja nicht vertragen“ - „Darf ich heute bei dir bleiben?“ -“Ja!“ Eine völlig andere Gefühlslage nimmt von mir Besitz. Ich sehe die hübsche, junge Frau neben mir und glaube, dass ich aufgewacht bin. Sie nimmt mich in den Arm und küsst mich zärtlich, behutsam, langsam. Dann liegen wir auf meinem Bett, nackt, streicheln uns. Trotz aller Benommenheit, trotz des heftigen Rausches erzähle ich von mir, so wie es junge Liebespaare tun. Wir lassen uns sehr, sehr viel Zeit, bis ich in sie eindringe und ich meinen festen Schwanz in ihr bewege. Ich möchte sie ausfüllen. Sie möchte bei mir bleiben! Mit ähnlichen Gedanken, die perfekt von Gefühlen begleitet werden, schlafe ich, ganz nah bei ihr, ein. Die Umnachtung ist zuverlässig und führt mich in einen sternenlosen Raum, in dem ich nicht bin, aber von dem ein neuer Morgen ausgeht, mit all den Wünschen, die mein Leben mir bringt.
Ich möchte mich nicht an die peinlichen Blicke erinnern, die ich am nächsten Morgen von meinem Bruder erhalten habe. Möglicherweise habe ich ein bisschen zu viel interpretiert. Ich war völlig hin und hergerissen zwischen meinen Gefühlen zu Alina und Theresa und den moralischen Ansprüchen, die ich mir selbst auferlege. Theresa war die ganze Nacht bei mir geblieben und dennoch, sie stellt nur ein flüchtiges, intensives Erlebnis in meinem Leben dar. Sie erzählte mir, dass sie einen Freund in Polen habe. Über die Bedeutung dieser Beziehung sagte sie aber nichts. Für mich wäre es ein Alptraum, eine Ehe oder Partnerschaft zu führen, in der -sie- fremd geht. Ich wäre ganz gewiss monogam, obgleich die letzte Nacht das Gegenteil bewiesen hat. Wie naiv bin ich? Ich sehne mich nach einer Partnerschaft, eine durch die Kirche geheiligte Partnerschaft, treffe aber nur auf Vergebene, die im Falle von Alina nur ihren Spaß suchen oder temporär zärtliche Gefühle entwickeln, meine Nähe suchen. Ich bin der Ersatzmann auf einer fernen Insel. Alina machte am Morgen noch jede Menge Witze, ich war schockiert, frustriert und fühlte mich erst wohl, als ich die beiden Frauen vor ihrem Hotel in Saint Denis abgeladen hatte. Die Dinge sind nicht so einfach, wie man sie sich wünscht. Ich hatte ein größeres Bedürfnis mich mit meinem Freund Paul Kbalakrishnan zu unterhalten. Er hat ebenfalls ein unglückliches Händchen, was Frauen betrifft, möglicherweise ein Umstand, der unsere Freundschaft verstärkte. Ich wähle seine Nummer, die ich auswendig kann, obwohl sie achtstellig ist. 27501112. Er wohnt in Sainte Rose, an der Ostküste der Insel. Ich weiß nicht, wieso man an der Ostküste dieser Insel lebt, denn diese ist sehr, sehr regnerisch. Seltsamerweise ziehen die Tabok ebenfalls die Ostküste vor, so als ob sie Dschungelpflanzen wären, die nach Wasser gieren. Die Ostküste von Reunion gehörte schon immer zu den regnerischsten Regionen der Welt. Das hat sich auch mit dem Klimawandel nicht geändert. Im Gegenteil, es ist schlimmer geworden. Ich fahre aber immer wieder gerne nach Sainte Rose und auch dort kriegt man oft die Sonne zu Gesicht, insbesondere in dieser Jahreszeit. Ich erreiche Paul, deute meine Erlebnisse an und auch er hat ein größeres Bedürfnis mich zu sprechen. Wir verabreden uns für den Abend. Ich werde bei ihm übernachten, was nichts Ungewöhnliches ist. Wir wechseln uns ab und sehen uns mindestens einmal im Monat. Es sind nur noch wenige Tage bis zu meinem Flug nach Vancouver. Elisabeth hat geantwortet. Der offizielle Teil der Mail ist harmlos. Sie schreibt, dass wir uns unbedingt treffen müssen. Seattle sei nicht weit. Sie beschreibt ausführlich ihr Familienleben. Anbei ein Familienfoto mit
Weitere Kostenlose Bücher