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Vanilla High (German Edition)

Vanilla High (German Edition)

Titel: Vanilla High (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Milk
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die sich endlos vor mir erstreckt. Wie klein ist doch meine Heimat, La Reunion, wo nun über eine Million Menschen rundum einer kleinen Vulkanwelt leben. Diese Landschaft verführt dazu, sich eine ganz andere Flucht vorzustellen, zu Fuß mit Schlafsack durch die Wildnis. Ich müsste jagen, von der Natur leben. Ich würde Monate brauchen, um mich nach Montreal durchzuschlagen. Ich wäre nicht mehr derselbe, ich wäre ein Wilder, ein verdreckter, verlauster Wilder, der auf eine entsetzte Fanny Michelin treffen würde, wenn ich denn die Wildnis überleben würde. Immer wieder würde ich gejagt und von Spürhunden gehetzt; meine Fertigkeiten zu entkommen, würden immer perfekter. Vermutlich würde man annehmen, ein durchgeknallter Indianer mache die Gegend unsicher. Ich würde es gar nicht schaffen, vor Wintereinbruch bis nach Montreal zu kommen. Die Winter sind immer noch wegen des kontinentalen Klimas sehr kalt. Ich müsste in einer unbewohnten Waldhütte überwintern, einer Hütte mit Ofen. Stattdessen fahre ich auf der Trans Canada in einem  vollautomatischen Wagen bei immer gleichbleibender Geschwindigkeit. Es müssen so 110km pro Stunde sein, die das Fahrzeug bringt. Seit einiger Zeit fahren zwei Polizeiwagen hinter mir. Das macht mich nervös. Wenn sie mich greifen wollten, hätten sie das doch schon längst getan. Einer der Wagen setzt zu einem Überholmanöver an. Ich sehe dem Polizisten ins Gesicht. Er gibt keine Zeichen und platziert seinen Wagen zwanzig Meter vor meinem. Das ist meine Polizeieskorte. Spielen sie ein Spiel mit mir? Spielt jemand ein Spiel mit mir? Wer spielt ein Spiel mit mir? Sie warten sicher auf eine günstige Gelegenheit, um mich zu stoppen. Soll ich die nächste Nebenstraße nehmen, meinen Fußweg durch die Wildnis beginnen? Meine Angst steigt, aber da setzt der hintere Wagen zum Überholen an. Auch dessen Fahrer mustert mich. Sie erhöhen die Geschwindigkeit und verschwinden. So was passiert bei einer Flucht auf der Trans Canada, aber es wird vielleicht nicht immer gut gehen. Mein Blutdruck senkt sich, mein Adrenalinspiegel geht zurück. Ich hätte keine Chance gegen die Polizisten gehabt. Ich bin unbewaffnet. Der LCL hat darauf verzichtet, mich mit einer Waffe auszustatten. Ich könnte sowieso nicht damit umgehen. Ich richte meine Gedanken wieder an den unbekannten Absender der Päckchen. Er weiß, dass ich nach Calgary unterwegs bin, weiß, dass ich vor der Stadt ein Motel nehmen werde. Ich beginne, den Bezug zur Wirklichkeit zu verlieren. Sind die Tabok meine Schutzengel? Haben sie die Möglichkeit alles zu wissen, haben sie sich in alle Systeme eingehackt, haben sie immer meine Spur verfolgt, behüten sie mich, weil ich ein Bürger Reunions bin, wollen sie mich mit ihren Mittelchen zu ihrer Weltsicht bewegen? Ist es Gott, der mir ein Päckchen Gin schickt oder mein Schutzengel im Auftrage Gottes? Fast erwarte ich ein weiteres Päckchen. Ich bin gespannt. Der Absender hatte offensichtlich nie vor, seine Identität preiszugeben, auch nicht andeutungsweise. Was erwartet mich in meinem neuen Motel, das etwa fünfzehn Kilometer außerhalb der Stadt liegt; für alle, die dem städtischen Leben entfliehen wollen. Eine Agentin des LCL, die weiß, was Soldaten in ihrem Krieg brauchen? ZU schön der Traum um Alina Magdalena. Sie kann es auch im Traum nicht lassen, mich zu erniedrigen. Es ist auf dieser Flucht alles möglich. Möglicherweise ist sie eine Metapher für mein Leben. Ich flüchte mich in Energie verzehrende masochistische Affären, statt als solider Verheirateter meinen Mann zu stehen. Aber auch das gelingt mir nicht ganz, stattdessen flüchte ich durch die Rockys mit ein bisschen Hoffnung auf Alinas Peitsche. Der Motelbesitzer begrüßt mich herzlich. „Mr. Smith, es wurde für sie ein Päckchen abgegeben!“ Situationen scheinen sich wiederholen zu wollen. Ich bedanke mich, beziehe mein Zimmer und öffne gespannt das Päckchen. Eine weitere Flasche Gin, nichts weiter, kein Brief, keine Kekse. Ich soll wohl auf dem Teppich bleiben, aber ich habe noch von den Keksen, die mir weiterhin suspekt bleiben. Ich nehme trotzdem zwei. Ich muss noch mal runter, zum Besitzer. „Wer hat dieses Päckchen abgegeben?“ - „Eine junge Frau.“ - „Wie sah sie aus? Hatte sie kurzes, blondes Haar?“ - „Nein, sie trug sehr langes, aschblondes Haar. Stimmt etwas nicht mit dem Paket?“ - „Doch, doch, vielen Dank Mr. Smith!“ Der Inhaber des Motels heißt auch Smith, Peter Smith. Würde er

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