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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffen Duck
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werden ließ, die doch aufzupassen hatte, was man sagen durfte und was nicht.
    In einer Parallelklasse hatte es Greghorn vermocht, auf diese Weise einem Schüler mit christlichem Hintergrund sein Credo, das Glaubensbekenntnis zu entlocken.
    Die Aussage des Unglücklichen, für ihn sei Gott die höchste Autorität (und nicht etwa die Partei - das hatte er zwar nicht gesagt, aber die Aussage implizierte es ja wohl!), führte in der Folge zur raschen Eliminierung des Schülers von der EOS ohne die Möglichkeit, jemals Abitur machen zu können.

    Das Thema im Staatsbürgerkundeunterricht hieß an diesem Tag bei Greghorn „Die bürgerliche Weltanschauung“.
    „Meine lieben Freunde, ein Sammelsurium von Verfälschungen, Verdrehungen der objektiven Realität, Halbwahrheiten - das alles ist die bürgerliche Weltanschauung. Und dieses krude Durcheinander, diese sich einander widersprechenden Absurditäten werden auch noch als Vorzug dargestellt.
    Greifen wir uns einmal eine auf den ersten Blick scheinbar harmlose Beschreibung des Sozialismus aus bürgerlicher Sicht heraus.“
    Greghorn war für einen Moment verstummt, ließ den Blick über die Klasse schweifen, funkelnd und gefährlich. Es war totenstill geworden - schier unerträglich die Spannung.

    „Also,“ begann Greghorn nun in betont alltäglichem Sprachduktus, „da wird behauptet, der Sozialismus, das sei eine komplizierte Sache. Ja, liebe Freunde, das wissen wir selber, daß der Sozialismus nicht einfach zu machen ist.“
    Der Plauderton begann bereits, Wirkung in der Klasse zu zeigen - so schwer würde die Auflösung von Greghorns Aufgabe gewiß nicht werden.
    „,Wenn also der Sozialismus so kompliziert ist´,“ fuhr Greghorn fort, „,braucht er eine elektronische Steuerung,´ so sagen diese Leute. Liebe Freunde, ist das nicht banal? Weswegen unternehmen wir denn große Anstrengungen auf dem Gebiet der Mikroelektronik ? Was also ist an dieser Aussage denn das Gefährliche?“
    Greghorn blickte in die Runde. Obwohl niemand eine Ahnung hatte, meldeten sich einige Mitschüler, denn Mitarbeit stand in allen Fächern hoch im Kurs.
    Greghorn hörte sich nun lässig einige falsche Antworten an. man sah, wie er es genoß, die Schüler in die Irre gehen zu lassen, um zum ihm allein geeignet erscheinenden Zeitpunkt dann die Auflösung verkünden zu können.

    „Nein, Freunde,“ hob er schließlich in verschwörerischem Tone an. „Die Gefahr kommt aus einer ganz anderen Richtung: ,Ist denn die Arbeiterklasse vom Intellekt her fähig´“ - dabei allen einen Vogel zeigend - „,den Sozialismus elektronisch zu steuern?´ Begreift ihr nun, welche Gefahr von der bürgerlichen Weltanschauung ausgeht?“ Sein funkelnder Blick wies nun ins Gutmütige.
    „Und, meine lieben jungen Freunde,“ fuhr er fort, „ist das nicht auch ein verlockendes Angebot, was uns da fast täglich von der Bundesregierung unterbreitet wird? ,Ihr und wir zusammen! Wir könnten auf alle diese Mittelstreckenraketen verzichten, wir hätten bei den olympischen Spielen die meisten Medaillen, wir wären die Reichsten, die Größten, die Besten, meinetwegen auch die Schönsten!´“
    Nun hatte Wilfried wirklich zu träumen begonnen. Eine bessere Welt in greifbarer Nähe! Warum tat man es denn nicht einfach?
    „Ich bin dafür!“ hatte er soeben laut rufen mögen, da hörte er, wie Greghorn weitersprach von Abgrenzung und der Sicherung des Sozialismus.
    „… und deshalb sagt der Generalsekretär: ,Nein!´“ Wilfried hatte gerade noch den Mund halten können.
    „… denn ich scheue mich nicht, meine lieben jungen Freunde, Ihnen manches zu verheimlichen, wie Sie sehen.“
    Jetzt hatte sich Greghorn anscheinend in seiner von ihm erzeugten Stimmung selbst überlistet und unfreiwillig einen Einblick in seine wahren Absichten gewährt.
    Wilfried überlegte, ob das außer ihm noch jemandem in der Klasse aufgefallen war.

    ***
    Er befand sich bereits in der Stimmung, sich an jeden Strohhalm zu klammern.
    Jeden Augenblick wollte er auskosten, wie es irgend möglich war, ihn im Herzen bewahren, davon zehren, wenn es Winter würde in seinem Leben.
    Mehrmals ertappte er sich nun dabei, die Zeit mit beiden Händen zu greifen und festhalten zu wollen. Doch nichts davon verblieb in ihnen. Nicht ein Körnchen Sand aus der Sanduhr ließ sich finden, als er die Fäuste wieder öffnete, eine zerfließende Dali - Uhr schon gar nicht, die man hätte versuchen können, wieder in ihre alte Form zu modellieren.
    Konnte

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