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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Saarmann
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Zuckerwatte, warmen Nougatplätzchen und zerkochten Milchnudeln. Und wenn dann die Larve mit zehn Jahren neunzig Kilo wiegt, befragen sie den Psychoanalytiker. Ich hätte wahrlich damals Kondome benutzen sollen. Mann, Mann.
    Noch ein Bier? Hallo. Hallo. Ey! Noch zwei Bier! Andrea war wirklich schnelle r. Also das beunruhigt mich. Dass sie nicht hier ist. Heute ist doch normalerweise ihr Tag. Ich mag es, wenn alles ist wie immer. Wenn es in dieser wahnsinnigen Welt wenigstens ein paar Orte gibt, auf die man sich verlassen kann. Ach so. Ja. Bevor ich es wieder vergesse. Beim letzten Mal haben wir von einer prominenten Persönlichkeit für die Ausstellung gesprochen. Wir sollten übrigens noch einen Maler dazunehmen. Fällt mir gerade ein. Ich dachte an Jack Kern. Kennst du nicht? Ach, das ist dieses Arschloch, das immer die Leinwand in einer einzigen wüsten Farbe bepinselt und dann, wenn sie noch feucht ist, draufpisst. Das gibt hochinteressante Verläufe.
    Egal. Wir waren bei der Prominenz. Du kennst doch diese ehemalige Bürgermeisterin, die furchtbar nach Bestätigung lechzt, seit sie abgewählt worden ist. Du weißt schon. Die, die aussieht, als hätte sie ihre Mutter nicht nur umgebracht, sondern auch noch filetiert und verspeist. So eine geifernde Bulldogge, die nie als Frau durchgekommen wäre, wenn Gott nicht einen schlechten Tag gehabt hätte. Damals hat man ihr Bestechlichkeit vorgeworfen. Sie hatte wohl eine Geburtstagsfeier von der örtlichen Wirtschaft finanziell unterstützen lassen. Warum auch nicht? Würde ich auch gern. Ich rief sie also einfach als Redakteur der hiesigen Wochenzeitung an und ließ ein paar Platitüden vom Stapel. Bedeutende Politikerin, schon immer Förderin der Künste, beliebt, kompetent und anerkannt. So etwa.
    Sie sprang sofort darauf an. Langweilt sich ohne Rolle in der Öffentlichkeit buchstäblich zu Tode. Ich schlug ihr vor, als Schirmherrin bei einer Vernissage innovativer lokaler Künstler aufzutreten. Deutete an, dass so ein Engagement ja auch von der Presse wohlwollend aufgenommen würde und vielleicht einen Weg zurück ebnen könnte. Sie war Feuer und Flamme. Die haben wir im Sack. Allerdings werde ich mich bei den Fotos eher im Hintergrund halten. Sie ist wirklich höchst unangenehm. Zu große Nähe könnte sich für meine weitere Karriere nachteilig auswirken.
    Gut. Aber ich habe noch mehr unternommen. Ich rief einen Freund an, der bereits vor Jahren in marode Häuser im Stadtkern investiert hat. Weißt du, solche, die demnächst dem geplanten, hochmodernen Stadtbild zu weichen haben. Pfui Teufel. Aber diesem Freund gehört zufällig gerade das Haus am Bahnhofsplatz, aus dem sich dieser Mörder, dieser Bandenchef neulich in den Tod gestürzt hat. Du hast doch davon gehört. Typ taucht auf, ein paar Taxifahrer versuchen ihn festzunageln, da springt er aus dem fünften Stock in den Tod.
    Verstehst du? Tod, Politik, Skandal, schonenswerte Altbausubstanz, Selbstjustiz – und Kunst. Das treibt uns die unterschiedlichsten Zielgruppen direkt in die Arme. Theiresias, damit sind wir zum Erfolg verdammt! Wenn du jetzt noch auf die Schnelle eine stürzende Märtyrerfigur produzierst, können wir Geld scheffeln. Was? Du machst keine Auftragsarbeiten? Soll das ein Witz sein? Du willst das Zeug doch verkaufen. Gut, gut. Denk drüber nach. Wir reden dann noch mal. Aber das ist wirklich eine Chance.
    Ach so. Da fällt mir ein. Du solltest nebenbei auch mal überlegen, was du mir für meine Arbeit zahlen willst. Klar, wir sind Freunde. Aber i ch muss jetzt leider auch an ein Einkommen denken. Ich werde mich als Unternehmensberater und Impresario selbständig machen. Du bist mein erster Kunde. Und du wirst doch nicht wollen, dass ich ganz leer ausgehe, wenn du deine Kunstwerke mit meiner Hilfe verkaufen kannst. Oder? Also, ich denke an eine Beteiligung. Vielleicht dreißig Prozent oder so. Ja ja, weiß ich ja. Du bist Künstler. Aber ich bin keiner, und ich muss auch irgendwie leben. Ich helfe dir, und du hilfst mir. So einfach ist das doch.
    Okay. Lass uns heute abend nicht weiter diskutieren. Denk einfach drüber nach. Aber was anderes. Du sprachst doch neulich von Elena. Die mit dem Käfer. Ja, ich weiß. Schon gut. Habe ich dir erzählt, wie es mir einmal mit einer solchen Uraltbeziehung ging? Laura. Ein Name wie ein Edelstein, oder? Kennst du wahrscheinlich nicht. Ging nicht auf unsere Schule. Sie besuchte ein Institut für privilegierte Mädchen. Ein Internat. Ich lernte sie

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