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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Fahrzeugen tauchte die verschleierte Frau wieder auf, die ein Mädchen zu ihnen führte. Als der Gefreite sie sah, atmete er auf, schloss kurz die Augen, betrachtete sie dann mit einem Lächeln, das seinen Zügen alle Härte nahm. Caelius schmunzelte und dachte unwillkürlich an ein Mädchen mit haselnussbraunen Augen, die unter Kopftuch und Strohhut blitzten, ein rundes Gesicht mit weichem Kinn und vollen Lippen. Ein Gesicht, das ihm half, die Raserei, die Mars und Bellona in der Schlacht über einen Mann warfen, zu bannen. Der Soldat hatte die Hand ausgestreckt, als wollte er nach ihr greifen, rührte sich aber nicht von der Stelle, sondern schaute sie nur stumm an.
    »Heute Nacht werden Wachen nicht reichen«, murrte die andere Frau.
    Der Tribun rieb das Gesicht mit den Händen, auch seine Bewegungen verrieten die überstandene Gefahr. Caelius behielt für sich, dass er dem Statthalter geraten hatte, den gesamten Tross aller drei Legionen über Nacht im Marschlager unterzubringen. Er wollte keine Hoffnungen nähren, die er nicht erfüllen konnte.
    Männer und noch mehr Frauen waren näher getreten und umringten sie, als die Frau einen Schritt auf ihn und den Tribun zu machte.
    »Ich bin Flavia Amra, die Frau des Quintus Statilius, eines Gefreiten unter Lucius Eggius. Ich habe gestern für die Leute im Tross gesprochen, und Legat Vala hat uns Wachmannschaften zugestanden. Ich hoffe, es wird nicht nötig sein, wieder vor das Lagertor zu ziehen, um Schutz zu erhalten.«
    »Ich kann dir nichts versprechen.« In Caldus’ Stimme
zitterte Unsicherheit. »Das fällt nicht in meine Befugnisse.«
    »Aber du kannst ein Wort für uns einlegen!« Sie wandte sich abrupt Caelius zu. »Und du auch!«
    Caelius sah den Tribun hastig nicken und tat es ihm nach. Dabei fiel sein Blick auf den Gefreiten, und jetzt erinnerte er sich an dessen Namen. Titus Annius. Er war von der Vierzehnten als Gerichtsschreiber in Varus’ Stab überstellt worden. Zuvor hatte er in Pannonien gekämpft, sich dort ausgezeichnet und war verwundet worden. Prüfend blickte Caelius an ihm herunter, sah, dass die Hand des Mädchens sich vorsichtig in die des Mannes gestohlen hatte, und lächelte milde.

VIII
    Annius schulterte die Tasche mit seinen Utensilien und verließ nach kurzem Gruß in die Runde der Kameraden das Zelt, in dem er seit ihrem Eintreffen im heutigen Marschlager beim matten Licht vieler Öllampen Tagesberichte zusammengestellt und abgeschrieben hatte. Mit großen Schritten eilte er zwischen den hausartigen Zelten, die notdürftig das Stabsgebäude ersetzten, hindurch zur von Fackeln erhellten Hauptstraße. Sabinus hatte inzwischen sicher das Zelt hergerichtet und ein Abendessen zubereitet. Er hatte ein missmutiges Gesicht gezogen, als Annius gleich nach ihrer Ankunft den Befehl erhielt, sich mit seinen Sachen bei Lagerpraefect Ceionius einzustellen.
    Obwohl die Nacht längst angebrochen war, marschierten jetzt erst die vorderen Centurien der Siebzehnten Legion ins Lager, und bei dem Geräusch Tausender genagelter Stiefel sträubten sich Annius’ Nackenhärchen. Vereinzeltes Husten war zu hören, doch weder derbe noch spöttische Lieder. Von den Schilden, die sie sich ohne schützende Umhüllung auf ihre Rücken geschnallt hatten, war Farbe abgesplittert, und der eine oder andere trug einen frischen Verband.
    Annius schob die Kapuze seines langen Umhangs ein wenig zurück und suchte nach bekannten Gesichtern, während das Pfützenwasser ihm in die Sandalen drang. Seit
Sonnenuntergang fröstelte er in dem klammen Zeug, das er am Leibe trug. Bilder des überstandenen Gefechts stiegen vor ihm auf, das barbarische Gebrüll dröhnte in seinen Ohren. Er ballte die Fäuste, atmete langsam, zählte seine Atemzüge.
    Ein Stoß traf seine Schulter. »He, Mann, hörst du nichts?«
    Verwirrt blickte Annius sich um und erkannte einen Praetorianer, der ihn finster musterte.
    »Du bist Schreiber, richtig?« Der bullige Soldat deutete auf die Tasche, die Annius unter den Arm geklemmt hatte, und Annius nickte. »Dann mir nach!«
    Der Praetorianer steuerte zielsicher auf ein Zelt zu, dessen Eingang zwei Posten flankierten; die Männer hatten Schutz unter dem Vordach gesucht und machten deshalb den Zugang eng. Drinnen war es dampfig von der Nässe des Bodens unter den Teppichen und Matten. Legat Vala, den sie im matt erleuchteten Zelt antrafen, schickte den Praetorianer wieder hinaus und bedeutete Annius nach einem langen, nachdenklichen Blick, sich auf einen

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