Varus - Historischer Roman
Ersten Germanischen Ala, und Iulius Segimerus, Praefect der Zweiten Germanischen Ala, schicken mich. Mein Name ist Actala, ich bin Reiter aus der Ersten Turma der Ala des Arminius. Ich habe Nachrichten für den Statthalter Publius Quinctilius Varus.«
»Die du zunächst mir mitteilen wirst«, entgegnete Vala scharf.
Der Bote warf einen raschen Blick auf die drei Schreiber.
»Hast du tatsächlich geglaubt, dass du ungehindert zum Statthalter vordringen könntest, nur weil du behauptest, dass deine Botschaft von Arminius und Segimerus selbst stamme?«, setzte Vala nach.
Nach kurzem Zögern griff der Bote in seine Tasche und förderte mit eckigen Bewegungen Wachstafeln zutage, zusammengeklappt und verschnürt, die er dem Legaten reichte. Vala kappte die Siegelkapsel mit einem Dolch, zerriss die Schnüre und öffnete das Dokument, dann winkte er einen der Schreiber zu sich und übergab ihm das Schreiben. Annius schloss die Finger um den Griffel und setzte die Spitze an die obere linke Ecke des dunklen Wachsfeldes, bereit, jedes Wort darauf zu bannen.
»Iulius Arminius entbietet dem Publius Quinctilius beste Grüße«, las der Mann. »Wir haben die Truppen vollständig versammelt und bewegen uns in Eilmärschen auf das Gebiet der Brukterer zu. Die Aufständischen haben sich in das Herz
ihres Stammesgebietes zurückgezogen. Dort werden wir sie umzingeln und -«
»In das Herz ihres Stammesgebietes zurückgezogen?«, blaffte Vala. »Und wer sind die Kerle, die uns heute auf der ganzen Strecke angegriffen haben?«
Hart knallte seine Faust auf das Holz des neben ihm stehenden Schränkchens, so hart, dass er sichtlich zurückzuckte und sich den Handballen rieb. Mit zusammengepressten Lippen senkte Annius den Kopf, um seine Erheiterung zu verbergen. Der Bote antwortete nicht, aber was hätte ein Bote auch antworten sollen? Dennoch wirkte Valas Frage wie eine Flamme, an der sich die Luft im Zelt hätte entzünden können.
»Ich weiß es nicht«, stammelte der Bote. »Vielleicht ist es einzelnen Trupps Aufständischer gelungen, unbemerkt zwischen uns und dem Heereszug vorbeizuschleichen. Es können nicht viele sein.«
»Nicht viele?«, brüllte Vala, der sich noch immer die Hand hielt. »Wir haben heute wahrscheinlich ein paar Hundert Männer verloren, und du behauptest, es können euch nicht viele entwischt sein?«
Annius hielt den Atem an, bis in die innerste Faser angespannt, als die Zeltplane zurückgeschlagen wurde. Alle wandten sich dem Eingang zu, wo der Statthalter stand, im Gesicht ein hartes Lächeln.
»Mach den Boten nicht haftbar für die Botschaft, die er bringt, Quintus Numonius«, ertönte Varus’ warme, dunkle Stimme. »Wir kämpfen mit unerwarteten Schwierigkeiten, die Aufständischen setzen sich heftiger zur Wehr, als wir dachten, sie haben uns mit einigen Angriffen überrumpelt. Ja, Quintus Numonius, wir haben Schwierigkeiten, weil die Aufständischen offenbar unsere Schritte vorhergesehen haben.
Aber das geschieht ja nicht zum ersten Mal in der Geschichte des römischen Volkes. Dein Zorn ist berechtigt, doch er führt zu nichts. Wir müssen unsere Lage ruhig und besonnen betrachten und den Willen der Götter erkunden, dann werden wir auch die richtigen Entscheidungen fällen.«
Varus durchmaß den Raum, gefolgt von den beiden Lagerpraefecten Ceionius und Eggius und den führenden Centurionen, einigen Tribunen und einem Schwarm von Schreibern. Neben ihm her eilte sein Leibsklave, der ihm den Mantel richtete, während er sich langsam und würdevoll auf der Kline niederließ. Annius suchte vergeblich nach Caldus unter den Offizieren. Die meisten täuschten die ihrem Stand und Rang angemessene Teilnahmslosigkeit vor, doch an diesem Abend gelang es ihnen keineswegs so gut wie sonst.
»Habt ihr schon die Kundschafter angehört?«, fragte Varus mit hochgezogenen Brauen, und als Vala den Kopf schüttelte, schickte er einen seiner Volontarier mit einem Fingerschnippen hinaus. Der Leibsklave reichte ihm einen Kelch, dann ein Tuch, um sich den Mund abzutupfen, was Varus nur nachlässig tat. Flüsternd unterhielt er sich mit Vala, bis der Volontarier endlich zurückkehrte. Ihm folgte ein Soldat im lehmbespritzten Umhang, den Helm unter den Arm geklemmt, ein Decurio mit vernarbtem, sonnengegerbtem Gesicht, der straff grüßte.
Annius beugte sich wieder über die aufgeklappten Wachstafeln. Mit einer raschen Notiz vermerkte er das Eintreffen der Offiziere, kritzelte Kürzel anstelle der vollständigen Namen und
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