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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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übers Gesicht und füllte sie mit kalter Angst, während sich die Männer entfernten, gefolgt von einem schnatternden Schwarm verängstigter Frauen.

IX
    V arus saß auf dem Sessel und umklammerten den Kelch, als müsste er sich daran festhalten. Unverwandt stierte er in das leere Gefäß, als gäbe es die Runde der Offiziere nicht, die sich um ihn im Hauptzelt drängte. Die Plane blähte sich im Sturm, Verlustlisten waren verlesen, Berichte erörtert worden, doch niemand hatte es gewagt, das markerschütternde Kampfgebrüll der Aufständischen zu erwähnen, geschweige denn die Namen der Anführer, die sie laut im Munde geführt hatten.
    Ceionius erspähte den Tribun Caldus, der so weit wie möglich vom Statthalter entfernt stand. Er war verspätet eingetroffen, und sein Schweigen war beredter als jeder Bericht. Auch Vala, der sich wie üblich neben dem Statthalter hielt, hatte ihn wohl gesehen und wechselte einen hilflosen Blick mit Ceionius. Nachdem auch der letzte Offizier sich zur Lage geäußert hatte, senkte sich eine bleierne Stille herab. Die unruhigen Flämmchen an den Kandelabern warfen einen zitternden Lichtschein auf Mäntel und Waffenröcke. Endlich hob Varus den Kopf, schaute in die Runde und richtete sich auf. Den Kämmerer, der zu ihm eilen wollte, verscheuchte er mit einer ungeduldigen Handbewegung. Dann räusperte er sich leise und rieb sich das Kinn.
    »Wir sind auf eine überaus heimtückische Weise verraten
worden«, begann er rau. »Wohlwollen und Freundschaft wurden ausgenutzt, um uns in Sicherheit zu wiegen, heimlich wurden feindselige Bande geschmiedet und …«
    Plötzlich erstarrte er, aber er hatte keine Vision erschaut, sondern nur Caldus unter den Offizieren erkannt, wie Ceionius bemerkte, als er dem Blick des Statthalters folgte.
    »Ich werde uns nicht aufhalten mit Reden«, fuhr Varus schließlich fort. »Wir sind in der Klemme und müssen zusehen, uns so schnell wie möglich freizuhauen.«
    Er ließ sich wieder auf dem Sessel nieder und schien in sich zusammenzusinken. Die Offiziere schwiegen. Ceionius ahnte, dass die Lähmung, die er fühlte, beinahe alle Anwesenden befallen hatte. Mühsam erfolgte die Aufteilung der Nachtwachen, Kundschafterberichte wurden angehört, während Varus teilnahmslos in seinem Sessel saß und vor sich hin starrte, als wollte er nicht hören, wie es um sie stand. Sie waren auf ihrem Hügel von drei Seiten umzingelt; die vierte Seite fiel zu den Mooren hin ab und bot keine Möglichkeit zum Entkommen. Die Zahl der Gegner schien von Stunde zu Stunde anzuwachsen. Als der letzte Kundschafter verstummt war, schnaubte Ceionius.
    »Offenbar steht jeder Mann zwischen diesen Mooren und der Lupia unter Waffen, und ich frage mich, wie Arminius und Segimerus das -«
    »Nenne diese Namen nicht!«, dröhnte die Stimme des Statthalters durch das Zelt. Er war aufgesprungen und funkelte Ceionius angriffslustig an.
    Beschwichtigend hob Ceionius die Hände und trat einen Schritt zurück. Der Statthalter atmete tief durch, blickte in die Runde.
    »Ihr wisst, was zu tun ist«, schnaubte er übellaunig. »Sichert das Lager und beobachtet die Wälder!«

    Herrisch warf er den hellen Umhang über die Schultern und stapfte hinaus, ließ die Runde der Offiziere bestürzt zurück.
     
    Auf dem Wall suchten die Wachen Schutz hinter zusammengebundenen Schanzpfählen und Schildmauern. Ceionius, der mit einem kleinen Gefolge einen nächtlichen Rundgang machte, grüßte jeden von ihnen, während er sich von einem Stabsgefreiten die Liste der eingegangenen Klagen vortragen ließ. Am Haupttor blieb er stehen und blickte hinunter auf die Wagenburg, die sich dort gebildet hatte.
    »Wir sollten zumindest die Leute ins Lager holen«, murmelte er, nicht zum ersten Mal an diesem Abend.
    »Du weißt, was sie sagten, als es hieß, sie könnten rein, müssten aber ihre Tiere und Wagen draußen lassen. Sie wollten lieber draußen übernachten.«
    Besorgt schüttelte Ceionius den Kopf. »Die Aufständischen haben sich zwar zurückgezogen, aber ich traue dieser Ruhe nicht.«
    Er stieg auf den Kamm des Walles, blickte über den Doppelgraben und den schmalen Wiesenstreifen hinweg auf die schwarze Schattenlinie des Waldes. Ein leichter Nachtwind verursachte ein feines Rauschen im Laub. Kundschafter durchkämmten die Umgebung, seitdem die ersten Truppenteile beim Lagerplatz eingetroffen waren. Sie hatten die Feinde beobachtet, konnten sich ihnen aber nur sehr vorsichtig nähern, denn deren Späher kannten

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