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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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wird, Edo Magnani sei Dank. Mit einem skeptischen Seufzer drehst du dich auf die andere Seite. Du fragst deine Frau, für welche Partei sich Romina denn aufstellen lassen würde. Nur so aus Neugier.
    »Mitte-Links.«
    »Ausgerechnet für die Kommunisten, dabei stinkt sie doch vor Geld.«
    Elisa antwortet nicht. Elisa hat keine Argumente. Elisa hat sich in ihrem ganzen Leben noch nicht für Politik interessiert, und du hoffst inständig, dass sie nicht wegen ihrer Freundin plötzlich damit anfängt.
    Du hörst, dass sie sich unter der Bettdecke umdreht, ein kaum wahrnehmbares Rascheln. Sie kuschelt sich an deinen Rücken, atmet ganz nah an deinem Ohr.
    »Warum hast du aufgehört?«, flüstert sie, in einem schleppenden, fast rauen Ton.
    »Wann?«
    »Vorhin.«
    »Weil ich gekommen bin.«
    Elisa scheint dem nichts hinzufügen zu wollen.
    »Warum fragst du?«
    »Nur so.«
    Um drei Uhr nachts bist du immer noch wach und siehst zu, wie die Leuchtziffern an der Wand sich langsam und unerbittlich verändern. Elisa hat gelogen. Oder Rominas Telefon war kaputt.
    Das kann nicht sein. Außerdem hat Elisa sich bestimmt nicht für eine Partie Burraco unter Frauen so aufgedonnert.
    Um halb vier bist du drauf und dran, dir den Schädel an der Wand zu zertrümmern, um das schleichende Gift des Misstrauens auszumerzen. Nicht einmal eure wilde Vögelei, die leidenschaftlich war wie schon lange nicht mehr, kann dich beruhigen.
    Irgendein unerträgliches Geheimnis macht sie noch schöner und begehrenswerter, und du solltest es dabei belassen. Aber Elisa ist deine Frau. Elisa gehört dir. Schluss, aus.
    Undenkbar, dass Elisa Geheimnisse vor dir hat.
    Das wäre unverzeihlich. Dass du dich seit zwölf Jahren ihr und ihrer Schönheit widmen darfst, ist ein unbestreitbarer Luxus, für den das Schicksal dich früher oder später zahlen lassen wird, denn im Universum der Familie Domini wird einem nichts geschenkt.
    Nach der Party ohne Gäste im Ferienhaus der Familie Domini hast du Elisa fast jeden Tag im Bagno Corallo besucht, mal mit dem Zug, mal mit dem Moped. Meist gegen fünf. Fast jeden Tag hast du ihr eine Kassette mitgebracht, aufgenommen auf dem doppelten Tapedeck deines Freundes Michelangelo.
    Wenn du an den Strand kamst, hatte sie ihr Nachmittagsbad schon genommen. Du bist nie schwimmen gegangen. Schon als Junge konntest du das Meer nicht leiden. Das Salz, das auf der Haut brennt, der Sand an den Füßen, die drückende Sonne auf dem Kopf. Du hast dich in die Strandbar gesetzt, in der Gazzetta dello Sport geblättert und auf Elisa gewartet. Manchmal hattest du deinen Walkman dabei, um dir die Kassette im Zug noch einmal anzuhören. Ob sie ihr wohl gefallen würde? Waren die Stücke auch alle in derselben Lautstärke aufgenommen? Hattest du die Titel in der richtigen Reihenfolge aufgeschrieben? Anfangs hast du sogar noch neben jedem Lied den Zählerstand notiert. Wäre es nicht besser, auch noch eine Widmung unter das Datum zu schreiben? Einen Satz oder so? Im Schreiben warst du nicht besonders gut, als du achtzehn warst.
    Irgendwann gesellte sie sich, in ein Strandtuch gewickelt, zu dir in die Bar. Sie konnte stundenlang in der Sonne ausharren. Regungslos. Ihre Haut wurde von Tag zu Tag dunkler und glänzte dabei wie exotisches Holz. Sie setzte sich, beugte sich vornüber und kämmte sich ausgiebig, unterzog jedes Haar, das in der Bürste hängen blieb, einer minutiösen Untersuchung. Du holtest ihr ein Minzsorbet und für dich selbst dieses Eis in Fußform mit dem Schokoüberzug am großen Zeh. Wenn du zu dem Sonnenschirm aus Schilfrohr zurückkamst, saß sie da und hielt sich deinen Kopfhörer unter die Locken. In den runden Schaumstoffscheiben hing noch ihr Duft, wenn du im Zug nach Hause daran rochst. Jedes Mal nagtest du nervös an dieser Schokozehe, bis endlich ihr Urteilsspruch kam. Gefiel ihr das Lied, lächelte sie und wippte mit den Schultern dazu, ohne vom Liegestuhl aufzustehen. Die Alten in der Bar und die kleinen Jungen an den Spielgeräten drehten sich nach ihr um und sahen zu.
    Manchmal habt ihr ein bisschen Tischtennis gespielt. Hin und wieder kamen auch Mariano und seine spätere Frau auf eine Partie Rommé vorbei. Gegen sieben hast du Elisa durch den Pinienwald nach Hause begleitet, inmitten der Heerscharen von mit Luftmatratzen und Sandeimern beladenen Urlaubern, in jener seltsamen Stunde, in der sogar die erbarmungslose Ferienmaschinerie innehält.
    So ging es die ganze erste Ferienhälfte weiter, ohne dass sie

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