Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)
hässlich sind und keine Augen haben.
»Das sind nur Statuen, verstehst du? Etruskische Statuen.«
»Was heißt truskisch?«
» E -truskisch. Die Etrusker, das war mal ein Volk. Sie lebten hier in der Nähe. Aber das ist schon viele Jahre her.«
»Wie viele Jahre? Zehn?«
»Nein, viel mehr … Das war vor zweitausend Jahren.«
»Zweitausend. Als Athena die Rüstungen der Gold Saints gemacht hat also?«
Schwierige Frage.
»Mehr oder weniger.«
»Und die leben also nicht mehr, die Trusker?«
»Die E-trusker. Nein, die leben nicht mehr.«
»Und gab es bei denen auch Monster?«
Das Interesse deiner Tochter an Monstern könnte dir helfen, ein paar Minuten zu gewinnen. Selbstverständlich hatten sie welche, das kannst du ihr zeigen. Zum Beispiel diese geflügelte Göttin mit Haaren wie Schlangen und einer Art Fackel in der Hand. Als Caterina sie argwöhnisch beäugt, wirbeln all deine Notizzettel auf den Boden.
»V… a… n… Vanth steht da drunter.«
»Das ist ihr Name.«
Während du versuchst, die richtige Reihenfolge deiner Anmerkungen und der dazugehörigen Maße wiederherzustellen, sagt Caterina, dass die Göttin genauso vorspringende Brüste habe wie Mama, das habe sie beim Baden gesehen. Dass Mamas aber größer seien, oder?
»Stimmt«, gibst du zu.
Caterina beugt sich über die alte Buchausgabe und versucht unter Zuhilfenahme des Zeigefingers, eine Bildunterschrift zu entziffern.
»Papsi, hier steht, dass Vanth eine Todesdämonin ist.« Höchste Zeit, das Steuer herumzureißen.
»Was meinst du wohl, wer stärker wäre: die Krieger des Zodiac oder die Etrusker?«
»Hatten die Trusker auch goldene Rüstungen?«
»Das weiß keiner. Aus Gold wohl eher nicht.«
»Dann würde Pegasus sie alle zerstören. Blitz von Pegasus!«
Nach dem ohrenbetäubenden Blitz von Pegasus, der die truskische Zivilisation in ein Häufchen Asche verwandelt, stellt Caterina zufrieden fest, dass es aus sei mit den Truskern. Also Schluss damit, weg mit den Fotos, weg mit allem.
Während sie versucht, ein paar Abzüge zusammenzurollen, deren Negative mittlerweile unauffindbar sind, verkündet sie, dass ihr euch nun das Hochzeitsalbum ansehen werdet. Du machst Anstalten, ihr zu erklären, dass sie jetzt dringend ins Bett muss, aber du weißt, wie hoffnungslos das ist.
Was Caterina will, das nimmt sie sich. Genau wie du.
Als hoffnungslos erweist sich auch die Suche nach dem Album mit edlem Kapitalband und samtenem Lesezeichen, Einband aus weißem Jacquard, gaufriertem Karton und den von dir persönlich im Labor deines Freundes Michelangelo ausgedruckten Fotos.
In der Schublade des Fernsehschranks ist es nicht. Elisa wird es beim Aufräumen weggestellt haben. Vielleicht in den großen Kleiderschrank? Auch nicht.
»Die Mama versteckt immer alles.«
Caterina stampft mit den Füßen auf, zerrupft die bunten Papierblumen, schmeißt sich auf den Teppichboden und brüllt, Mama räume auch immer ihre Puppen und ihre Spielsachen weg, überhaupt sei sie ganz gemein und immer böse auf sie.
»Das stimmt nicht. Lüge«, sagst du und tust alles, um sie zu beruhigen. Du versprichst ihr einen Game Boy, den ganz neuen, und willst sie auf den Arm nehmen, aber Caterina ist ein einziges Nervenbündel, der Rotz läuft ihr aus der Nase, sie sabbert herum und krallt sich mit den kleinen lackierten Fingernägeln am Sofabezug fest, aber wenn der kaputtgeht, kriegt Elisa einen Anfall.
Doch da fällt Furio Guerri, dem liebsten und verständnisvollsten Vater der Welt, die Lösung ein. Ihr ruft Mama bei Romina an, und dann kann sie euch sagen, wo sie das Fotoalbum hingeräumt hat. Aber nur, wenn Caterina jetzt sofort nach oben geht, sich wäscht, den Schlafanzug anzieht, in ihr Bett geht und dort auf Papsi wartet. Ganz brav.
»Nein, in eurem Bett.«
Meinetwegen, aber damit Ende der Verhandlung.
Beim ersten Mal denkst du, du hast dich verwählt. Beim zweiten Versuch bist du sicher, alles richtig gemacht zu haben. Beim dritten stellst du dir vor, dass Romina und Elisa sich wer weiß wo auf dem Gelände des Agriturismo aufhalten, vom Telefon weit entfernt. La Volpaia ist riesig, allein das Herrenhaus verfügt über drei Etagen mit jeweils zehn Räumen.
Beim fünften Versuch wickelst du dir das Telefonkabel um die geschlossene Faust und beschließt, deiner Frau ein Handy zu schenken, und zwar noch vor Weihnachten. Die Ausrede, Handys würden ihre Handtasche ausbeulen, lässt du nicht mehr gelten, inzwischen gibt es auch leichte Geräte, sogar
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