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Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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›Jetzt, wo Sie verstanden haben, dass sich nachher nichts mehr ändern lässt, sollten Sie allein entscheiden.‹ Ich sagte Ja, und er ließ mich einen Antrag auf Verlegung in die Haftanstalt von Gorgona ausfüllen. Ich sagte, dass ich Angst vor dem Meer hätte und da nicht hinwolle. Doch er meinte nur, dass höchstens einer von hundert Anträgen bewilligt würde und er ein ganz schlechtes Gutachten über mich schreibe, ich bräuchte mir also keine Sorgen zu machen. Trotzdem sei es hilfreich, diesen Antrag zu stellen.«
    Laura hat ihr Handy wieder eingesteckt und sich auf ihren unausgepackten Koffer gesetzt.
    Ich springe in meiner Erzählung zwei Monate weiter, zu dem Tag, als ich mit dem Polizeiboot auf die Insel eskortiert wurde. Der Psychologe saß mir gegenüber, unter Deck. Er sah, dass ich totenbleich war, und wollte wissen, ob mir übel sei. Mir war speiübel, also gingen wir an Deck. Als ich die Insel aus dem Dunst auftauchen sah, bekam ich meine erste Panikattacke. Ich wollte ins Wasser springen und erklärte dem Psychologen, dass er mich auf dem Gewissen habe.
    Gorgona kannst du sogar von deiner Mansarde aus sehen. Das ist die Insel mit dem Frauenprofil. Sieht aus wie eine Totenmaske. Ich habe mich erst wieder beruhigt, als sie mir sagten, alle würden ein Frauenprofil darin sehen. Deshalb auch der Name Gorgona, ob ich das nicht wüsste? Das wusste ich nicht. Es war also gar keine Halluzination.«
    Ich hole den Schlüssel aus der Hosentasche, werfe ihn neben Laura aufs Bett und lehne mich, die Hände im Nacken verschränkt, gegen das Kopfende.
    »Willst du noch mehr wissen? Vielleicht, warum ich es getan habe?«
    Endlich ringt sie sich dazu durch, etwas zu sagen.
    »Ändert das Warum denn irgendetwas?«
    Ich klettere aus dem Bett und gehe ins Bad pinkeln.
    Ich sehe zu, wie sie ihre Sachen einsammelt, sich von der erstaunten Zimmerwirtin verabschiedet und ihr Gepäck im Kofferraum verstaut.
    Sie wollte die Wahrheit wissen. Schön. Sie weiß noch nicht die ganze Wahrheit, aber ich habe mir geschworen, kein Wort mehr zu sagen.
    Die Wahrheit.
    Erst verschweigt man sie, um nicht alles zu zerstören, und dann ist es zu spät, und sie würde ohnehin nicht mehr helfen, die Wahrheit.
    Als Laura schon einen Fuß im Wagen hat, halte ich die Fahrertür fest.
    »Was glaubst du, für wen Caterina das gemacht hat?«
    »Was?«
    »Was sie im Unterricht gesagt hat, dass sie das Buch gelesen hat, die Aufsätze, das Gemälde. Für wen hat sie das alles gemacht? Du kennst sie, du denkst doch, sie habe sich verliebt …«
    »Ich denke gar nichts mehr. Für heute habe ich genug davon, Flavio oder Furio oder wie auch immer du heißen magst. Genug von dir, von Caterina und von der ganzen Geschichte.«
    »Du musst es aber wissen: Sie hat es für mich getan. Durch mich. Ich habe ihr von diesem Buch erzählt. Wir haben jeden Tag Kontakt, sie und ich. Davon weißt du nichts, und die beiden Ärsche erst recht nicht …«
    »Und weiß es Caterina?«
    »Nein.«
    »Gratuliere. Lass die Tür los.«
    »Ich wollte nur, dass du das weißt«, sage ich, doch in Wirklichkeit sage ich es zu mir selbst. Was erwarte ich, der ich nie von irgendwem Vergebung verlangt habe, jetzt von dieser Frau? Warum habe ich meine ganze Wahrheit vor ihr ausgebreitet? Warum will ich nicht, dass sie wegfährt?
    »Lass die Tür los«, sind die einzigen Worte, die ich von ihr höre.
    Ich lasse die Tür los, Laura zieht sie zu und startet den Motor.
    Zum Teufel mit der Wahrheit. Die Wahrheit bringt einen Scheißdreck, sonst gar nichts.
    Den Rest des Abends verbringe ich damit, zwischen all den Fackeln und Hellebarden einen Internetanschluss ausfindig zu machen. Zum Glück residiert unten im mittelalterlichen Turm die öffentliche Bibliothek, wo ein armer Angestellter bis elf Uhr Dienst schieben muss, und das auch noch im Pagenkostüm.
    Catherine : wo hast du gesteckt??????
    Heathcliff : vorbereitungen für unser treffen im hochmoor. hab das ticket nach leeds gekauft.
    Eine Reihe Mambo tanzender Smileys.
    Heathcliff : und du, neuigkeiten?
    Catherine : die 2 ärsche haben deine freundin angerufen … die sagt, 2 wochen englischkurs sind das mindeste … hat 1 menge unterlagen geschickt, keine ahnung, die 2 ärsche haben 1 stunde lang die homepage studiert …
    Heathcliff : hast du gesehen, wo scarborough liegt? am meer, genau an der grenze zur grafschaft yorkshire.
    Catherine : JAAAAA …!!!!!!!!!!!!!!
    Heathcliff : und … darfst du?
    Catherine : uffffff … die blöde

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