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Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Vater, Mutter, Tod (German Edition)

Titel: Vater, Mutter, Tod (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Langer
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glaube ich.«
    »In Kreuzberg. Wo genau? Fahren Sie in Gedanken noch einmal den Weg, den Sie damals gefahren sind«, forderte er sie auf.
    Die Frau überlegte, rief sich die Bilder des Trauertages zurück ins Gedächtnis.
    »Am Halleschen Tor. Wir sind den Mehringdamm entlanggefahren.«
    »Wissen Sie noch, woran Ihre Mutter gestorben ist?«
    »Lungenkrebs.«
    »Glauben Sie immer noch, dass Sie mit Ihrer Mutter im Lafayette beim Shoppen waren?«
    Die Frau fühlte sich, als habe der Arzt ihr die Bettdecke weggezogen und sie läge nackt und bloß vor ihm.
    Sie antwortete leise: »Nein.«
    »Gut.«
    Nun begann sie, von sich aus zu berichten, zunächst stockend: »Mir kamen erste Zweifel, als …«
    »Ja?«
    »… als mein Mann abends so geschockt reagierte.«
    »Wie bitte?«, Rakowski sah die Frau irritiert an. Jetzt erinnerte er die Frau nicht mehr an einen Engel, doch das interessierte sie nicht; sie verlor sich in ihrer Erzählung.
    »Mein Mann. Er sah mich so merkwürdig an.«
    »Ihr Mann sah sie merkwürdig an?«
    »Sag ich doch! Und er sagte mir, dass meine Mutter bereits vor zwei Jahren gestorben sei.«
    Rakowski beugte sich nach vorn: »Wissen Sie noch, wie Sie mir die Situation vorhin geschildert haben?«
    »Ich habe Ihnen exakt dasselbe erzählt.«
    Rakowski atmete tief durch, lehnte sich dann wieder zurück.
    »Interessant«, kommentierte er.

6. Kapitel
    Fünf Tage vor der Katharsis
     
    M achen Sie auf! Hier ist die Polizei!«
    Die einzige Auswirkung Mantheys lauter, sonorer Stimme war, dass die wummernden Hip-Hop-Rhythmen aus einer der Nachbarwohnungen schlagartig verstummten.
    Mit einem Mal schien es totenstill im Haus zu sein.
    Manthey hatte geklingelt und gerufen, nun hämmerte er mit der geballten Rechten gegen die Tür.
    Die Faustschläge hallten wie Donner durch den verschmutzten Flur.
    »Machen Sie auf! Polizei!«, wiederholte er.
    Er lauschte: nichts.
    Neben ihm standen Schultheiss, Volker Prengel von der Spurensicherung, sowie eine Polizistin und ein Polizist in Uniform.
    Zwei weitere Beamte hatte Manthey unten an der Haustür platziert.
    Könnte ja sein, dass die Gesuchte vom Fenster aus gesehen hat, wie zwei Wagen vor dem Wohnblock halten und Polizisten aussteigen, hatte Manthey sich gedacht. Die Frau hätte sich sonst irgendwo im Haus befinden und seelenruhig versuchen können, es zu verlassen, während die Polizei in der Wohnung im achten Stock nach ihr suchte.
    Solch ein Fehler war ihm nur ein einziges Mal unterlaufen. Damals, in Teltow, als er einen seiner ersten Einsätze geleitet hatte.
    Manthey ging einen Schritt zurück.
    Er nickte den beiden Uniformierten zu.
    Die Polizistin zog ihre Waffe und entsicherte sie. Währenddessen stellte sich der Polizist vor die Tür, holte einmal tief Luft und trat dann gezielt mit seinem schweren Uniformstiefel gegen das Türschloss.
    Bereits beim ersten Versuch knirschte das Billigfabrikat so laut und erbärmlich, als winsle es um Gnade. Aus dem Augenwinkel sah Manthey, wie Schultheiss zusammenzuckte.
    Die Polizistin zielte, mit beiden Händen die Waffe umfassend, auf die Tür, als ihr Kollege zum zweiten Tritt ausholte.
    Der Stiefelabsatz erwies sich als hartnäckiger als die Wohnungstür. Das Holz ums Schloss herum zersplitterte.
    Die Tür schwang nach innen auf, an der Stelle des Schutzbeschlags gähnte ein Loch. Gespannt starrten die Polizisten in die Wohnung.
    Der Schutzbeschlag baumelte mitsamt Türklinke und Schließvorrichtung im Türrahmen zwei Mal hin und her, bevor er klappernd zu Boden fiel.
    Dann ein kollektives Aufatmen: Hinter der Wohnungstür stand niemand!
    Die Polizistin machte mit der Pistole im Anschlag einen Schritt auf den Eingang zu, ihr Kollege zog nun seinerseits seine Waffe und sicherte die Polizistin ab.
    Die Tür zur Linken – nur angelehnt – stieß die Uniformierte mit einem Ruck auf, um sich gleich darauf beherzt in den Rahmen zu stellen.
    Sie zielte geradewegs auf eine Duschkabine. Durch die trüben Kunststoffscheiben war deutlich zu erkennen, dass sich dort niemand versteckte. Auch im restlichen Badezimmer hielt sich keine Menschenseele auf.
    Nächster Raum, gleiche Verfahrensweise, danach zwei weitere.
    Die beiden Polizisten entdeckten erst das Kinderzimmer, dann das elterliche Schlafzimmer; beide verwaist. Ebenso das Wohnzimmer.
    Nur noch eine Tür blieb übrig, sie stand offen.
    Die Polizistin sprang in den Rahmen, sah umher. Schließlich senkte sie ihren Blick und schrie auf.
    Zuerst dachte Manthey, sie wäre in

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