Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)
»Nicht schlecht«, ist sein Urteil. Er zieht ein großes Portemonnaie aus seiner Backentasche und entnimmt ihm einige Scheine.
Mona.
Dies ist der erste Tag ihres Lebens. Wo ist sie hier nur? Was geht vor sich? Die Atmosphäre ist beängstigend, die Männer kennt sie nicht. Einer von ihnen hält ihre Hand fest. Plötzlich weiß sie, dass das ihr Vater ist. Mona ist acht, vielleicht neun Jahre. Nicht älter. So fühlt sie sich, auch wenn der Körper schon zwölf ist. Ängstlich drängt sie sich an ihren Vater heran, wirkt noch jünger dadurch.
»Nun stell dich nicht so an«, sagt der und schubst sie weg. Es ist ihm offenbar peinlich, dass seine Tochter so schüchtern wirkt. Sie muss sich in jeder Situation angemessen verhalten.
Angemessen, was ist das hier?
Er, der seine Tochter als Besitz betrachtet – wie seinen linken Arm oder seinen Mahagonischreibtisch –, benötigt ihr angemessenes Verhalten, um sein brüchiges Ego zu stützen. Sogar hier, in diesem Kinderbordell, soll sie souverän und gelassen wirken. So wie er gerne wäre.
»Mach mir keine Schande«, sagt er und gibt ihr einen Klaps auf den Po. Dann lächelt er den anderen Mann an, empfängt das Geld des Fremden und fügt, wieder an Mona gewandt, hinzu: »Wenn du schön brav bist und alles tust, was man dir sagt, wird dir auch nichts geschehen.«
»Machen Sie es sich gemütlich«, sagt der Mann zum Vater und weist auf eine Reihe Stühle, wo schon andere Männer sitzen. Einer in einem verschwitzten weißen Hemd mit kurzen Ärmeln ist so dick, dass er kaum auf den Stuhl passt. Fasziniert verliert sich Mona in der Betrachtung seiner dicken Beine und des Fleisches an seinen Hüften, das sich in Wellen weich über die stählernen Armlehnen des Stuhls legt. An einer Stelle verschwinden die Lehnen ganz unter seinem Fleisch, und es hat den Anschein, als wolle es sich verbinden mit dem anderen Fleisch, dem von seinen Oberschenkeln, die darunter in die Höhe quellen. Als ob sein Fleisch in aller Stille wächst und wuchert, während der Mann dort sitzt und sie aus glasigen Augen anstarrt.
»Na, komm. Träum nicht.«
Ein Ruck geht durch Monas Arm, und sie kommt wieder zu sich: Der Mann in dem schicken Anzug zieht an ihrer Hand, dann geht er mit ihr eine Treppe hoch und einen langen Gang entlang. Mona dreht sich um und sieht, wie ihr Vater sich neben den fetten Mann setzt und die beiden ein Gespräch beginnen.
Auf dem Gang hört sie ein Kind weinen. Das Schluchzen kommt aus einem der Zimmer. Was geschieht dort? Jemand schreit. In eines dieser vielen Zimmer gehen auch sie nun hinein. Dort verlangt der Mann etwas Merkwürdiges: Mona soll sich ausziehen. Vor diesem fremden Mann. Der sieht, wie das Mädchen zögert und sagt lächelnd und ermutigend: »Na komm, es wird ganz toll werden, du wirst schon sehen.«
Das ermutigt Mona gar nicht. Sie rührt sich nicht von der Stelle, macht keine Anstalten, sich zu entkleiden.
»Nun mach schon!«, schreit der Mann sie plötzlich an. Wie falsch sein Lächeln war, hat sie schon vorher gespürt. Ganz dicht hält er jetzt sein Gesicht vor ihres. Seine Augen sind riesig und böse. Da weiß sie, dass sie keine Wahl hat. Sie zieht sich aus und bekommt neue Kleidung.
In Rot.
So was hat sie noch nie gesehen. Aber was hat Mona denn überhaupt schon gesehen? Eigentlich sind das gar keine richtigen Kleider, das weiß sie. Unterwäsche ist es auch nicht. Es ist ganz durchsichtig und an merkwürdigen Stellen offen.
Mona schämt sich. Ihr ist kalt.
Der Mann greift wieder nach ihrer Hand und zieht sie hinter sich her zu einem der anderen Zimmer, öffnet die Tür und schubst das Mädchen hinein. Gleich hinter der Tür bleibt sie stehen, greift nach der Klinke, aber es ist schon wieder abgeschlossen. Sie schaut sich um: zwei Fenster mit dicken Vorhängen, ein großes altes Bett, eine Lampe und ein Sessel. Dort sitzt jemand. Ein kleiner, dicklicher alter Mann. Er schaut sie an. Er soll sie nicht anschauen.
Nicht so.
Nicht so, wie sie ist. Sie hält die Hände vor all die offenen Stellen in ihrer Kleidung. Der Mann steht auf. Auch er ist komisch angezogen: Er trägt einen Bademantel. Er lächelt. So komisch. Irgendwie lächeln die hier alle so komisch. Sie gucken Mona zwar an und lächeln, aber in Wirklichkeit sehen die sie gar nicht.
Was sehen sie?
Dieser Mann auch. Was ist mit seinen Augen? Näher kommt er, immer näher. Vor ihr bleibt er stehen. Dicht.
»Du bist mir ja eine ganze Süße«, sagt er.
Mona schaut zu ihm hoch. In
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