Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)
seinen Mundwinkeln ist schaumige Spucke. Plötzlich sieht Mona, dass er unter dem Bademantel gar nichts anhat. Sie bekommt Angst. Ganz kalt ist ihr. Der Mann bemerkt ihre Angst und sagt beruhigend:
»Du musst überhaupt keine Angst haben, wir machen es uns nur ein bisschen gemütlich.«
Mona ist nicht beruhigt.
Der Mann zieht sie aufs Bett und beginnt, sie zu streicheln. Es ist gar nicht gemütlich.
»Ich bin ganz vorsichtig«, sagt der Mann.
Und greift ihr zwischen die Beine. Er findet, er macht das besonders zärtlich und rücksichtsvoll. Wie auch immer er es macht, Mona hat keine Ahnung, was das alles bedeutet. Sie weiß nur, dass es schrecklich ist. Sein altes Gesicht so dicht vor ihr, wie es schnauft und sie gar nicht ansieht. Sein Geruch, und wie er schwitzt.
Er betastet sie am ganzen Körper. Auch sie soll ihn betasten. An diesem Ding zwischen seinen Beinen. Er legt ihre kleine Hand darum, und mit seiner großen bewegt er ihre Hand auf und ab. Er schnaubt. Sagt Sachen, die sie nicht versteht. Hebt sie hoch und setzt sie wieder ab. Auf diese Seite und auf jene. Wie eine Gelenkpuppe mit schlackernden Gliedern fühlt sich Mona hin und her geschubst und gewendet. Gesetzt und gelegt. Gestellt und gedreht.
Das geht eine Weile so weiter.
Schließlich kommt dann auch noch die Erfahrung, die der Körper schon Hunderte von Malen gemacht hat. Mona aber erlebt es heute zum ersten Mal: Ein riesiger, schwerer Körper geht auf sie los und begräbt sie unter sich.
Jetzt muss ich sterben, denkt Mona.
»Das wird dir Spaß machen«, keucht der Mann. »Nun zeigt der Onkel Wolfgang dir was ganz Schönes.«
Das wird dir Spaß machen – wie oft haben die Personen in Angela Bahr diese Worte schon gehört. Niemals hat es ihnen Spaß gemacht. Aber das muss wohl ihr Fehler sein. Wenn die Erwachsenen es immer wieder sagen, bedeutet das doch, dass es ihnen Spaß machen muss. Oder? Den Erwachsenen macht es Spaß. Jedenfalls sagen sie das. Auch wenn sie dabei gar nicht lustig aussehen. Eher als ob ihnen etwas weh tut. Gequält. Manchmal schreien sie sogar.
»Das wird dir Spaß machen.«
Keiner von ihnen hat es jemals Spaß gemacht. Aber die Erwachsenen wollen, dass es ihnen Spaß macht. Also machen sie etwas falsch. Aber sie müssen doch alles richtig machen! Sonst wird es nur noch schlimmer. Also müssen sie auch dieses richtig machen.
So schaffen sie eine Person für den Spaß.
Eine, die alles richtig macht.
Die lacht, wenn es schmerzt. Erregt wird, wenn man sie quält.
Und feucht, wenn die Männer es wollen. Das ist Romy.
Extreme Schamgefühle und Todesangst in sexuellen Situationen lösen Romy aus.
Romy hat das, was diese Männer »Spaß« nennen. Sie ist sexuell erregt. Eine Erregung, die aus Todesangst kommt. Romy spürt, was das ist: Liebe unter Willen. 32 Ohne zu wissen, was das heißt. Und gleichzeitig ist sie voller Schamgefühle über diese Erregung, die sie nicht verstehen kann. Erniedrigt, schmutzig, widerlich fühlt sie sich.
Der letzte Dreck.
Und sie glaubt den Männern, die zu ihr sagen: Es macht dir doch »Spaß«. Du willst es doch auch. Du bist doch selber schuld. Du geile, kleine Nutte, du.
Weil die anderen in Angela Bahr diesen Teil ausblenden, ihn nicht erleben müssen, gelingt es ihnen, immerhin Teile von Selbstachtung zu bewahren.
Zu Romys Lasten.
Während der Mann Mona vergewaltigt, sind die Schmerzen plötzlich weg. Ein Gefühl, das sie nicht kennt, geht durch den Körper hindurch. Was ist das?
Dann ist auch Mona weg.
Und Romy liegt dort an ihrer Stelle.
Als der Mann fertig ist, schaut er das Mädchen an. Die Kleine ist acht, so hat man ihm gesagt, und er glaubt es auch. Sie sieht kein Jahr älter aus. Eine Achtjährige, die einen Orgasmus hat, das hat er noch nie erlebt.
»Du bist ja richtig klasse«, sagt er anerkennend zu ihr, während er auf der Bettkante hockt und wieder zu Atem kommt, »das muss ich gleich den anderen sagen.«
Dann steht er auf, geht ans Waschbecken, lässt Wasser laufen, und das Mädchen spürt, wie er sie im Spiegel beobachtet. Dann bindet er seinen Bademantel wieder zu und geht hinaus.
Als sie allein ist, kehrt Mona zurück. Und mit ihr der Schmerz. Die letzten Worte des Mannes hat sie noch mitgekriegt. Aber sie weiß überhaupt nicht, was sie gemacht hat und wieso sie klasse sein soll. Sie schämt sich, ekelt sich, fühlt sich dreckig, erbärmlich und verlassen. Alles tut ihr weh. Immer noch hat sie diese grässlichen Sachen an. Sie will hier weg, aber die
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