Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)
nicht. Es war ihm auch egal.
Wenn Schäferhunde in der Nähe sind, taucht Heiko auf. Automatisch. Heiko hat fürchterliche Angst vor Schäferhunden, wird bleich, gerät in Panik und fängt an zu heulen. »Nehmen Sie doch mal den Hund da weg«, fährt sofort irgendeine empörte Frau die Zollbeamten an, »sehen Sie denn nicht, dass das Kind Todesangst hat?« Ein Kind, das sich vor Hunden fürchtet, ist das Normalste auf der Welt. Denken die Leute. Jeder halbwegs normale Erwachsene hat das Bedürfnis, dieses Kind zu schützen, das sich da so zitternd und weinend in die Ecke drückt.
Schon wird der Drogenhund aus Heikos Nähe gezerrt.
Heiko verschwindet, und Conny bleibt zurück.
Wie praktisch, dass Heiko solche Angst vor Schäferhunden hat.
Ist das ein Zufall?
Nein, das ist kein Zufall.
Aber davon ahnt Heiko nichts. Heiko hat keine schlechten Erfahrungen mit Hunden gemacht. Das weiß er ganz genau. Heiko hat nur einen Traum. Einen komischen Traum.
Immer wieder.
In seinem Traum hängt Heiko gefesselt an Seilen von der Decke. Und plötzlich sind da Männer, die scharfe Hunde auf ihn loslassen. Doggen, Dobermänner, Pitbulls, Schäferhunde. Die Hunde bellen, jaulen, springen hoch und schnappen nach Heiko. Heiko versucht, die Füße hochzuziehen, aber die Hunde erreichen ihn, er fühlt ihren Geifer, und sie beißen ihn in die Beine. Es ist ein schrecklicher Traum, und Heiko hat ihn immer wieder. Meistens geht sein Traum sogar noch weiter. Dann kriegen die Hunde Maulkörbe um, und Heiko wird von der Decke heruntergelassen. Er versucht wegzulaufen, aber alle Türen sindverschlossen. Er kann nicht aus dem Raum und rennt um sein Leben. Immer im Kreis. Doch die Hunde sind viel schneller, sie werfen ihn um, schmeißen sich auf ihn, hecheln ihm ihren stinkenden Atem ins Gesicht, und ihre Krallen reißen seine Haut auf an den Armen, im Gesicht, an den Beinen.
Das ist das Ende vom Traum.
Deshalb hat Heiko schreckliche Angst vor Hunden. Die sieht man ihm an. Und deshalb sorgen die Erwachsenen auf dem Flugplatz dafür, dass die Drogenhunde ihm nur nicht zu nahe kommen. Obwohl die Erwachsenen auf dem Flughafen Heiko gar nicht sehen können, die sehen ein kleines blondes Mädchen, das weint. Und die muss man doch einfach beschützen.
Endlich startet die Maschine. Während des Fluges sitzt Conny meistens am Fenster. Das macht Spaß, und dann braucht er auch mit niemandem zu sprechen. Diesmal allerdings sitzt eine fremde Frau neben ihm, die ihn nicht in Ruhe lässt. Sie ist freundlich, stellt Fragen und lächelt viel. Da muss er auf der Hut sein. Nicht nur wegen der anderen innen, die sich sofort nach vorne drängen, er kann es schon wieder fühlen. Natürlich auch wegen der Augen.
Außerdem kann es sein, dass die Frau ihn testet. Vielleicht gehört sie auch zur Gruppe und soll herausfinden, ob Conny sich ansprechen und aushorchen lässt.
»Na, macht das Spaß zu fliegen?«
»Hm.«
»Du fliegst bestimmt nicht zum ersten Mal?«
»Ne.«
»Bist schon öfter geflogen?«
»Hm.«
Aus den Augenwinkeln beobachtet Conny, wie sie eine Apfelsine aus ihrer Tasche hervorkramt, sie schält und teilt. »Möchtest du eine Hälfte haben?«, fragt sie und reicht Conny, der gern eine Apfelsine essen möchte, etwas herüber. »Nein, danke«, sagt er, bückt sich, zieht ein Erdkundebuch aus dem Rucksack.
Wie nett sie ist! Nimm die Apfelsine.
Sie will uns helfen!
Quatsch! Seid bloß ruhig, sonst setzt es was!
Was war das? War das laut? Hat sie es auch gehört? Conny schaut vorsichtig zu ihr hin. Aber nichts ist passiert. Sie scheint nichts gemerkt zu haben. Er starrt in sein Erdkundebuch.
»Oh«, sagt die Frau, »Brasilien, da war ich schon mal. Wie interessant. Interessiert dich Erdkunde?«
»Ja«, sagt Conny, »und ich muss bis Montag einen Aufsatz darüber schreiben.«
»Ach so, dann will ich dich nicht stören.«
Endlich.
Schade!
Es ist Abend. Conny hat das Paket inzwischen bei einem fremden Mann abgeliefert. Er hat das ganz alleine gemacht, ohne den Papa. Denn die Erwachsenen sollen sich nicht begegnen, das weiß Conny, und deshalb wird er immer dazwischengeschaltet. Jetzt ist seine Aufgabe erfüllt. Er geht.
»Rock Your Baby« oder das Nachtleben von Berlin
Rock Your Baby
Stefanie sitzt mit ihrem Vater beim Essen.
Sie schaut sich um: Ach, richtig, sie sind ja nach Berlin geflogen. Wegen der Wettkämpfe. Morgen soll Stefanie beim Schwimmen wieder Erste werden. Sie weiß, dass sie meistens gewinnt. Sie wird dafür gelobt,
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