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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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und ihr Zimmer zu Hause hängtvoller Medaillen. So richtig weiß Stefanie allerdings nicht, wie ihr das immer gelingt, denn sie kann sich nie ans Schwimmen erinnern. Aber das ist wohl in Ordnung so, denn sie kann sich ja auch nicht daran erinnern, wie sie nach Berlin gekommen ist. Und trotzdem sitzt sie jetzt hier mit dem Papi und schaut in die Speisekarte. Also müssen sie ja wohl hergeflogen sein. Im Hotel waren sie wahrscheinlich auch schon, denn dass die Koffer weg sind, hat sie im schnellen Rundblick bemerkt.
    Der Ober im Restaurant fragt nach ihren Wünschen. Zwei Sachen weiß Stefanie genau: Dass sie Pommes mit Majo will. Und dass das Essen mit dem Papi bestimmt wieder ziemlich schwierig wird.
    Auch Tamara, die morgen schwimmen soll, schaut durch die Augen hindurch auf die Speisekarte. Sie weiß, was gut für sie ist: etwas Leichtes, was nicht so schwer im Magen liegt, wonach man gut schlafen kann. Morgen früh um acht muss sie schon im Wasser sein. Eine Kraftbrühe mit Einlage vielleicht und einen Geflügelsalat »Hawaii« auf Toast mit Butter. Auf keinen Fall Nachtisch. Noch hat Stefanie die Kontrolle, und ihr Lieblingsgericht sind Jägerschnitzel und Pommes. Ganz viel Pommes, aber bloß keine Röstzwiebeln, igitt. Hinterher natürlich ein Eis. Sie freut sich. Tamara innen stöhnt bei dem Gedanken.
    Der Vater bestellt Ochsenschwanzsuppe und Zigeunerfilets auf Butterreis. Und für die Tochter Kraftbrühe und Hawaiitoast, man muss schließlich an den Wettbewerb denken. Enttäuscht würgt Stefanie es runter.
    Auch der Vater ist unzufrieden. Wie immer. Natürlich ist alles ganz mies, die Ochsenschwanzsuppe nur lauwarm, die Filets zu klein, zu hart, der Reis klebrig. Alles lässt er zurückgehen. Der Ober entschuldigt sich, alles wird frisch serviert. Erwartungsvoll bleibt der Ober stehen, jetzt ist es bestimmt gut. Der arme Ober, er weiß noch nicht, dass man es dem Papi nie recht machen kann. Der Papi hat die Macht. Er schickt den Ober weg, ohne Worte, nur mit einem Blick. Ja, der Papi. Klein ist er und etwas dick,über der Stirn hat er ein Toupet, aber das darf niemand wissen, auch Stefanie nicht.
    Stefanie ist das alles ziemlich peinlich, aber so ist es immer. Jetzt wird der Papi unruhig, er isst nur ein paar Bissen von dem neuen Essen, schaut auf die Uhr und verlangt die Rechnung. Mehr als die Hälfte von seinen Zigeunerfilets hat er auf dem Teller gelassen, einen abgebrochenen Zahnstocher dazugelegt und das Messer zwischen die Zinken der Gabel geschoben. So macht man das in feinen Kreisen, das weiß Stefanie, es bedeutet, dass man überhaupt nicht zufrieden ist.
    Und der Papi ist nie zufrieden.
    Zügig marschieren sie durch die nächtlichen Berliner Straßen. Stefanie würde sich gern die Schaufenster anschauen, sie hat sich auf diese Stadt gefreut. Aber der Papi ist in Eile, denn sie haben wohl noch eine Verabredung.
    »Ja, bitte?«, fragt der Mann, dessen Gesicht hinter der kleinen Öffnung in der Tür aufgetaucht ist, nachdem der Papi mehrmals in unregelmäßiger Folge geklingelt hat.
    »Ich heiße Michael Döpfner und komme von Heinz Michelsen«, sagt der Papi zu Stefanies Verwunderung. Die Klappe in der Tür wird zugeschoben, der Schlüssel dreht sich im Schloss, die Tür geht auf. Stefanie spürt deutlich die zunehmende Anspannung des Vaters und verschwindet. Flugs. Wie sie es immer macht, wenn der Papi so anders wird, so komisch.
    Wenn das Fundament der dissoziativen Entwicklung erst gelegt ist, kann von einem gewissen Alter ab schon eine bedrohliche, unbekannte Atmosphäre eine neue Spaltung auslösen. Eine neue Person entsteht. Diesmal ist es Mona.
    Stefanie ist fort. Mona ist da.
    Der Vater fasst nach der Hand seiner Tochter und tritt ein. Hinter der Tür wird ein Gang sichtbar. Halbdunkel. Man nimmt ihm den Mantel ab. Von irgendwoher George McCraes rauchige Stimme:»Rock Your Baby«. Eine Bar, davor mehrere Männer. Nur Männer, ganz allein. Junge und alte. Gutaussehende und hässliche. Freundliche und unsympathische. Aber auch die freundlichen sind komisch. Sie drehen sich um und schauen. Sie lächeln. Ihr Lächeln ist falsch. Bedrohlich. Eine Erregtheit geht von ihnen aus, Spannung hängt im Raum. Was wird das? Sie wollen etwas. Was wollen sie? Man kann sie riechen. Ein weiterer Mann kommt aus einem Nebenraum, er hat längere, sehr gepflegte Haare und trägt einen modischer Anzug mit spitzem Jackenrevers und einer eleganten Krawatte. Er schüttelt dem Vater die Hand, beschaut die Tochter.

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