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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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sie es entscheiden muss.
    Es ist eine Schuld, und es ist keine Schuld.
    Außerdem erklären ihr die Erwachsenen, dass es eine besondere Ehre für das Kätzchen ist, wenn es für die Menschen sterben und sie mit seinem Blut reinigen darf. Dann habe sein Leben wenigstens einen Sinn. Sonst wäre es doch nur ein unbedeutendes Katzenleben. Denn Blut ist ein ganz besonderer Saft.
    Das sagen die Erwachsenen. Im Blut kreise die Lebensenergie eines Wesens, sei es Mensch oder Tier. Und im Augenblick des Todes, so sagen sie, verlasse diese Energie das Tier. Oder den Menschen. Im warmen Blut des getöteten Wesens sei es noch enthalten. Wer das trinke, nehme diese Energie in sich auf. Er werde stärker. Und mächtiger.
    Das Blut einer Schlange gibt die Kraft einer Schlange, sagen sie. Das Blut einer Katze gibt die Geschmeidigkeit und Schlauheit einer Katze.
    »Trink es, Angela!«
    Satan, so sagen sie ihr, liebe den Geruch von heißem Blut. Satan lebe im Körper seiner Jünger, und er brauche das Blut zum Leben. So sagen die Männer in den Kutten.
    Sie erklären es ihr wieder und wieder. Und Endora hört zu. Und weil sie es wieder und wieder hört und weil es das Einzige ist, was sie hört, glaubt sie es den Erwachsenen. Denn es ist kein Mensch in diesen Häusern, in diesen Kellern, in diesen Bunkern und Luftschutzkellern, unter diesen Männern – und den vereinzelten Frauen – in den Kutten, der etwas anderes sagt.
    Und nur in diesen Räumen ist Endora zu Hause.
    »Überwinde deinen Kopf und erweitere dein Bewusstsein, indem du Dinge tust, die du schrecklich findest«, sagen die Erwachsenen. Endora findet es schrecklich, das kleine Kätzchen zu töten. Also muss es wohl richtig sein, es zu töten.
    »Böse ist gut, und gut ist böse«, sagen die Erwachsenen. Also muss es wohl gut sein, das Kätzchen zu töten.
    »Sex und Ekel, Blut und Kot, Schmerz und Leid werden deinen Kopf frei machen, dich befreien und zu neuem Leben führen«, so sagen die Erwachsenen. Und Endora hört zu. Sie sagen es immer wieder. Also muss es wohl richtig sein, das Kätzchen zu töten, muss es wohl richtig sein, mit Kot eingeschmiert zu werden und Erbrochenes zu essen.
    Die Erwachsenen knien vor dem Altar und sprechen ein Gebet. Fremd die Worte, Endora kann sie nicht verstehen. Sie singen monotone Gesänge. Endora wird müde. Der Qualm benebelt ihren Kopf, hin und wieder fallen ihre Augen zu. Als sie sie wieder öffnet, sieht sie, wie ein weiteres Mädchen in den Raum gebracht wird. Ein fremdes Mädchen. Sie ist fünf oder sechs. Vielleicht ist sie gerade in die Schule gekommen, vielleicht aber weiß keine Schule von ihrer Existenz.
    Die Kleine wird mehr geschleift als geführt, ihre Beine knicken weg, sie kann sich kaum noch alleine aufrecht halten, der Kopf schaukelt unkontrolliert hin und her. Ihre Arme und Beine sind mit Brandmalen und verschorften Wunden bedeckt. Sie wird an das Kreuz gebunden. Ihre Augen sind nach oben gedreht, man sieht nur das Weiße.
    Der Hohepriester greift in den silbernen Kelch auf dem Altar. Mit dem Blut der Katze malt er dem Mädchen rituelle Linien auf den Körper: vom Brustbein bis zum Schambein, dann von der Mitte aus die Rippenbögen hinab. Nie wird Angela später das »Friedenszeichen« der Friedensbewegung ohne Schaudern sehen können: Es ist dieselbe Zeichnung, die hier allen Kindern mit Blut auf die Körper gemalt wird.
    Angelas Fesseln werden gelöst.
    »Angela«, sagt der Hohepriester, »komm her zu mir.«
    Sie kommt näher. Sie ist ganz ruhig.
    »Schau auf diese Kerze«, sagt er zu ihr, »und höre meine Worte. Du nimmst meine Worte in dich auf, wie du auch Satan in dich aufnehmen wirst.«
    Seine Stimme, seine Worte haben eine Macht über sie, gegen die sie wehrlos ist. Es ist so leicht, sie zu hypnotisieren, man braucht kein großer Magier zu sein.
    Wie traurig das ist: Um sich aus unerträglichen Wirklichkeiten fortzustehlen, verwendet Angela seit den ersten Lebensjahren Methoden der Selbsthypnose. Unbewusst.
    Aus dem frühen Training ist längst ein automatischer Reflex geworden. Wie Niesen.
    Doch diese selbstentdeckte Technik des Schutzes macht sie auch empfänglich für fremde Botschaften. Um das Mädchen zu manipulieren, setzen Erwachsene seit Jahren hypnotische Techniken und Strategien der Willenskontrolle ein. Bewusst.
    Während Angela in immer tiefere innere Räume flieht, jagen sie ihr nach, stöbern sie auf, lassen sie nicht in Ruhe.
    »Heute«, sagt der Hohepriester in langsamen eindringlichen

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